Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)
einen kalten doppelten Espresso in der Hand, aber er wollte den Hochzeitstermin festlegen und die Gästeliste besprechen.
Ann Kathrin wirkte merkwürdig abweisend, so als würde sie die ganze Hochzeit in Frage stellen.
»Was stimmt nicht?«, fragte Weller. »Wir können ja nicht nur hinter ausgestopften Leichen und Kidnappern her rennen. Wir haben schließlich noch ein richtiges Leben … außerhalb der Dienstzeit …«
»Wir können jetzt nicht einfach so die Termine besprechen, und vor allen Dingen sollten wir es wirklich noch niemandem sagen. Oder hast du es schon rumerzählt?«
»Willst du einen Rückzieher machen?«
»Nein, aber ich finde, wir müssen erst die Kinder fragen.«
Er stellte den ohnehin schon kaltgewordenen Espresso vor sich ab, ohne davon zu trinken. »Die Kinder fragen?«
»Ja«, sagte Ann Kathrin, »ich glaube, das ist richtig. Für sie ändert sich immerhin einiges. Deine Töchter haben dich mit einer anderen Lebenspartnerin erlebt, und jetzt laden wir sie dann zu unserer Hochzeit ein. Das ist nicht ganz einfach für Kinder. Und ich muss mit Eike reden …«
Weller hatte es nie geschafft, ein einigermaßen freundschaftliches Verhältnis zu ihrem Sohn Eike aufzubauen. Er war ihm immer wie ein Konkurrent um Ann Kathrins Liebe vorgekommen.
Weller stöhnte. »Naja. Und wenn der kleine Schnösel Nein sagt, vergessen wir das Ganze, oder wie?«
Ann Kathrin zuckte mit den Schultern. »Ich finde, das gehört sich irgendwie so.«
Weller lachte. Das Wort kam ihm so veraltet vor, so als passe es nicht mehr in die Zeit. Er wiederholte: »Das gehört sich so«, und sprach das Wort aus wie eine gelernte Vokabel, die man nie gebraucht hat, aber an die man sich nach langen Jahren erinnert.
»Früher«, sagte Ann Kathrin, »hat ein Mann um die Hand der Frau angehalten. Er hat die Eltern gefragt und ihren Segen erbeten …«
»Du willst den Segen der Kinder, ist es das?«
»Ja, ich finde, sie sind die einzigen Menschen, die wir wirklich fragen sollten.«
»Fragen im Sinne von ›fragen‹ oder im Sinne von ›denen wir es vielleicht erklären müssen‹? Du willst doch nicht ernsthaft unsere Zukunft davon abhängig machen, wie es gerade um den Hormonhaushalt von ein paar Teenies bestellt ist?«
»Wenn sie spüren, dass wir uns wirklich lieben, werden sie sich für uns freuen und diesen Weg gemeinsam mit uns gehen.«
Um seine Töchter machte Weller sich wenig Sorgen. Sie wussten, dass er mit Renate nicht glücklich gewesen war, und möglicherweise waren sie sogar erleichtert, als die beiden dieses Ehedrama für beendet erklärt hatten. Außerdem hatte er auch jeden Typen akzeptiert, mit dem seine Töchter angewackelt gekommen waren. Warum sollten sie sich dann einmischen und etwas gegen seine neue Liebe haben? Und so neu war sie ja nun auch nicht mehr. Sie wohnten schon seit ein paar Jahren zusammen. Er hätte nicht mal mehr genau sagen können, wann er im Distelkamp 13 eingezogen war.
Aber Eike würde dagegen sein, da war Weller sich sicher. Vielleicht würde er ihm wieder irgendeine dämliche Matheaufgabe stellen und sagen: »Wenn Sie die Aufgabe lösen, Herr Weller, bin ich einverstanden, wenn nicht, sage ich Nein.«
Ja, so war Eike: »Wenn Sie mir sagen können, Herr Kommissar, was an dieser Formel falsch ist, können wir uns duzen, wenn nicht, bleibe ich lieber weiter beim Sie …«
Manchmal hätte Weller ihn an die Wand klatschen können. Aber er hatte sich immer bemüht, freundlich zu bleiben. Doch zwischen ihm und Eike hatte immer eine Eiseskälte geherrscht.
»Jetzt, da wir gemeinsam ein neues Leben anfangen wollen, da fällt mir so viel ein, das ich bereue. Dinge, die ich in meinem alten falsch gemacht habe und nicht wiederholen will. Zum Beispiel habe ich mich nie genug um meinen Sohn gekümmert. Hier im Fischteichweg war ich mehr zu Hause als im Distelkamp. Im Grunde war sein Vater seine Mutter.«
»Wir fangen nicht ein neues Leben an, Ann Kathrin, wir sind seit Jahren zusammen und doch irgendwie auch ein glückliches Paar, oder?«
Er hatte das Gefühl, der Boden unter ihm würde sich bewegen. Alles, was gerade noch fest gemauert schien, begann zu wanken. Ihre Unsicherheit übertrug sich auf ihn.
In ihre blonden Haare hatten sich ein paar silbergraue Strähnchen gemischt. Jetzt, wie sie so da stand und das Licht durchs Fenster ihr eine Art Heiligenschein gab, fiel es ihm erst wirklich auf. Er mochte es.
»Gibt es nichts, das du bereust?«, fragte sie ihn.
»Oh ja«, sagte
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