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Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition)

Titel: Ostfriesenmoor: Der siebte Fall für Ann Kathrin Klaasen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Jungs!«
    Der schmallippige Meckihaarschnitt warf ihm einen wütenden Blick zu. Rupert hörte noch im Flur, wie sie zu ihrem Kollegen sagte: »Mein Gott, was für eine Dumpfbacke …«

    Im Fischerweg hielt Angela Riemann es nicht länger aus.
    »Lass uns gehen, Wolfgang. Wir können hier nicht bleiben. Ich schaff das nicht. Ich bekomme Platzangst. Guck dir den an, wie der da draußen im Regen steht. Willst du heute Nacht hier schlafen? Hast du keine Angst, dass der durchs Fenster einsteigt und uns einfach umbringt?«
    Wolfgang Müller stützte sich mit den Fäusten auf dem Fensterbrett ab. Die Stirn hielt er gegen die kühlende Scheibe gepresst. Er sah grimmig aus und wild entschlossen, so, als könne jeden Moment das Tier in ihm durchbrechen und er würde ohne Rücksicht auf Splitter in der eigenen Haut durch die geschlossene Scheibe nach draußen springen, um sich auf Schacht zu stürzen.
    Der Regen und das nun folgende Gewitter gefielen Wolfgang. Er schob Angela weg.
    »Verzieh dich einfach, wenn du das hier nicht packst.«
    »Ja«, sagte sie, »das werde ich auch tun.«
    Sie zog sich die Stiefel an, nahm die Regenjacke vom Kleiderbügel und schlich sich hinten aus dem Haus.

    Gundula Müller fasste einen Entschluss. Sie wollte nicht länger zum Spielball der Ereignisse werden und auf gar keinen Fall länger hier herumliegen und Tabletten nehmen.
    Sie stellte sich vor, wie das Ganze in fünfundzwanzig Jahren bewertet werden würde. Sie saß als Oma in einem Sessel, Lucy hatte sie bereits zweimal zur Oma gemacht, und die Zwillinge waren inzwischen auch schon unter der Haube.
    Sie wollte dann nicht vor ihren Enkelkindern als eine Frau dastehen, die im entscheidenden Moment schlapp gemacht hatte und nicht mehr in der Lage war, die Fäden in der Hand zu halten. Sie musste die Dinge beeinflussen. Sie wollte zu einem handelnden Subjekt werden und nicht mehr nur ein passives Objekt der Ereignisse sein.
    Es hatte ihr schon oft geholfen, sich vorzustellen, wie man das Heute aus der Zukunft betrachtet. Die Dinge relativierten sich, Hektik wurde herausgenommen, und Klarheit machte sich breit.
    Sie wollte nicht ungerüstet in die Schlacht, deshalb schminkte sie sich zunächst. Die schwarzen Ränder unter den Augen mussten weg, und diese teigige weiße Haut sollte wieder mehr Lebenskraft bekommen und einen gut durchbluteten Eindruck machen.
    Mit Lucys Lipliner malte sie einen dunklen Strich um ihre Lippen. So, fand sie, sah sie energischer, ja gefährlicher aus.
    Lucy staunte, als sie ihre Mutter so sah. »Was ist denn mit dir los?«
    »Ich hole Thomas zurück und rede selbst mit Wolfgang.«
    Lucy pfiff leise durch die Lippen. So gefiel ihr ihre Mutter. Sie konnte zur Tigerin werden. Dann war sie sogar wieder so etwas wie ein Vorbild. Sie strahlte Kampfbereitschaft aus und war energiegeladen. Ihre Schultern hingen nicht mehr herunter, und was Lucy am besten gefiel: sie hatte nicht mehr diese verblödeten, verliebten Rehaugen.
    »Du bleibst bei Ina«, sagte sie scharf zu Lucy. »Wenn sie von dem Gewitter wach wird, singst du sie wieder in den Schlaf. Wenn du hier heimlich rauchst, hast du vierzehn Tage Hausarrest.«
    Solche Worte war Lucy von ihrer Mutter nicht gewöhnt. Thomas warf manchmal mit solchen Ausdrücken um sich, wenn er mal wieder »andere Saiten aufziehen« wollte.
    Als sie ihre aufgedonnerte Mutter durch den Regen in Richtung Fischerweg ging, wollte sie eigentlich die Chance nutzen, um Benne anzurufen. Der Mist war nur, dass alles, was über ihr Handy lief, von der Polizei mitgehört werden würde, und das gefiel ihr gar nicht.
    Sie kämpfte mit sich. Sie wusste, wo Benne sich jetzt aufhielt. Es gab nur ein kleines Zeitfenster. Lange würde ihre Mutter bestimmt nicht wegbleiben. Aber sie wollte diese Chance nutzen, um Benne wiederzusehen.
    Doch so, wie sie aussah, konnte sie unmöglich zu ihm. Außerdem krochen die Schuldgefühle wie kleine, giftige Schlangen zwischen ihrer Haut und ihrer Kleidung hin und her und versuchten, in sie einzudringen.
    Sie kratzte sich. Ich sitz hier fest, dachte sie. Verdammt, ich sitz hier fest. Ich kann nicht mit ihm telefonieren, aber ich kann ihm so auch nicht unter die Augen treten. Ich muss was tun.
    Sie beschloss, sich ein Beispiel an ihrer Mutter zu nehmen und zunächst heiß zu duschen.
    Ich werde mich zurechtmachen und schminken, dachte sie, und dann, dann werde ich sie ganz offiziell bitten, dass ich zu Benne darf. Vielleicht sind die beiden sogar froh darüber, wenn ich

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