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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Luzern und Bamberg genommen. Sie arbeitete immer noch für ihn. Anne Kohl. Rupert hatte bereits herausgefunden, dass erstens ihr Hintern sie verdächtig machte und zweitens ihr Bruder Mitglied einer streng bibeltreuen christlichen Gemeinschaft war. Auf einem Foto diagnostizierte Rupert »den getriebenen Blick eines Mörders in göttlichem Auftrag«.
    Jedenfalls hätte er problemlos all die Jahre Zugriff auf die Patientinnenkartei gehabt.
    Rupert hätte ihn und seine Schwester am liebsten gleich in die Mangel genommen, aber Huberkran ordnete eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung an, für die Spezialisten aus Hannover und Berlin geholt wurden. Einer von ihnen, genannt Meister Hidden, hatte schon RAF -Terroristen beschattet und ein verstecktes Waffenlager im Westerwald zwei Monate lang beobachtet, bis das Versteck ausgehoben wurde. Er hatte sich damals an die Person gehängt und so eine konspirative Wohnung auffliegen lassen. Einige Verhaftungen in Frankfurt gingen im Grunde auf sein Konto.
    Er behauptete, er habe praktisch acht Wochen in seinem Waldverhau eingegraben unter einer dünnen Moosschicht verbracht und dabei die Pilze wachsen hören. Er war eigentlich viel zu alt für den Job, hatte Übergewicht und keine Lust mehr, aber Huberkran wollte ihn dabei haben, weil er eine Legende war,
und Huberkran sammelte gern Legenden um sich. Etwas von ihrem Glanz fiel dann auf ihn ab. Deshalb wollte er auch unbedingt Ann Kathrin Klaasen bei sich haben und er war schwer gekränkt, weil sie ihn so schnöde hängenließ, während seine Frau es weit unter Niveau mit diesem Typen trieb, dessen Namen er immer wieder vergaß, als sei sein Gehirn so löchrig wie der Käse, den er so gern aß.
    Das Gespräch fand auf Wunsch von Frau Dr.Gaiser in der Villa in Leer statt. Sie saß im Salon im oberen Stock vor dem großen Südfenster mit Blick auf den herrlichen Garten, neben sich eine Tasse Tee und ein bisschen Gebäck. Ihr Sohn stand bei ihr, und für einen irritierenden Moment war es Weller so vorgekommen, als hätten die beiden Händchen gehalten.
    Entweder war der Duft vom Garten hier noch intensiver als unten, oder hier oben war ein sinnenbetäubendes Raumspray benutzt worden, das Rosen mit den Gerüchen eines Kräutergartens und frisch vom Baum gefallenen Äpfeln kreuzte. Der Geruch war nicht an allen Stellen des großzügigen Raums gleich stark. Weller folgte ihm wie ein Jagdhund der Spur des Wildes. Beim Buchregal roch es mehr nach blühenden Brennnesseln. Je näher Weller Frau Gaiser kam, umso mehr setzten sich die Rosen durch.
    In Ann Kathrins Garten im Distelkamp in Norden gab es eine Lachsrosenzüchtung, die intensiver roch als alle blutroten Rosen, aber dieser Geruch unterschied sich davon. Er war raffinierter.
    Weller konnte Lennart die Erschütterung selbst von hinten ansehen. Er stand nah bei seiner Mutter, sah aber die Kommissare nicht an, sondern starrte in den Garten. Seine dichten braunen Haare waren links scharf gescheitelt. Er wirkte zierlich, ja schmächtig auf Weller. Er war dünn, ausgezehrt, aber nicht in der Art wie ein Marathonläufer, sondern eher wie ein magenkranker Kettenraucher.
    Er hatte traurige braune Augen. Weller schätzte ihn als schwachen
Menschen ein, der gutmütig war, aber Führung brauchte. Wahrscheinlich hatte es jede Frau an seiner Seite schwer, weil er sie mit Mutti verglich.
    Rose Gaiser war deutlich gefasster als ihr Sohn. Sie hatte auf dem Kirschholztisch Akten und Aufzeichnungen aufgeschichtet und die Polizei mit guten digitalen Porträtfotos ihres Mannes versorgt, war hilfreich und kooperativ. Sie war bereit, für Anne Kohl die Hand ins Feuer zu legen. Ihr Bruder dagegen sei auch ihr unheimlich. Ein Eiferer, mit dem man gar nicht vernünftig reden könne. Er hätte sogar einmal vor der Praxis Flugblätter verteilt, darin hatte er vorehelichen Sex verurteilt und Dr.Gaiser als Massenmörder bezeichnet.
    »So etwas ist oft vorgekommen. Sie glauben ja nicht, was hier los ist. Im letzten Jahr haben wir das Haus dreimal neu streichen lassen müssen, weil immer wieder jemand die Fassade beschmiert hat:
Hier wohnt ein Mörder! Kindermörder! Vorsicht: Baby-Auschwitz!
und … « Sie winkte ab und verzog den Mund.
    »Haben Sie Anzeige erstattet?«, fragte Huberkran.
    Lennart strafte ihn dafür mit einem spöttischen Blick. Huberkran sank für ihn offensichtlich auf das Niveau von Insekten, und er würdigte ihn nur noch unwillig mit seiner Aufmerksamkeit, wenn Huberkrans Fragen eindringlich wurden

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