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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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er nicht weiterwusste, aber eine Entscheidung treffen musste.
    »Warum soll ich Sie duzen? Weil Sie mit meiner Mutter bumsen?«
    Weller war nicht bereit, sich provozieren zu lassen. »Du duzt doch auch Frau Möninghoff, oder nicht? Und die schläft doch auch mit deinem Vater. Das kann es also nicht sein.«
    Für einen Moment wich die Aggression aus Eike. Er wirkte fast schutzbedürftig.
    »Sie … Sie haben völlig falsche Vorstellungen von einer LAN -Party. Wir vernetzen uns, wir … das wird in einigen Schulen gespielt.«
    »Ja, es ist bestimmt ganz harmlos. Darum haben die Bayern es auch als Erste verboten.«
    »Ach, die Bayern! Die ganze Hysterie ist doch nur von der Presse angestachelt.«
    »Es hat immerhin Amokläufe in Schulen gegeben. Also, Hysterie würde ich das nicht nennen. Weißt du, wie viele Tote es gegeben hat?«
    Eike drehte sich von Weller ab, dann rief er hoch gegen den Himmel: »Herrgott, das hat doch nichts mit LAN -Partys zu tun!«
    »Aber mit Egoshooter-Spielen!«, konterte Weller hart.
    Eike fuhr herum und sah Weller tapfer in die Augen. »Sie wissen, dass das Blödsinn ist.«
    »Alle Amokläufer haben diesen Egoshooter-Mist gespielt.«
    »Ja. Sie sind auch alle zur Schule gegangen, haben Zeitung gelesen, Fernsehen geguckt, Joghurt gegessen … «
    »Du versaust dir dein ganzes Leben.«
    Eike lachte laut auf. »Womit? Weil ich lerne, mit dem umzugehen, was heute die ganze Welt benutzt? Internet, Computer … «
    Weller spürte, wie sehr er Eike bisher unterschätzt hatte. Er
fragte sich, ob das mit seinen Töchtern nicht genauso war. Die Kinder entwickeln sich, und wir wissen nichts von ihnen. Was wir sehen, sind Wunschbilder. Trugbilder.
    Eike spürte Wellers kurze Verunsicherung sofort und nutzte sie, um seinen Spielraum zu vergrößern.
    »Mathe wird sowieso überschätzt. Mathe ist unlogisch. Ihr habt einfach das kleine und große Einmaleins auswendig gelernt und den ganzen Mist geglaubt.«
    »Häh, was? Willst du mich verarschen? Was gibt es denn da zu glauben? Das ist Logik. Wissenschaft … «
    »Hm. Na ja, wenn Sie so schlau sind und ich so doof und Mathe so logisch, dann können Sie mir bestimmt eine Frage beantworten.«
    Weller verschränkte die Arme vor der Brust. Ein Möwenpärchen vertrieb einen Raben vom gegenüberliegenden Baum.
    Eike sprach leise, als würde er Weller ein mysteriöses Geheimnis anvertrauen. »Also, dann passen Sie mal auf. Drei Jungen gehen in ein Sportgeschäft. Sie kaufen sich für dreißig Euro einen Fußball. Sie schmeißen zusammen. Jeder gibt zehn Euro.«
    »Was soll der Scheiß?«, fragte Weller.
    »Die Unlogik der Mathematik beweisen. Also. Jeder hat zehn Euro gegeben.«
    »Ja, das habe ich mitgeschnitten. Ich bin ja nicht blöd. Sie haben dreißig Euro bezahlt.«
    »Genau. Kaum sind die Jungs raus, stellt der Ladenbesitzer fest, dass der Fußball ja heruntergesetzt war und nur fünfundzwanzig Euro kostet. Weil der gute Mann ehrlich ist, schickt er seinen Lehrling mit fünf Euro hinterher. Der Lehrling überlegt die ganze Zeit, wie er das machen soll. Fünf Euro geteilt durch drei, wie viel kriegt da jeder?«
    Weller wollte die Frage beantworten, aber Eike winkte ab. »Dem Lehrling war das zu schwer. Er hatte eine bessere Idee. Er
entschied, ich gebe jedem Jungen einen Euro und zwei behalte ich für mich.«
    Gerade als die Sache begann, Weller zu langweilen, fragte Eike: »Wie viel hat also jeder Junge bezahlt?«
    »Neun Euro«, sagte Weller.
    »Und wie viel ist drei mal neun?«
    Was tue ich hier eigentlich, fragte Weller sich und antwortete: »Siebenundzwanzig.«
    »Die Jungen haben also zusammen siebenundzwanzig Euro bezahlt?«
    »Ja, verdammt, was soll der Mist?«
    »Und der Lehrling hat zwei Euro für sich behalten?«
    »Ja, und?«
    Eike grinste, und Weller wusste, dass der Junge es geschafft hatte, ihn hereinzulegen.
    »Und wie viel ist siebenundzwanzig und zwei?«
    »Neunundzwanzig«, antwortete Weller erschrocken.
    »Und wo ist der andere Euro geblieben?«
    Weller wusste es nicht. Ratlos rechnete er noch einmal nach.
    »Also, sie haben dreißig Euro bezahlt. Fünf gibt der Chef dem Lehrling. Der gibt jedem Jungen einen Euro. Also hat jeder nicht mehr zehn Euro bezahlt, sondern nur noch neun. Neun mal drei sind siebenundzwanzig. Der Lehrling behält zwei Euro. Macht … Neunundzwanzig. Stimmt, da fehlt ein Euro. Aber wo ist der geblieben?«
    »Das frage ich Sie. Wenn Sie mir die Antwort geben, sage ich ab sofort du. Wenn Sie es nicht rauskriegen

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