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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Kim 12 nannte. Sie behauptete, diese Frau
gewesen zu sein. Ludwig Stein habe sie verfolgt und sei tatsächlich in der Kneipe verhauen worden. Sie sei nicht halbnackt geflüchtet, sondern in »ekelhaft billigen Dessous aus Plastik«.
    Der ganze Beitrag war ein einziger Wutausbruch, und Ann Kathrin konnte den Zorn nur zu gut verstehen.
    »Ich war neunzehn Jahre alt, als ich mit dem Versprechen von Thailand nach Deutschland gelockt wurde, ein guter Mann wolle mich heiraten. Ich hatte sogar Fotos von ihm und zwei Briefe. Mein Flug wurde bezahlt. Ich war glücklich. Mein zukünftiger Mann versprach, meine Familie zu unterstützen. Aber dann in Deutschland war er gar nicht nett zu mir. Nichts konnte ich ihm recht machen. Ich sollte Striptease tanzen und Männer in seiner Bar zum Trinken animieren. Er wollte mich nicht mehr, weil ich mich weigerte. Er hat mich umgetauscht. Ja, umgetauscht. Das Ganze geschah in einem Büro von Stenger in Wiesbaden.
    Aber der zweite Mann war noch viel schlimmer. Er schlug und vergewaltigte mich immer wieder. Auch er tauschte mich um.
    Ich konnte nicht weglaufen. Ich sprach die Sprache nicht, ich hatte kein Geld, keinen Ausweis, und ich kannte die Gesetze in Deutschland nicht.
    Der nächste Mann wirkte zunächst ganz nett, wollte aber sexuelle Sachen, die mir weh taten und mich anwiderten.
    Dann haben mich Stein und Beukelzoon abgeholt. Sie brachten mich nach Gelsenkirchen. Dort sollte ich weitervermittelt werden. Stein hatte eine Anfrage von einem Mann, der sich eine stumme Frau wünschte. Stein sagte mir, ich solle einfach so tun, als ob ich stumm sei. Das wäre meine letzte Chance, mein Touristenvisum lief ab und ich wäre in Deutschland illegal geworden ohne Ehemann.
    Zurück konnte ich nicht. Mein Vater hätte in Thailand für meine Schulden geradestehen müssen. Stenger wollte mir den Flug plus fünfzig am Tag für die Verpflegung berechnen. Er behauptete,
er hätte fast Zehntausend von meinem Vater zu bekommen. Umgerechnet verdiente mein Vater vielleicht Zweitausend im Jahr.
    Stein tat so, als ob er mir helfen wollte. Stumm zu sein sei die Lösung für mich, behauptete das Schwein.
    Ich wartete in Dessous auf meinen neuen Käufer. Stein redete auf mich ein. Es war eine hektische Situation. Der neue Kunde sollte gleich kommen. An seiner Stelle kam aber ein Rechtsanwalt, der mich holen wollte.
    Stein und er kannten sich. Sie stritten. Ich nutzte die Verwirrung und floh.
    Ich hasse diese ganze Bande!
    Später habe ich in einer Imbissbude gearbeitet. Für fünf Euro die Stunde habe ich Hähnchen auf den Spieß geschoben, Pommes in altem Öl frittiert und mich vom Sohn des Chefs begrabschen lassen.
    Ich habe oft hinter der Theke davon geträumt, Stein und Stenger und Beukelzoon wie halbe Hähnchen am Spieß zu grillen und dann an die Kunden zu verfüttern. Mit einer Portion Pommes rot-weiß dazu. Immer wenn ich ein Hähnchen in zwei Teile geschnitten habe, musste ich mir vorstellen, die Brust von einem meiner Peiniger aufzuknacken und nicht so ein unschuldiges Tier. Wenn ich die Schnitzel plattgeklopft habe, dann schlug ich den Hammer statt auf Schweinefleisch lieber auf Steins Hände oder die von meinem ersten Mann Bodo. Oft habe ich ihn und seine ganze Brut verflucht. Die Pest habe ich ihm und all seinen Nachkommen an den Hals gewünscht. Die Pest! Wenn Sie seine Tochter sind, sein eigenes Fleisch und Blut, dann schämen Sie sich für Ihren Vater! Ich trauere ihm keine Träne nach. Man hat ihn zu Recht erschossen.
    Es tut gut zu wissen, dass er tot ist. Ich hatte bisher keine Ahnung. Ich habe immer Angst gehabt, ihm wiederzubegegnen. Immerhin, ein Schwein, vor dem man Angst haben muss, weniger.
Möge er als Hähnchen wiedergeboren werden in einer Legebatterie und in einer schmuddeligen Imbissbude am Rost enden, da kann er sich dann nackt an der Stange drehen, bis ihm heiß wird und die Flügel schön knusprig sind.«
    Sofort breitete sich Druck in Ann Kathrins Kopf aus, als würde jemand Luft unter ihre Schädeldecke pumpen, um ihr die Augen aus den Höhlen zu sprengen. Sie öffnete den Mund wie zu einem Gähnen und drückte sich die Handflächen gegen die Ohren. Der Bildschirm begann vor ihren Augen zu trudeln.
    Sie ging ein paar Schritte. Der Druck im Kopf bekam einen Klang. Es war ein Dröhnen wie von übersteuerten Motoren, und in dem Lärm, der an- und abschwoll, bohrte auch noch ein Zahnarzt in einem faulen Weisheitszahn.
    Sie bekam Lust auf ein heißes Bad, aber gleichzeitig konnte

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