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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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sie nicht von diesem Computer weg. Sie musste zurück zu den Gelsenkirchener Geschichten, den Rest lesen und dann mit Kim 12 Kontakt aufnehmen.
    Sie schwankte zwischen der Verpflichtung, ihren Vater gegen all diese Vorwürfe in Schutz zu nehmen und gleichzeitig seinen Mörder zu jagen – oder ging es schon lange nicht mehr darum? Versuchte sie nur noch, ihre eigene Herkunft zu begreifen?
    Sie wusste, dass sie über die Dinge, die sie jetzt über ihren Vater erfuhr, niemals mit ihrer Mutter würde reden können. Niemals.
     

Weller und Huberkran hatten Stunden in der Polizeiinspektion Aurich im Fischteichweg verbracht und alle europäischen Systeme nach vergleichbaren Fällen durchsucht. Huberkran hatte sich sogar Zugang zu VICAP verschafft. Das Violent Criminal Apprehensive Programme war die nationale Datenbank für Gewaltverbrechen und -verbrecher in den USA .
    Weller staunte, wo Huberkran so überall reinkam. Er hatte sogar ein Passwort für das NCAVC , das Nationale Zentrum zur
Analyse von Gewaltverbrechen in den USA . Weller begriff, dass Huberkran nicht nur Leiter der Tatortabteilung beim BKA war, sondern eine Menge Vollmachten und Privilegien besaß. Weller kannte keinen Kollegen mit eigenem Passwort für das NCAVC , die meisten wussten nicht mal, was das war.
    Huberkran las das amerikanische Englisch so flüssig wie Deutsch. Er verblüffte Weller immer mehr. Mittendrin, während sie Fälle verglichen und sich Tatortfotos ansahen, sagte Huberkran wie zu sich selbst: »Ich muss Nägel mit Köpfen machen.« Weller ahnte, dass sich das auf Huberkrans Ehe bezog und keineswegs auf den Fall.
    »Ja«, stimmte Weller zu, »danach geht es einem besser. Seelisch. Finanziell eher nicht.«
    Huberkran atmete auf. »Das ist bei uns anders. Sie verdient als praktische Ärztin gut. Die Praxis ist immer voll. Unterm Strich hat die mehr in der Tasche als ich. Da muss ich nicht mit irgendwelchem Unterhaltsscheiß rechnen.«
    Dann tippte Huberkran ansatzlos auf den Bildschirm: »Da. Zwei Leichen im Keller eingemauert. Tatzeit zwischen 1998 und 2000 . Das kann unser Mann sein. Manhattan, Brooklyn und zwei Jahre später eine Leiche in einem Betonpfeiler in Harlem.«
    »Du meinst, er jettet mal eben über den Teich und schlägt da wieder zu?«
    »Vielleicht ist das gar nicht seine Entscheidung. Vielleicht reist er beruflich. So eine Art Vertreter. Oder er ist auf Montage und wenn er sich langweilt, dann … «
    »Ann Kathrin vermutete, er sei unabhängig … «
    »Wenn er in Amerika zugeschlagen hat, spricht das meiner Meinung nach sehr für berufliche Gründe.«
    »Oder er fliegt herum und sucht seine Opfer. Eine lebt eben in Luzern, eine in Bamberg oder New York. Ann Kathrin sagt, er kennt sie und sucht sie gezielt aus.«
    Für Huberkrans Geschmack sagte Weller zu oft: »Ann Kathrin sagt«. Aber er musste trotzdem einräumen, dass an ihrer Vorstellung etwas dran sein konnte.
    Bis zum Abend hatten sie dreiundvierzig weitere Fälle, die zu ihrem Täter passten. Drei in Frankreich, vierzehn in den USA , sechs in Schweden, fünf in Deutschland, zwei in den Niederlanden, zwei in Spanien, elf in Italien.
    Huberkran telefonierte, bis seine Ohren rot glühten. Er musste an jeden Ort Leute schicken.
    Sie hatten erst die letzten zwanzig Jahre überprüft. Noch lange nicht jeder Fall war in die Datenbanken eingearbeitet worden. Einige dieser Zentralregister existierten erst seit ein paar Jahren und wurden langsam aufgebaut. Die Häufung vergleichbarer Fälle in Italien und in den USA fiel auf, wobei diese Todesart sich in den USA auf die Bundesstaaten New York, Massachusetts und New Jersey zu reduzieren schien. Huberkran ging pessimistisch davon aus, dass in den anderen Bundesstaaten die Zusammenarbeit mit VICAP nicht besonders ernst genommen wurde.
    »Oder«, fügte Weller hinzu, »oder euer Mann schlägt eben nur dort zu.«
     
    Ann Kathrins Hände zitterten, als sie eine Antwort an Kim 12 schrieb. Sie hatte inzwischen kalten Kaffee getrunken, was ihrem Kreislauf gutgetan hatte, aber jetzt trocknete ihr Mund wieder aus.
    Sie suchte die richtigen Worte. Wie sollte sie die Frau anreden? Liebe Kim 12 ? Sehr geehrtes Opfer meines Vaters?
    Sie tippte ihre Nachricht zunächst ohne Anrede. Sie wollte die Entscheidung auf später verschieben. Einerseits belastete es sie, dass dieser Briefwechsel in aller Öffentlichkeit stattfand. Sie hätte natürlich auch eine private Mitteilung an Kim 12 schicken können, diese Möglichkeit gab es auf der

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