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Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Titel: Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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ihr Sofa gesetzt, in eine Wolldecke eingewickelt und ihr einen Becher mit heißem Kakao in die Hand gedrückt. Roxy, Katjas Golden-Retriever-Hündin, lag schwer auf ihren Füßen und döste. Hieß es nicht, dass Hunde ein Gespür für menschliche Stimmungen haben? Dieser wohl nicht.
    Die hilfsbereite Helga war Mitglied in ihrem Verein. Katja traf sie oft auf OL -Veranstaltungen, und sie wechselten immer ein paar Worte, wenn sie sich sahen. Dass Gunnar mitgekommen war, war schon ungewöhnlicher. Irgendwie hatte es sich so ergeben, dass von den Leuten, die sie kannte, nur noch er und Helga auf dem Priwall gewesen waren, als die Polizei sie endlich aus ihren Fängen entlassen hatte. Katja beobachtete die beiden über ihren Becher hinweg: Rührend besorgt waren sie, aber auch aufreizend hilflos bei ihren Versuchen, die groteske Situation einigermaßen zu handeln. Helga hatte sie schon zum dritten Mal gefragt, ob sie jemanden für Katja anrufen sollte. Mit jeder Verneinung schien ihr Widerwille gegen die selbst auferlegte Aufgabe zu wachsen. In ihren Augen musste eine Frau, deren Mann gerade erschossen worden war, den Wunsch hegen, eine Batterie Freundinnen und Verwandte um sich zu scharen.
    Alles nur das nicht!, dachte Katja. Und selbst wenn sie es gewollt hätte, wäre ihr niemand eingefallen, den sie hätte anrufen lassen können.
    Gunnar, der ehrgeizige, sportliche Gunnar, beschränkte sich auf praktische Hilfeleistungen: Licht an- und ausknipsen, Heizungsthermostate kontrollieren, fragen, ob er eine Pizza bestellen oder Brote schmieren sollte … Als nichts mehr zu tun war, ließ er sich in einen der Sessel sinken und streckte die langen Beine von sich, die immer noch in Trainingshosen und Schienbeinschonern steckten.
    Katja fand es ungewohnt, ihn in ihrer vertrauten privaten Umgebung zu sehen. Timo hätte es nicht gefallen. Sie stellte den noch unberührten Kakaobecher auf dem Beistelltisch ab und stupste den Hund etwas zur Seite. Ihr war klar, dass sie noch nicht richtig begriffen hatte, was heute passiert war. Es kam ihr irreal vor. Erwarteten die beiden jetzt, dass sie heulte und jammerte? Dann würde sie sie enttäuschen. Sie kannten sie nicht – die wahre Katja. Heimkinder weinen nicht so leicht, das zumindest hätte Timo verstanden. Der Schmerz über seinen Tod würde kommen, wahrscheinlich heute Nacht, wenn sie allein war.
    Helga gab als Erste auf. Sie verabschiedete sich mit umständlichen Entschuldigungen und entschwand dann sichtlich erleichtert nach draußen.
    Nachdem sie gegangen war, erhob sich Gunnar aus dem Sessel. »Soll ich noch mal mit dem Hund gehen?«, fragte er wie ein Lehrling, der endlich Feierabend machen wollte, aber nicht danach zu fragen wagte.
    Katja winkte ab. »Das vorhin war genug. Du kannst auch fahren, Gunnar. Ich komm jetzt allein klar.«
    »Wirklich? Ich habe ein Schlafsofa bei mir im Arbeitszimmer stehen. Du musst hier heute Nacht nicht allein bleiben, nachdem …« Er war sichtlich verlegen. Zum einen, weil er nicht wusste, wie er über Timos Tod sprechen sollte, zum anderen wegen des daraus resultierenden Übernachtungsangebotes.
    Katjas Mund verzog sich zu einem schwachen Lächeln. »Es ist für mich in Ordnung, hier zu sein. Es ist unser … jetzt mein Haus. Alles bestens.« Das war ja wohl die unpassendste Bemerkung, die ihr hatte einfallen können! Trotzdem, sie war froh, gleich allein zu sein.
    Als die Haustür endlich hinter Gunnar zugefallen war, stand sie einen Moment unschlüssig in der Diele. Sie drehte den Haustürschlüssel zweimal im Schloss und zog ihn ab. Nun war sie allein. Timo war … woanders. Nein, realistisch bleiben: Sein Körper war im Institut für Rechtsmedizin. Sie kannte die Metallbahren und die Kühlfächer noch aus ihrem Medizinstudium. Sein Geist, seine Seele … existierten nüchtern betrachtet nur noch in ihrer Erinnerung.
    Unruhig wanderte sie durch das große Haus, das Timo und sie zusammen geplant und gebaut hatten. Ihre Schritte hallten von den glatten Oberflächen, den Granitböden, Fensterflächen, gespachtelten Wänden und lackierten Möbelfronten, wider. Sie hatten es sich alles so, genauso, ausgesucht. Was kümmerte es sie, dass anderen ihr Haus nicht gefiel? »Kalt wie der neue Berliner Hauptbahnhof«, hatte eine Nachbarin gelästert, nachdem ihr Zweijähriger erst gerannt, dann – welche Überraschung! – gestolpert und mit der Stirn auf den Granit aufgeschlagen war. Nachdem sie die Beule des Kindes mit einer Packung Mozzarella aus

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