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Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Titel: Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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dem Kühlschrank gekühlt hatten – etwas Besseres hatte Katja nicht zur Hand gehabt, aber gefunden, dass das Zeug prima funktionierte –, war die Stimmung bei dem Antrittsbesuch auf den Nullpunkt gesunken. Katja hatte die Nachbarin seitdem nur noch aus der Ferne vor ihrem Häuschen im Friesenstil gesehen.
    Nun war sie also ganz auf sich gestellt, in einer Nachbarschaft, die das neue Haus aus Glas und Beton mit einer Mischung aus Neid und Verachtung betrachtete. Aber eigentlich war das nichts Ungewohntes für sie. Sie kam mit dem Alleinsein gut klar. Freundinnen … Das letzte Mal, dass sie Freundinnen gehabt hatte, war lange her. Und nur zu einer von ihnen hatte sie noch Kontakt: zu Solveigh Pahl, nun Solveigh Halby, ausgerechnet die, die sie von den drei Freundinnen ihrer Jugendzeit am wenigsten mochte. Aber eine Solveigh hatte wohl fast jeder im Leben: ein treues Anhängsel, loyal und anspruchslos. Nur leider kein Mensch, auf den sie bauen wollte, wenn sie selbst in Schwierigkeiten steckte. Solveigh konnte sich nicht einmal selbst helfen.
    War sie denn in ernsten Schwierigkeiten? War sie in Gefahr?
    Zunächst war Katja von einem Unfall ausgegangen: Timo war von einer verirrten Kugel getroffen worden, hatte sie sich gesagt. Damals in Kargau war ein Jäger auch mal lebensgefährlich verletzt worden … So etwas kam hin und wieder vor. Aber gleich zwei Kugeln? Es musste ein Irrer gewesen sein, der im Wald herumgeschossen hatte. Gruselig, makaber, aber auch das passierte.
    Nur das eine, dass jemand absichtlich auf Timo geschossen hatte, konnte sie sich nicht vorstellen.
    Katjas Wanderung durch das Haus endete oben im Schlafzimmer. Sie blieb vor der Fensterfront stehen, durch die man bei guter Sicht über eine Kuhweide bis hin zu einem entfernten Knick blicken konnte. Irgendwo dahinter lag die Ostsee. Es war Timos Wunsch gewesen, ein Schlafzimmer nach Osten heraus zu bauen, wegen des Sonnenaufgangs.
    Ein schmerzhafter Schluchzer blieb Katja im Hals stecken, als sie daran dachte, wie sie darüber diskutiert hatten. Sie lehnte die Stirn gegen die kühle Fensterscheibe und starrte in die Nacht hinaus. Kein Stern war zu sehen, nicht mal der Mond, der heute Nacht fast voll war.
    Die Lichter ihres Hauses warfen helle, verzerrte Rechtecke auf die Rasenfläche. Sie konnte sogar ihren eigenen Schatten sehen. Gut sichtbar, wie eine Zielscheibe stand sie da, mit dieser Festbeleuchtung im ganzen Haus. Sie hatte mal gelesen, dass Soldaten im Krieg oft absichtlich danebenschossen, einfach weil sie die natürlichen Hemmungen, einen Schuss auf einen Menschen abzugeben, nicht überwinden konnten. Man hatte Abhilfe geschaffen, indem beim Schießtraining nicht auf runde Zielscheiben, sondern auf solche mit menschlichen Proportionen geschossen wurde – und voilà: Mit einiger Übung verloren sich die Hemmungen.
    Der Schütze heute hatte auch keinerlei Hemmungen gekannt.
    Katja zog die Vorhänge zu. Für sie ein drückendes Gefühl des Eingesperrtseins, aber immer noch besser, als sich beobachtet zu fühlen. Von wem? Von Holsteiner Kühen? Sie würde sich eine Flasche Rotwein mit nach oben nehmen und den Rest der Welt aussperren, dachte sie. Sie musste nur noch das Licht unten löschen.
    Als Katja ins Wohnzimmer kam, erhob sich Roxy vom Sofa. Der Hund folgte ihr quer durch den Raum, wo sie hier eine Stehleuchte und dort eine Tischlampe ausschaltete. Gunnar hatte wirklich jeden auffindbaren Schalter betätigt. Da nahm sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung hinter der Fensterfront wahr. War jemand in ihrem Garten? Kurz dachte sie an die Leute von der Presse, die heute auf dem Priwall aufgetaucht waren … Aber wenn jemand auf dem Grundstück wäre, würde der Hund doch bellen, oder? Katja war sich nicht sicher. Roxy war kein Wachhund, und ihr Revier beschränkte sich auf den Vorratskeller und den Kühlschrank.
    Katja schaltete die letzte Lampe im Wohnbereich aus, doch der Lichtschein, der aus dem offenen Küchenbereich drang, verhinderte, dass sie mehr als die dunklen Umrisse der Büsche erkennen konnte. Bei der Gartengestaltung hatten sie und Timo absichtlich auf einen Zaun verzichtet, um den Eindruck von Weite und Großzügigkeit zu bewahren. Das jedenfalls war die offizielle Version. Timo hatte gewusst, dass Katja Zäune und Mauern verabscheute. Jeder konnte ihr Grundstück betreten. Wenn es Presseleute waren, hätte sie doch Autos kommen gehört? War das etwa ein Nachbar, der schon von Timos Tod erfahren hatte? Bloß das nicht! Wenn es

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