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Ostseefluch

Titel: Ostseefluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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nicht entdecken. Sie war später dran, als beabsichtigt, weil sie noch ein paar Runden um den Block gedreht hatte, bis Felix eingeschlafen war. So konnte sie ihn gleich im Schlafzimmer bei Tom und Marlene ablegen. Hauptsache, das Babyfon funktionierte auch im Hof!
    Marlene, in Hotpants und einem gerüschten rosafarbenen Top, begleitete Pia wieder nach unten. »Hoffentlich haben nicht alle Babyfone der Umgebung dieselbe Frequenz!«, sagte sie. »Es sind viele Leute mit kleinen Kindern da.«
    »Irgendjemand, den ich kenne?«, fragte Pia.
    »Bestimmt. Ein paar Leute von Toms und deiner alten Schule, Kollegen von mir ...« Sie grinste etwas verkrampft. Pia hatte ein paar dieser Kollegen mal im Rahmen einer Ermittlung befragen müssen. Halleluja.

15. Kapitel
    J esko Ebel starrte auf den Bildschirm. Das war unheimlich. Er hätte nicht gedacht, dass die Mordkuhlen-Geschichte so einen Einfluss auf ihn haben würde. Ein Fluch, das war ein interessantes Phänomen, aber mehr auch nicht. Der Anlass, eine spannende Geschichte zu erzählen. Und nun saß er hier und lauschte angespannt: auf das Ticken der billigen Wanduhr über seinem Schreibtisch, auf die Geräusche draußen auf der Straße. Er hörte einen heiseren Schrei – gefolgt von einem Grölen. Am Wochenende pflegten die Jugendlichen sich schon vor zehn Uhr zu besaufen und kotzten dann gern mal gegen die eine oder andere Schaufensterscheibe. Oder in seinen Hauseingang. Was sollten sie auch tun? Es gab kein nennenswertes Freizeitangebot für die Jugend.
    Bei ihm war es anders gelaufen. Er war in seiner Jugend Sportler gewesen. Schwimmer. Das hatte ihn von allerlei Unsinn abgehalten. Sogar mit dem Rauchen hatte er deswegen aufgehört. Aber letzten Endes war er doch nicht gut genug gewesen. Die Trainer wollten sich in den Bestleistungen ihrer Schützlinge sonnen, und so sortierten auch die Vereine irgendwann gnadenlos aus, indem sie die weniger leistungsfähigen Jugendlichen nicht beachteten und so entmutigten – nicht anders als im wirklichen Leben. Aber damals hatte Jesko zum Glück schon Nina kennengelernt. Sie hatte ihn davor bewahrt, in die Gleichgültigkeit abzurutschen. Sie hatte ihn gebraucht und er sie. Vielen seiner Kumpels war es schlechter ergangen als ihm. Wenigstens in diesem Punkt.
    Er zwang sich, sich wieder auf sein Projekt zu konzentrieren: Mordkuhlen. Was hatte Karl-Heinz Bolt dazu veranlasst, seine Frau und seine beiden Töchter zu ermorden? Und was war mit dem jüngsten Kind geschehen? Alles, was Jesko bisher dazu gefunden hatte, war, dass sich das Jüngste in der Abseite unter der Treppe versteckt haben sollte. Aber so lange? Was hatte es von den Morden mitbekommen? Wie viel davon verstanden? Und wo war es später geblieben?
    Den Recherchen nach war Karl-Heinz Bolt, damals zweiundfünfzig Jahre alt, von einer Seereise nach Südostasien nach Hause gekommen. Er war als Zahlmeister auf einem Schiff der Handelsmarine drei Monate lang unterwegs gewesen. Schon auf dem Schiff hatte es offenbar Probleme gegeben. Die Mannschaft war nicht gut auf Bolt zu sprechen gewesen. Auf der Heimreise, kurz vor Hamburg, war es zu einer Prügelei an Bord gekommen. Bolt war in Schwierigkeiten, weil er angeblich dabei dem Schiffskoch die Nase gebrochen hatte. Der sollte seinerseits in Bolts Suppe gespuckt und das Kotelett vor dem Braten über den Boden der Kombüse gewischt haben. Und Karl-Heinz Bolt war allgemein bekannt für sein aufbrausendes Temperament gewesen.
    Was war nach seiner Ankunft gegen neun Uhr abends im Haus geschehen? Hatte Bolt sich mit seiner Frau Anita gestritten? Wegen eines anderen Mannes? Die auf den Fotos sehr hübsch und lebenslustig aussehende Frau war neun Jahre jünger als Bolt gewesen. Waren ihr die Monate seiner Abwesenheit zu lang geworden? Warum war er mit dem Messer auf sie losgegangen? Den Zeitungsberichten zufolge war Anita Bolt in ihrem Schlafzimmer im ersten Stock gestorben, irgendwann im Verlauf des Abends. Sie war erstochen worden. Mehrere Stiche in den Brustbereich, in die Oberarme, ins Herz ... Abwehrverletzungen an den Händen.
    Die beiden Töchter, neun und sieben Jahre alt, waren erstickt worden. Dann hatte der Täter alle drei Leichen in den Keller getragen und fein säuberlich nebeneinander auf dem Boden abgelegt. Wie Orgelpfeifen.
    Bolt war später in der Küche des Hauses erschossen aufgefunden worden. Die Tatwaffe: sein eigenes Gewehr, das er den Nachbarn zufolge auf dem Dachboden aufbewahrt hatte. Um seine Familie verteidigen

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