Ostseefluch
und kniff die Lippen zusammen. »Nein.«
»Kennen Sie Nina Schrader?« Das war die Frau, die den polizeilichen Recherchen zufolge mal für Ingwers gearbeitet hatte und ihn wegen der nicht eingehaltenen Arbeitsschutzvorschriften hatte verklagen wollen.
»Dazu sage ich nichts!«
»Warum nicht, Frau Eckert?«
»Darum.« Sie starrte sie misstrauisch an. Nach einer Weile hielt sie Pias Blick nicht mehr stand. Sie räusperte sich. »Als ich hier anfing, war diese Schrader schon so gut wie weg.«
»So gut wie? War sie da noch hier oder nicht?«
»Sie hatte sich krankschreiben lassen. Aber ich hab sie mehrmals in Oldenburg beim Shoppen gesehen.«
Pia rieb sich die Stirn. »Okay. Gibt es hier jemanden, der mir mehr über Frau Schrader sagen kann? Das Ganze hatte doch sicherlich eine Vorgeschichte.«
Ute Eckert schüttelte den Kopf. »Die Leute wechseln ständig. Bis auf einige wenige, die eine Vertrauensstellung innehaben. Fragen Sie dazu besser den Chef!«
Pia musterte das müde Gesicht der Frau und bemerkte den resignierten Ausdruck in ihren Augen. »Vielleicht fällt Ihnen ja doch noch etwas ein ...«
»Ich mach hier nur meine Arbeit, der Rest interessiert mich einen feuchten Dreck.« Die Art und Weise, wie sie zuvor die Kollegin zurechtgewiesen hatte, ließ das jedoch ein wenig unglaubwürdig erscheinen. Pia wartete ab. »Das hier ist sowieso nur eine Übergangslösung«, fügte Ute Eckert nach ein paar Sekunden hinzu. »Eigentlich bin ich gelernte Floristin.«
Also gut. Pia reichte ihr ihre Karte. »Falls Ihnen doch noch etwas einfällt, rufen Sie mich einfach im Kommissariat an, Frau Eckert. Danke, dass Sie mir etwas von Ihrer Pausenzeit erübrigt haben.« Pia verließ den Raum. Wusste Ute Eckert etwas, über das sie nicht reden wollte? Oder glaubte sie, etwas zu wissen? Pia hatte den Angstschweiß der Frau geradezu riechen können.
Sie traf Broders in gebührendem Abstand zu einem Papageienkäfig an.
»Wo warst du denn so lange?«, fragte er, ließ aber den Ara mit dem beeindruckenden Schnabel nicht aus den Augen.
»Ich habe mit einer Mitarbeiterin gesprochen. Allerdings ohne großen Erfolg. Ist Ingwers schon da?«
»Nein. Guck dir diesen Vogel an: Der beißt dir deinen Finger ab, als wär’s ein Stöckchen. Wie er mich die ganze Zeit anschaut! Diese Augen ...«
»Das personifizierte Böse«, sagte Pia spöttisch.
»Ich hasse Vögel!«
Broders’ Ausspruch erinnerte Pia an einen Kinofilm. Sie sah Mickey Rourke und Robert de Niro vor sich und erinnerte sich, dass es in diesem Film um Hühner gegangen war und irgendwelchen Voodoo-Zauber.
»Guten Morgen. Ich sehe, Sie haben schon Bekanntschaft mit Alex geschlossen.« Rudolf Ingwers stand mit einem Mal hinter ihnen.
»Kann der auch was sagen?«, erkundigte sich Broders.
»Manchmal reißt er zotige Witze. Muss am Umfeld liegen. Kommen Sie mit in mein Büro! Da können wir reden.«
Ingwers’ Büro war schlicht und funktional eingerichtet. Ein kahler Raum mit einem schräg gestellten Metallschreibtisch und einem einfachen Bürostuhl dahinter. Ein grauer Aktenschrank, zwei Besucherstühle und ein offenes Regal, in dem ein paar Bücher über Pflanzen und Gartenbau standen, vervollständigten die Möblierung. Der Computer mit dem großen Bildschirm sah neu aus, die Telefonanlage hingegen ziemlich betagt. Es war der Raum eines Menschen, der keinen Wert auf Repräsentation legt, der Büroarbeit als notwendiges Übel ansieht. Die Einrichtung erzählte Pia, dass Ingwers seine Zeit lieber anderswo verbrachte. Bei seinen Pflanzen in den Gewächshäusern vielleicht? Oder an der frischen Luft?
Er zog die zwei Metallrohrstühle heran, die an der Wand aufgereiht gestanden hatten, und stellte sie vor seinen Schreibtisch. Dann setzte er sich Pia und Broders gegenüber, beugte sich über die Tischplatte und verschränkte die Finger ineinander. Der dünne goldene Ehering schnürte ihm tief ins Fleisch. Seine Miene war verhalten erwartungsvoll. »Nun?«
»Wir zeichnen das Gespräch am besten auf. Dann muss niemand mitschreiben«, schlug Broders vor.
»Tun Sie, was Sie für richtig halten.«
»Kennen Sie Patrick Grieger?«, fragte Pia ohne Umschweife.
»Ich habe es nicht so mit Namen. Helfen Sie mir bitte auf die Sprünge!«
»Der Freund Ihrer Tochter.«
»Er wurde mir nie vorgestellt, aber ich weiß jetzt, wen Sie meinen. Das ist der Student, der Milena mit nach Mordkuhlen geschleppt hat. Haben Sie ihn in Verdacht?«
»So schnell schießen die Preußen nicht«,
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