Ostseegrab
das Tuch in die Spüle und stürzte auf sie zu. Sophie sah wirklich schlecht aus. Er bemerkte den Verband unter der Baseballkappe. »Mädchen! Wie geht es dir?«, grüßte er besorgt und führte sie zu einem Tisch.
»Ach Hanjo, es ging mir schon besser.«
Hanjo ergriff ihre Hand und tätschelte sie unbeholfen. Er war erleichtert, sie auf den Beinen zu sehen. »Es ging das Gerücht, du wärst in Lebensgefahr. Solltest du nicht im Krankenhaus sein?«
Sophie grinste ihn verwundert an. »Lebensgefahr? Das ist wohl ein bisschen übertrieben. Allerdings habe ich heute Morgen, als ich da in dieser Inselklinik aufgewacht bin, tatsächlich gedacht, dass ich sterben möchte. Mir war noch nie so übel. Der Arzt hätte mich auch lieber noch ein bisschen dabehalten, aber ich musste da weg. Ich bin vollkommen durcheinander.«
»Vernünftig ist das aber nicht! Du solltest dich zumindest ins Bett legen und dich schonen. Jetzt ruhst du dich erst mal aus und ich hol dir einen schönen Kakao.« Sophie nickte und er schlurfte in die Küche. Das arme Kind. Natürlich war sie durcheinander. Sie liebte Ben und gleichzeitig hatte sie jetzt wahrscheinlich Angst vor ihm. Was für eine furchtbare Geschichte. Hanjo ließ Milch in der Mikrowelle heiß werden und rührte echten Kakao an. Nicht dieses Instantzeug. Er gab noch einen Schuss Sahne dazu und ging mit den zwei Bechern zurück an den Tisch. Sophie war wirklich blass. All ihre Energie schien erloschen. Hoffentlich würde die Wunde unter dem Verband schnell heilen. Und dieses rote Auge sah zum Fürchten aus. »Bitte. Der Kakao.«
Sophie zuckte zusammen. »Hanjo, die Polizei glaubt, dass Ben ein Mörder ist. Ein Serienkiller.«
Hanjo setzte sich. »Das ist doch Unsinn! Ben ist ein guter Junge und er mag dich.« Sie atmete tief durch und griff zitternd nach dem Becher.
»Da ist diese Geschichte mit seiner Schwester. Was weiß du darüber?«
Hanjo nickte. Sophie musste irgendwie von der Tragödie erfahren haben, wunderte er sich. »Das war grausam. Ach Gott, das ist so lange her. Und trotzdem wird man so was wohl nie vergessen können. Die Kleine war ein sehr niedliches Mädchen. Sie war so gerne im Wasser.« Hanjo schluckte. »Für den Jungen muss es damals schlimm gewesen sein. Ob seine Eltern ihm je verziehen haben, dass er noch am Leben ist? Ben wird sich ein Leben lang Vorwürfe machen, egal, ob ihn am Tod seiner Schwester eine Schuld trifft oder nicht.« Sophie sah ihn erschrocken an. »Aber ... aber das heißt doch nicht, dass Ben ...«
»Nein, Sophie! Das glaube ich nicht.« Eine Gruppe Surfer betrat lachend das Bistro. »Hallo!«, rief ein junger Typ. »Kriegen wir noch irgendwas zu essen? Wir sind hungriger als eine Meute Wölfe!«
Hanjo drücke Sophies Hand und drehte sich dann zu den Wassersportlern um. »Natürlich gibt es was zu essen. Nehmt Platz. Ich bring euch gleich die Karte.« Hanjo wandte sich wieder Sophie zu. »Ich muss mich um die Gäste kümmern.« Sie nickte unglücklich. Er wollte ihr so gerne helfen. »Warum kommst du nicht einfach später noch mal vorbei? Am besten, wenn der ganz große Betrieb vorbei ist und ich ein bisschen mehr Zeit habe. Dann kann ich dir in Ruhe alles erzählen, woran ich mich erinnere. Alles über diese schreckliche Sache damals und auch alles, was ich über Ben sonst noch weiß.«
Ben wählte wieder Sophies Nummer. Warum ging sie nicht an ihr Handy? Er machte sich schreckliche Sorgen. Vielleicht war sie tatsächlich schwer verletzt. Das Krankenhaus durfte ihm keine Auskunft geben, das hatte die Dame am Empfang ihm mitgeteilt. Vielleicht lag sie im Koma, überlegte Ben erschrocken, während er erneut auf die Wahlwiederholungstaste drückte. Ohne Erfolg. Und wenn Sophie ihn einfach nur nicht sprechen wollte? Nein, dafür gab es doch keinen Grund. Außerdem musste sie sich doch denken können, dass er sich Sorgen machte. Ob dieser Kommissar Sperber mit ihr geredet hatte? Hatte dieser Bulle ihr erzählt, dass er ihn für den möglichen Täter hielt? Bens Magen krampfte sich für einen Moment zusammen. Sophie konnte ihn doch nicht ernsthaft verdächtigen.
»Träumst du?«
Ben zuckte zusammen. »Verdammt, Olli! Warum schleichst du dich so an?«, fragte er gereizt.
»Anschleichen? Sag mal, wie bist du denn drauf? Ich steh hier schon ein paar Sekunden und du hast nicht reagiert!« Olli sah ihn versöhnlich an. »Ich wollte nur meine Schlüssel abholen. Scheiße! Was ist das alles für ein Horror!«
»Du weißt schon
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