Ostseegrab
Tochter. »Toni, lies deinem Bruder weiter vor.«
»Aber Papa, ich kann doch noch gar nicht lesen«, erklärte Antonia verblüfft.
»Dann denk dir was aus!« Stefan sprang auf und ließ die verdutzten Kinder allein. Er eilte die Treppe hinunter und rannte auf die Terrasse. Sein erster Blick fiel auf Sophie. Sie war blass und atmete viel zu schnell. Er griff ihre Schultern und schüttelte sie. »Hör auf damit!« Sophie reagierte nicht. »Tina! Bring mir eine Tüte!«
»Was denn für eine Tüte?«, kreischte seine Frau. Sie war selbst vollkommen hysterisch.
»Schatz, alles wird wieder gut. Aber bitte geh jetzt in die Küche und hol mir eine Plastiktüte.«
Tina schien wieder zu funktionieren. 20 Sekunden später hielt er Sophie die Plastiktüte vor Mund und Nase. Sophie atmete endlich ruhiger und sah ihn verstört an. Dann brach sie in Tränen aus. »Ruf einen Arzt! Sie hat einen Nervenzusammenbruch. Was war denn?« Tina zeigte auf den Boden und rannte zum Telefon. Jetzt sah er das Trauergesteck. Was immer das zu bedeuten hatte, er würde sich später darum kümmern müssen. Stefan beugte sich über Sophie. »Hey! Keine Sorge! Ich trag dich jetzt nach oben. Versuch dich festzuhalten.« Stefan packte sie wie sonst seine schlafenden Kinder und trug sie ins Gästezimmer. Er hatte sie gerade aufs Bett gelegt, als auch Tina kam.
»Der Arzt ist in zwei Minuten da!«
»Gut. Bleib bei ihr. Ich kümmere mich um die Scheiße da unten!« Stefan ging zu seinem Wagen und holte die sterilen Handschuhe aus dem Verbandskasten. Er zog sie über, während er wieder auf die Terrasse ging. Bevor er das Gesteck vorsichtig zurück in den Karton legte, sah er es sich genau an. Ein Bukett aus schwarzen Rosen. Auf der weißen Trauerschleife stand nur ein Name. Sophie.
»Herr Sperber. Ihre Frau hat mich angerufen.«
Stefan erkannte den Mann sofort. Fips Pieper, der Stümper vom ersten Tatort, kam samt altmodischer Arzttasche durch den Garten marschiert. Der Arzt, bei dem Sophie Sorge hatte, auf Fehmarn krank zu werden.
»Gut, dass Sie so schnell kommen konnten. Unser Besuch hat einen Nervenzusammenbruch. Bitte kommen Sie mit.« Stefan brachte den Arzt nach oben zu Sophie und Tina. Dann ging er in die Küche und schenkte sich einen kleinen Schnaps ein. Er musste nachdenken! Was in aller Welt hatte das zu bedeuten? Warum stand Sophies Name auf der Schleife?
39
Tina hielt voller Sorge Sophies Hand. Sophie weinte noch immer. Sie verkrampfte sich regelrecht. Fips Pieper wühlte in seiner Arzttasche herum. »Sie hat eine Gehirnerschütterung«, informierte sie den Arzt.
Pieper sah auf. »Auch das noch? Und jetzt einen Nervenzusammenbruch. Kein schöner Tag für die Gute. Aber das haben wir gleich.« Er fingerte eine Packung Tabletten aus der Tasche. »Wissen Sie, was der Auslöser gewesen sein könnte?«
»Sie hat Blumen bekommen!«, erklärte Tina. Der Doktor sah sie verständnislos an. »Es war eine nicht so nette Karte dabei.« Sie entschied, dass er nicht alles wissen musste.
Pieper nickte. »Ob sie wohl eine Tablette runterkriegt?«
Langsam wurde Tina ungeduldig. »Ich habe keine Ahnung! Aber jetzt machen Sie doch mal was!«
Pieper nickte und nahm eine Tablette aus der Packung. »Ist vielleicht besser, wenn Sie es versuchen. Sie müsste dann in ein paar Minuten ruhig werden und einschlafen. Ich find allein raus. Ach, ich lass lieber noch zwei von den Dingern da, falls sie noch mehr brauchen sollte.« Fips Pieper gab ihr die Tabletten und packte zusammen.
Tina sah auf die Folie. »Diazepam?«
»Ja, Valium. Ist das Beste bei so was.«
Der Arzt verließ das Zimmer. Tina starrte auf die Tablette in ihrer Hand. War Valium nicht ein bisschen übertrieben? Hatte man heute nicht sanftere Mittel? Sie beschloss, dass eine halbe Tablette reichen musste. Sie brach die Tablette in der Mitte durch und legte sie Sophie auf die Zunge. Dann griff sie nach der Wasserflasche. Sophie schluckte brav und beruhigte sich nach kurzer Zeit. Tina wartete, bis Sophie eingeschlafen war. Dann schlich sie sich leise raus. Stefan saß auf der Terrasse und trank ein Bier.
»Sie schläft jetzt.« Tina sah auf den Karton. »Soll das in den Müll?«
Stefan schüttelte den Kopf. »Nein! Robert holt das Zeug gleich ab und bringt es ins Labor. Vielleicht hat unser Killer ja mal einen Fehler gemacht. Fleurop muss doch Kopien der Aufträge haben.«
Tina sah ihn erschrocken an. »Du glaubst, dieser Irre hat das geschickt? Aber dann ist Sophie ... Oh mein Gott.
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