Ostseegrab
Erziehung zu tun.«
Tina war kurz davor auszuflippen. Stefan wusste doch überhaupt nicht, wie sie jeden Tag jonglierte, um allen gerecht zu werden. Was bildete er sich eigentlich ein? Da hörte sie ihn fragen:
»Sag mal, Schatz, willst du uns nicht noch einen Cappuccino anbieten?«
»Steck dir deinen Cappuccino sonst wohin.« Ohne seine Reaktion abzuwarten, nahm sie das Tablett und ging in die Küche, um zu heulen. Sie putzte sich gerade die Nase, als Stefan zu ihr kam.
»Schatz, tut mir leid. Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich Schlimmes getan habe. Sophie ist der Meinung, ich wäre ein unsensibles Arschloch und hätte keine Vorstellung, was du hier für ein Pensum abreißt.«
Tina musste grinsen. »Schöner hätte ich es auch nicht ausdrücken können.« Stefan nahm sie in den Arm und küsste sie zart.
»Sorry, Schatz. Der Fall macht mich fertig. Wenn ich das Schwein habe, nehme ich mir Urlaub! Und dann fahren wir weg. Nein, lass uns irgendwo hinfliegen. So ein Hotel in der Sonne mit Vollverpflegung rund um die Uhr.«
Sie nahm ihn in den Arm und Stefan küsste sie zärtlich. Dann sah er sie entschuldigend an. »Ich muss los. Ich liebe dich.«
Als er weg war, machte Tina tatsächlich zwei Cappuccini und nahm sie mit nach draußen. Sophie griff dankbar zum Becher. »Darfst du eigentlich Kaffee trinken?«
Sophie sah sie verblüfft an. »Wieso denn nicht? Besser als noch mehr Schmerztabletten. Tina, mach dir jetzt bitte nicht noch wegen mir einen Kopf. Ich bin in Ordnung.«
»Hast du schon ein Ergebnis bekommen? Na, wegen deines illegalen Tests?«
Sophie schüttelte den Kopf. »Wird wohl noch ein paar Tage dauern. Ich geh jetzt mit Pelle an den Strand. Hier im Garten bekommt er nicht genug Bewegung. Und ich auch nicht. Wir sind in spätestens zwei Stunden zurück.« Sophie rief ihren Hund und lief durch den alten Obstgarten zum Deich. Tinas Herz klopfte. Und wenn Sophie trotz aller Warnungen doch zu Ben ging?
38
Olli lenkte seinen alten Golf auf den Hof seiner Eltern. Er wollte noch schnell die Schmutzwäsche abgeben, bevor er zurück zur Surfschule fuhr. Neben dem Auto seines Vaters stand der Wagen von Doktor Pieper. Olli parkte und sprang aus dem Auto. Er rannte auf die Haustür zu und wäre fast mit dem Arzt zusammengestoßen.
»Oliver! Immer langsam.«
»Tut mir leid, Doktor Pieper. Was ist denn los? Ist es wieder Mama?« Das vertraute Gesicht des Arztes sah ihn ernst an und nickte. Olli kannte Fips Pieper schon, solange er denken konnte. Er war der Hausarzt der ganzen Familie.
»Sie hatte wieder einen Migräneanfall!«, erklärte Pieper. »Sie hat sich zu sehr aufgeregt. Die Polizei sucht dich. Sie haben sie ein paarmal angerufen und sie genötigt, sich an deine Freunde zu erinnern. Na, für den Fall, dass du da irgendwo untergekommen bist. Was hast du dir nur dabei gedacht, Junge.«
Olli sah ihn verwirrt an. »Die Polizei? Ich war doch nur zwei Tage weg.«
»Das kannst du natürlich noch nicht wissen.« Doktor Pieper atmete tief durch. »Clara Burmeister ist tot. Genauso wie die anderen.«
Olli starrte ihn an.
»Ja, mein Junge«, meinte Pieper ernst. »Es sieht fast so aus, als wäre einer unterwegs, der nicht ganz richtig ist.«
Fips klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. »Ruf doch mal Broder an und melde dich zurück. Mensch, Broder versteht das doch, dass du mal kurz weg bist.«
Olli nickte. Er würde wirklich lieber mit Broder Larrson sprechen als mit einem dieser arroganten Festlandbullen.
»Was ist jetzt mit Mama?«
Pieper nickte. »Ich habe ihr was zur Beruhigung gegeben. Sie schläft bestimmt bald ein. Es ist doch immer dasselbe mit ihr. Morgen geht es ihr schon wieder gut. Bis dann.«
Olli sah ihm nach. Fips Pieper stieg in seinen alten Mercedes und fuhr vom Hof. Olli öffnete die Tür und schlich leise nach oben. Seine Mutter atmete ganz ruhig. »Mama? Ich bin wieder da. Alles ist in Ordnung. Bitte mach dir keine Sorgen mehr.« Olli spürte, dass sie seine Hand drückte. Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht und nahm die Packung Tabletten in die Hand. Valium. Mal wieder. Piepers Lieblingsmedikament. Für Ollis Geschmack verschrieb er es viel zu oft und er ließ immer gleich eine ganze Packung da. Seine Mutter wäre bestimmt schon abhängig von dem Zeug, wenn er ihr den Mist nicht wegnehmen würde. Wie schon so oft ließ er die Packung in seiner Tasche verschwinden.
Hanjo polierte gerade ein paar Gläser, als er Sophie ins Bistro kommen sah. Sofort schmiss er
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