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Ostseeliebe

Ostseeliebe

Titel: Ostseeliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Jaskulla
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Frau. Die sah natürlich hinreißend aus, und Julia ärgerte sich.
    »Hol’s der Deibel, Jan!« rief einer und schlug sich auf die Schenkel, »da hast du den Dicken aber ganz schön über den Teller gezogen!«
    »Ach watt! Aber so’n selbsternannter Freischiffer, der muß schon was löhnen für sein Schiff. Kommt der Kerl aus Cuxhaven und will, daß ich ihm mir nichts, dir nichts so’ne Brigg baue, und zwar nicht irgendeine! - nein, ein Nachbau vom ›Pfeil‹ soll es gleich sein, joh, Friedhelm, da kommst du nich’ mit!«
    Friedhelm, der alte Weber, lachte gutmütig. Mit seinem rostigen Traktor fühlte er sich sichtlich ein bißchen als Held des Abends. Immerhin hatte er Willemsens Stute aus dem Dreck gezogen, immerhin!
    Die anderen fielen in Webers Lachen mit ein. Anne Bult schob Julia auf einen freien Stuhl.
    »Na, sind Sie wieder trocken geworden?«
    Eine ruhige, freundliche Stimme. Hilda Minarek saß ihr genau gegenüber, streckte ihr die Hand hin.
    »Ich bin Hilda Minarek. Ich habe schon viel von Ihnen gehört.«
    Julia sagte nichts, gab der Blonden nur über den Tisch hinweg die Hand. Auch das noch, saß ihr ausgerechnet die Frau gegenüber!

    »Ich hab’ von der Brigg überhaupt nur einmal ein Bild gesehen, in Sassnitz, glaube ich. Das hätte sich aber kaum zum Nachbauen geeignet, Jan! Die ist doch schon um 1850 rum untergegangen, mit Mann und Maus!«
    »1883. Im Kattegatt.« Das war die sachliche Stimme von Anne Bult. »Da war sie nur dreißig Jahre lang gelaufen, kurze Zeit für so ein schnelles, teures Schiff.«
    »Ich glaube, der Typ aus Cuxhaven hat so’n Geschichtsfimmel, ich weiß gar nicht, was der mit so’nem großen Zweimaster will.«
    »Vielleicht in der Elbmündung herumkutschieren und Stinte fangen!«
    Gelächter. Bier wurde gebracht, unaufgefordert, und Julia trank schnell.
    Es trieb ihr die Tränen in die Augen: Ihr Körper mochte derzeit keinen Alkohol, aber wie sonst sollte sie sich entspannen? Minarek beobachtete sie aus den Augenwinkeln, das sah sie genau. Er trank still sein Bier, lachte mit, wenn die anderen lachten. Julia hätte gedacht, daß er in solchen Runden zu großer Form aufliefe, aber entweder hatte er das nicht nötig, oder er war eben kein großer Redner. Zufrieden sah er aus, aufreizend zufrieden. Seine Frau dagegen, vollkommen, aber zurückhaltend geschminkt, hell, seidig, wie stets von dieser unaufdringlichen, ganz und gar städtischen Eleganz, die weniger perfekte Menschen auf der Stelle wahnsinnig macht. Kein Sturm, kein Unwetter und keine seelische Krise würden der aufreizenden Gleichmäßigkeit dieses Gesichts etwas anhaben können. Trotzdem wirkte sie für ihre Verhältnisse heute unruhig. Die Augen, die perfekt parallel zueinander standen - gute Augen, wie Julia feststellte - strichen hin und her, Augen, die in eigenartigem Gegensatz zu der Starrheit und Ebenmäßigkeit dieses Gesichts standen, eigentümlich lebendige Menschenaugen hinter einer venezianischen Maske... Hilda Minarek hatte
eine Art, die Leute anzuschauen, die man nicht ignorieren konnte, unter ihrem Blick begannen sie, sich unbehaglich zu fühlen. Es war nicht so, daß Jan und Renate direkt unfreundlich geguckt hätten, auch der alte Weber und die anderen Bauern, Range und Gau und Wolters, oder Schuck, der Fuhrmann, nicht, aber sie wichen den suchenden Augen Hilda Minareks aus. Die wollte ganz offensichtlich Kontakt, wollte reden, wußte aber nicht, wie sie ein Gespräch beginnen sollte. Julia hätte nicht gedacht, daß diese elegante Frau in Gesellschaft so unbeholfen sein konnte. Plötzlich tat sie ihr leid in ihrem tadellosen braunen Tweedblazer mit dem Seidenschal, mit der Wildlederhose und den natürlich passenden Handschuhen, die jetzt neben ihrem Glas auf dem Tisch lagen. Die Frau war eigentlich gar nicht unsympathisch, sie paßte nur überhaupt nicht hierher. Skifahrend konnte man sich Hilda Minarek vorstellen oder mit der Kamera vor irgendwelchen griechischen Altertümern, aber nicht hier, Bier aus triefenden Seideln hinunterspülend, was sie aber dennoch tapfer tat. Nur merkte man ihr die Anstrengung an, das Bemühen, und das führte dazu, daß die Leute sich unwohl fühlten. All das spürte Hilda Minarek zweifellos, und es verunsicherte sie noch mehr. Solange sie im Alltag befangen war, war alles gut, konnte sie durch Eifer und Geschäftigkeit überspielen, wie anders und wie nervös sie war. In der Runde hier gelang ihr das nicht.
    »Ich verstehe leider gar nichts von Schiffen«,

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