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Ostseeliebe

Ostseeliebe

Titel: Ostseeliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Jaskulla
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schnaubenden Vierbeiner erinnert, die Dich mit einem Blick anschauen, so voller Vertrauen, daß Du ihn für Liebe halten könntest, gelänge es Dir auch nur einen Augenblick zu vergessen, daß sie absolut jeden so angukken, in dessen Jackentaschen sie Würfelzucker vermuten ...
    Gut, nehmen wir an, Du hattest tatsächlich eine besondere Beziehung zu Pferden, nehmen wir an, Du erinnerst Dich sogar ganz gut daran, aber: Deine Arme und Beine erinnern sich nicht. Und deshalb finde ich es ziemlich riskant, was Du da getrieben hast.
    Ich meine, mit Ende zwanzig wird es Zeit, sich über etwas klar zu werden, über die eigenen Grenzen nämlich. Natürlich kann es sein, daß doch noch der große Prinz oder ein Angebot aus Hollywood kommt - aber sehr viel realistischer, als doch noch das erträumte Studium der Ozeanographie zu beginnen, erscheint mir zur Zeit die Möglichkeit, Mutters Brustkrebs zu erben oder von einem Lkw überrollt zu werden. Nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit! Ich bin keine Pessimistin, ich lehne Berechnungen bloß nicht grundsätzlich ab. Und ich kenne mich, und ich kenne Dich. Wir gehören doch eher zu der Sorte Leute, die Volker, der Unselige, ausnahmsweise zutreffend »Couch-Potatoes« nennt: Wir sind also Leute, die das Haus nicht mehr verlassen,
wenn’s regnet. Ich höre Dich doch noch: Laß uns doch lieber morgen treffen. Und da wollten wir ins Kino, das bekanntermaßen überdacht und sogar geheizt ist! Nein, ich glaube, Dein plötzlicher Mut entspringt gerade nicht, wie Du mir’s hast weismachen wollen, einer genauen und nur verschütteten Kenntnis der Pferde (oder der Natur im Allgemeinen), sondern einer totalen Unterschätzung der Situation. Dein Mut - tut mit leid, Süße - beruht auf Unkenntnis. Ich glaube übrigens, fast jede Form von Verwegenheit beruht darauf. Kluge Menschen sind keine Helden, sie sind Feiglinge und haben eine Unfallversicherung.
    Mache ich Dir Deine Träume kaputt? Ich will Dir etwas sagen: Auch ich träume. Aber ich weiß, daß es Träume sind. Und ansonsten richte ich mich ein. In meinem kleinen, nicht besonders aufregenden Leben - das ist anstrengend genug.
    Insofern hatte Dein harscher Tierarzt völlig recht, und Du bist unfair, wenn Du ihm vorwirfst, er hätte Dich bevormundet und überhaupt nicht ernst genommen. Wie sollte er auch? Also laß die Finger davon. Von Gräben, meine ich. Bei Deinem Tierarzt bin ich hier nicht so sicher! Scheint ein kluger Mann zu sein. Dunkelblond, ja - »... so weit ich das bei dem Regen sehen konnte«. Interessant!
    Aber nun genug der Gardinenpredigt! Um Deine Malvine, diese geheimnisvolle Verehrte des Herrn Ladestein, will ich mich gerne bemühen. Tänzerin, sagst Du? Und Haare wie ein goldener Helm? Vielleicht werde ich ja in der Akademie der Künste fündig, dahin muß ich sowieso nächste Woche, im Archiv wühlen. Ich halte Dich auf dem laufenden.
    Volker ist passé. Ich hatte es Dir ja schon angekündigt. Merkwürdigerweise kam mir das entscheidende Gespräch vor, als kündigte ich bei einem Chef. So, als könnte er mir quasi in letzter Minute doch noch ein ungünstiges Zeugnis
ausstellen, unsere »Zusammenarbeit« bewerten oder mich gar um einen Neuanfang bitten ... Scheint doch so zu sein, daß Liebschaften »Verträge auf Zeit« sind, wie wir es ja schon oft vermutet haben. Solange er mir »nützt« und ich »ihm etwas wert bin«, wird »investiert« (»gefühlsmäßig« würde Volker jetzt sagen), und sobald die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht mehr aufgeht, wird der Vertrag beendet. Ein sauberer Schnitt.
    Vor so einer Abschlußbilanz von Volker hatte ich natürlich Angst. Aber keine Rede davon, buchstäblich nicht. Stockfischig saß der ehemalige Mann meiner ehemaligen Träume vor mir und schien mit dem Sessel zu verwachsen, auf dem er eben immer schon saß - und meistens genauso wortkarg und steif wie jetzt auch (nur im Bett quasselte er wie ein Wasserfall - ICH HASSE DAS!). Er vermutete natürlich sofort, ich hätte einen anderen. Gütiger Himmel! Aber im Ernst: Wäre es doch so! Gleich und sofort. Denn entgegen allen Behauptungen in sämtlichen Frauenhilfswerk-Paperbacks: Es nützt ja doch ganz ungemein! - Aber nichts in Sicht. Nobody. Kein Mr. Right, nicht einmal ein Mr. Adventure. Keine triefenden Tierärzte. Oh, Pardon!
    Küßchen von
Jeanette

5
    Julia ließ die Qi-Gong-Kugeln in die linke Hand gleiten. Sie klingelten sanft. Das Metall hatte sich erwärmt. Eine Kugel bettete sie in die Handfläche, die andere

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