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Ostseeliebe

Ostseeliebe

Titel: Ostseeliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Jaskulla
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was willst, kannst du einfach klingeln, die wohnen ja auch in dem Haus! Oder du rufst vorher an, das ist vielleicht noch einfacher. Bloß: Heizen tun sie den Laden nicht, da mußt du dich schon warm einpacken. Ich hab’ gestern’n paar Quittungsblöcke geholt, für den Notfall haben sie nämlich auch ein bißchen Bürokram da - sind gar nicht dumm, diese Leute. Kommen aus irgendeinem Kaff in Nordrhein-Westfalen, wo die Brauerei dichtgemacht hat, der einzige Arbeitgeber weit und breit. Und dann steht so’n Vierzigjähriger plötzlich mit nischt da. Ganz schön bitter. Na ja, warum soll’s denen auch anders gehen...«
    Erika stapfte neben Julia her, ihr Fahrrad hatte dieselbe rötlich-violette Tönung wie ihre Haare. Allmählich wurde es dunkel. Erikas Fahrradlampe spendete ein armseliges kleines Licht. Offenbar war sie fest entschlossen, Julia bis Nebel zu unterhalten, und übertönte dabei die Vögel. Als sie ankamen, war es längst dunkel.

    Trockene Hitze. Waldbrandhitze. Lodernde Hitze, die nach der Haut griff, die die Haare sich sträuben und die Ohren aufglühen ließ. Es roch wie im Föhrenwald, oben, am Nordufer der Insel. Die Frauen hockten beieinander, elf weibliche Körper, dicht an dicht, die nackte Haut glühte rot, hier und da glänzte Schweiß auf Stirnen und Schultern und entspannt baumelnden Brüsten. Den Brüsten sah man die Geschichten der Frauen an: ob sie geboren hatten und wie viele Kinder wohl, ob sie sich noch auf die Zukunft freuten - das
erkannte man an den keck wippenden Spitzen. Müde, leergetrunkene Brüste waren dabei, unbeachtete, und solche, die täglich massiert wurden, gebräunt von der Sonnenbank im Partykeller, gestreift von Goldkettchen, die jetzt, in der Hitze, eilig abgenommen wurden. Überflüssiges hatte keinen Platz in der Sauna, und deshalb gab es auch keine übertriebenen Höflichkeiten. Was blieb, war gegenseitiger Respekt.
    Es gibt keinen besseren Ort, um festzustellen, daß man ist, wie man ist, dachte Julia. Es gibt keine vergnüglichere Hölle.
    Eine von ihnen rieb sich energisch die Beine mit einem groben Sisalhandschuh ab, mit festen, geraden Strichen, die anderen ließen die Beine baumeln, betrachteten ihre feuerrot lackierten Zehennägel, kritisch ihre Oberschenkel, schauten nur kurz einmal zur Nachbarin hin. Hin und wieder ein leises, genießerisches Seufzen. Haare, widerspenstig in der Hitze, wurden zurückgestrichen. Erika sorgte sich, daß ihre Haartönung auf die Haut abfärben würde:
    »Das weiß man doch nie, heutzutage, bei dem Zeug!« sagte sie mißtrauisch.
    »Heute, bei dem Zeug!« imitierte sie eine jüngere, aber in gutmütigem Spott. »Weißt du nicht mehr, wie wir uns früher die Haare versaut haben mit unserer ›Blondie-Welle‹? Strohtrocken waren die Dinger und sind sofort abgebrochen!«
    »Bei uns hieß das Zeug Minipli!« ergänzte Mady Runge lachend. »Und so richtig komplett war’s nur, wenn du dir die Haare noch gleichzeitig blondiert hast auf Teufel komm raus! Und dann jede Menge türkiser Lidschatten!«
    »’ne Zeit lang hatten wir alle die Haare im selben Rot gefärbt!« mischte sich eine andere ein, lachend. »Kinder, haben wir manchmal ausgesehen!«
    Geplänkel, matt vor Hitze. Sie einigten sich schnell auf
die Vergangenheit als Thema. Und die Zukunft. Urlaubspläne, eher bescheiden, machten die Runde. Julia, die nicht mitreden konnte, betrachtete sorgenvoll die Sanduhr an der Wand. Wie langsam fünfzehn Minuten verstreichen konnten! Sie war nach dem anstrengenden Fußmarsch schon mit heißen, pochenden Beinen hier angekommen und hätte vor dem ersten Saunagang gern ein wenig gerastet. Aber Erika, die Unermüdliche, kannte kein Pardon.
    »Was zu trinken gibt’s in der Sauna, und außerdem habe ich’ne Warmhaltekanne mit Tee dabei - Tee mit Schuß, versteht sich...«
    Und hatte sie umstandslos in den Badebereich des Hotels geführt, wo Renate und die anderen längst mit den Vorbereitungen begonnen hatten. Mady Runge fiel nicht auf zwischen den anderen; ihre Herzlichkeit hatte offenbar schnell das Eis gebrochen. Zeitschriften lagen herum, Romanheftchen, die wahrscheinlich Mady mitgebracht hatte. Und bald roch es nach Körpermilch und Deodorants, nach ätherischen Ölen und, verdächtigerweise, auch jetzt schon nach den angekündigten »Zusätzen« im Tee... Renate hatte ihr die Duschen gezeigt, einen großen Ruheraum und schließlich die Sauna selbst. Da dampften sie nun nebeneinander.
    »Wer bist du denn überhaupt?«
    Eine

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