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Ostseeliebe

Ostseeliebe

Titel: Ostseeliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Jaskulla
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Der alte Weber wiederholte sich.
    »Auf jeden Fall hat sie inzwischen so viele Kofferpaare angesammelt, daß sie manchmal selbst den Überblick verliert. Sie weiß, glaube ich, nicht mehr, wie viele Koffer sie hat, geschweige denn, in welchem Koffer was zu finden ist!«
    »Kein Wunder bei dem Leben!« spöttelte Johannsen gutmütig.
    »Jedes Leben ist so, jedes...« Das war wieder Hilda.
    »Und dabei schläft sie dann eben öfter ein. Ist auch schon mal bei ihrem eigenen Geburtstag passiert!« Johannsen wußte Bescheid.
    »Bei bei der Menge von Schnaps«, bemerkte Malte, durchaus respektvoll. Mady überlegte, was sie in zwei Koffer packen würde, wenn sie nur diese zwei hätte. Malte
wollte lieber einen Seesack, Jörg bestand auf Kisten. Sie plauderten, entspannt und nicht wirklich wartend. Der alte Weber schmauchte einen Stumpen, Anne Bult wedelte mit der Hand den Rauch fort. Schließlich kassierte Iris ab. Es war offenkundig, daß Marianne Brant nicht zurückkehren würde. Die Runde löste sich zögernd auf. Hilda schlüpfte in ihren Reitumhang und quälte sich in die hohen Schaftstiefel. Die anderen redeten noch beim Hinausgehen, müde und leiser jetzt, während Hilda den bequemen alten Sattel auf Denvers Rücken hob, festzurrte und aufstieg. Das Leder knarzte.
    »Na, alter Junge! Kinder, das nächste Mal weniger Schnaps! Na, denn mal los!«
    »Nicht, daß du in’ne Polizeikontrolle gerätst!« kicherte Jeanette, die auch schon einmal deutlicher gesprochen hatte. Verflixt, auch mit den Fahrradschlössern waren sie einmal besser zurechtgekommen.
    »Ich glaub’, wir schieben lieber,« sagte Julia.
    »Bist du verrückt? Geht doch einfach nur bergab!« Jeanette wurde mutig.
    Hinter ihnen trat Doktor Bohnen mit seinen Gästen aus der Tür. Er tat so, als sei er überrascht, Hanno hier zu treffen, dabei mußte er ihn längst in Marianne Brants Gaststube bemerkt haben.
    »Tja, und dann gibt es eben immer noch Herrschaften, denen es nicht reicht, Freunde - was soll ich sagen, ehemalige Freunde, natürlich! - und Kollegen in den Ruin getrieben zu haben. Nein, jetzt müssen sie sich auch noch auf der Insel als Naturschützer hervortun! Das wird noch mal der Ruin, wenn hier überhaupt keine Autos mehr fahren können. Aber manche Leute wollen das hier eben zum Museum machen, einem Museum, in dem sie selbst allerdings bequem herumkutschieren und den großen Abräumer spielen. Drücke ich mich klar aus? - Oh, guten Abend, Herr Kollege
- oder besser gesagt, Herr Ex-Kollege! Wie laufen die Geschäfte? Von Geschäften muß man ja wohl reden, nicht wahr, nicht mehr von gesellschaftlichen Aufgaben, wie?!«
    Er lachte böse. Hanno hatte scharf Luft geholt, als Doktor Bohnen seinen Monolog begann, die Anspannung war ihm deutlich anzumerken, aber er sagte nichts.
    »Nun, sicher, da kann schon mal die eine oder andere Sau draufgehen, wenn der Herr Doktor sich wieder einmal als Chauffeur verdingt, nicht wahr? Aber es sind ja bloß Sauen, ist ja bloß die Existenzgrundlage für die paar übriggebliebenen Landwirte!« Er wandte sich an seine Begleiter, die nicht recht zu begreifen schienen, was hier vor sich ging. »Sie müssen nämlich wissen, daß hier eigentlich schon noch genug zu tun wäre, auch für zwei Tierärzte. Aber Hanno Minarek versteht was vom Geschäft, der versteht, wie man die Konkurrenz vertreibt, stimmt’s? Geschickt eingefädelt, mein Junge, geschickt eingefädelt! Paß nur auf, daß du nicht alle Tiere selber abschaffst, bei deiner sprichwörtlichen Fürsorge.«
    Hanno machte einen Satz nach vorn. Julia glaubte, er wollte sich auf Bohnen stürzen, aber nein! Hanno rannte an ihm vorbei - er flüchtete! Julia ließ das Fahrrad fallen, eilte ihm nach, holte ihn ein, wollte sich bei ihm einhaken, etwas Beruhigendes sagen. Er schüttelte ihren Arm ab. So gingen sie nebeneinander her, schweigend, schnell. Bald waren sie ganz allein. Die anderen waren bei Marianne Brant zurückgeblieben, und das vertraute Hufeklappern und Schnauben von Denver hatte sich schon lange vor ihnen verloren. Der gänzlich dunkle Wald troff vor Nässe, der Boden war schwer und dumpf. Julia kämpfte mit dem Reißverschluß ihrer Jacke. Es war empfindlich kalt. Die alte Ungeschicklichkeit! Hannos Mantel schwang weit offen, er schien die Kälte nicht zu bemerken, hatte das Kinn vorgeschoben, und wirre Haarsträhnen fielen ihm in die Stirn, so daß Julia seine Augen nicht sehen konnte.

    »Hanno!«
    Er reagierte nicht. Als sie seinen Namen

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