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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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noch. Wahrscheinlich ein Virus.« Sie war wütend, daß jemand in ihr System eingedrungen war und es möglicherweise irreparabel beschädigt hatte, aber gleichzeitig schien ihr das eine eigenartig gemäßigte Reaktion von der Sorte Mensch zu sein, die einen solchen Club führte. Sie schickte ihr Phage-Gear auf die Suche nach dem infiltrierenden Code. Es mußte nicht sehr lange suchen.
    »Was zum Teufel…?«
    !Xabbu merkte ihre Verblüffung. »Was ist los, Renie?«
    »Das hat dort nicht zu sein.«
    Vor ihnen im virtuellen Raum, viel realistischer dargestellt als das glattflächige Büromobiliar, hing ein durchscheinender, gelb glitzernder, facettierter Gegenstand.
    »Sieht aus wie ein gelber Diamant.« Ein Bild, schleierhaft wie ein Traum, stieg in ihr auf – eine reinweiße Gestalt, eine leere Person aus Licht – und verschwand gleich wieder.
    »Ist es eine Computerkrankheit? Ist es etwas, was diese Leute geschickt haben?«
    »Ich weiß es nicht. Ich meine mich erinnern zu können, daß etwas damit war, kurz bevor wir offline gingen, aber es ist alles sehr wirr. Die späteren Ereignisse, als ich zurück in die Höhle ging, um dich zu holen, sind mir weitgehend entfallen.« Der gelbe Edelstein hing vor ihr und starrte sie an wie ein emotionsloses goldenes Auge.
    »Ich muß wirklich mit dir reden, Renie.« !Xabbu klang unglücklich. »Ich muß dir davon erzählen, was dort mit mir geschehen ist.«
    »Nicht jetzt.« Sie setzte eilig ihr Analyseprogramm auf den Edelstein an – oder auf das, was der Edelstein darstellte. Als wenige Momente später die Ergebnisse zurückkamen und den fremden Gegenstand umringten wie ein System winziger Textplaneten, die um eine kantig geschliffene Sonne kreisten, pfiff sie vor Überraschung durch die Zähne. »Es ist Code, aber derart komprimiert, daß er gewissermaßen hart wie Stahl ist. Eine unglaubliche Menge Information ist da reingepackt. Wenn es ein destruktiver Virus ist, dann enthält er genug Information, um ein System umzuschreiben, das viel größer ist als meins.«
    »Was wirst du machen?«
    Renie antwortete ihm nicht gleich, weil sie hastig ihre früheren Verbindungen durchforstete. »Wo es auch hergekommen ist, jetzt hat es sich jedenfalls an mein System geheftet. Aber soweit ich sehe, ist keine Spur davon auf meinem Teil des TH-Netzes zurückgeblieben – wohl auch besser so. Mein Gott, das Pad platzt aus allen Nähten, ich hab kaum mehr Speicherplatz frei.« Sie brach ihre Verbindung zur Hochschule ab. »Ich glaube, ich kann dieses Ding auf meinem kleinen System hier nicht einmal aktivieren, vielleicht ist es damit ja neutralisiert. Andererseits verstehe ich nicht, warum jemand einen Virus veranlassen sollte, sich in ein System herunterzuladen, das viel zu klein für ihn ist. Davon abgesehen verstehe ich sowieso nicht, warum jemand einen derart großen Virus machen sollte – das ist, als wollte man einen Elefanten zur Observation in einer Telefonzelle einsetzen.«
    Sie schaltete ihr System aus, setzte die Brille ab und sank auf ihr Bett zurück. Gelbe Lichtpünktchen flirrten ihr vor den Augen wie kleinere Vettern des Diamanten. !Xabbu setzte ebenfalls die Goggles ab und beäugte das Pad voller Mißtrauen, als ob gleich etwas Unerfreuliches herauskriechen könnte. Dann richtete er seinen besorgten Blick auf sie.
    »Du siehst blaß aus. Ich werde dir ein Glas Wasser einschenken.«
    »Ich muß ein System finden, das stark genug ist, daß das Ding sich aktivieren kann«, dachte Renie laut vor sich hin, »aber das mit keinem anderen System verbunden ist – groß und isoliert muß es sein, steril. Ich könnte das wahrscheinlich in einem der Labors an der TH zuwege bringen, aber ich müßte eine Menge Fragen beantworten.«
    !Xabbu reichte ihr vorsichtig ein Glas. »Solltest du es nicht zerstören? Wenn diese Leute es gemacht haben, die Leute aus dem schrecklichen Club, dann muß es ein gefährliches Ding sein.«
    »Aber wenn es aus dem Club kommt, dann ist es der einzige Beweis, den wir haben, daß wir tatsächlich da waren! Noch wichtiger ist, daß es Code ist, und Leute, die höheren Code schreiben, haben ihren eigenen Stil, genau wie Regisseure oder Künstler. Wenn wir rausfinden können, wer das Gear für Mister J’s schmutzige Seite schreibt – na, jedenfalls ist es ein Ausgangspunkt.« Sie leerte das Glas in zwei langen Zügen; sie hatte gar nicht gewußt, wie durstig sie war. »Ich werde nicht aufgeben, bloß weil sie mir Angst eingejagt haben.« Sie ließ sich in

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