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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schrie der Gott. »Ich muß wichtige Entscheidungen treffen. Ich kann alles noch langsamer machen, wenn du nicht kooperierst.« Er suchte fieberhaft nach einer wirksamen Drohung. »Ich kann dafür sorgen, daß du für alle Zeit so bleibst!«
    Zu guter Letzt kam die Stimme wieder und sprach mit ihm. Sie beantwortete sogar mehrere seiner Fragen, aber nicht immer so, daß er etwas damit anfangen konnte. Zwischen den wenigen deutlichen Sätzen kreischte und zischte sie und bellte manchmal wie ein Hund. Einmal war sie die Stimme von jemandem, den er einmal gekannt hatte und der jetzt tot war.
    Als die Audienz beendet war, verspürte der Gott keine Lust mehr auf seine Sänfte oder seine Träger, nicht einmal mehr auf den großen Fluß. Er begab sich direkt und augenblicklich nach Abydos-Olim in seinen Saal, löschte alle Lichter, schickte alle Priester hinaus und saß sehr lange schweigend im Dunkeln.

Kapitel
Die Leiter hinauf
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    Finanzierung des Marsprojekts fraglich
    (Bild: Marshorizont mit Blick auf die Erde)
    Off-Stimme: Finanzierungsprobleme könnten dazu führen, daß der uralte menschliche Traum, den Mars zu erobern, fürs erste ausgeträumt ist.
    (Bild: MBC-Roboter bei der Arbeit auf der Marsoberfläche)
    Nachdem ANVAC und Telemorphix, die beiden größten Sponsoren, ihr Engagement eingestellt haben, sieht es so aus, als würde das Projekt »Mars Base Construction«, seit langem schon Zielscheibe der Angriffe linker wie rechter Interessenverbände, auch die Unterstützung im Kongreß verlieren. Präsident Anford hat versprochen, sich nach anderen Sponsoren aus der Wirtschaft umzuschauen, aber seine Anfrage bei der Gouverneursversammlung — ein offizielles Eintreten für das Projekt, das ein Sprecher von UNSpace als »ziemlich lauwarm« bezeichnete — dürfte die Gouverneure, die Infrastrukturprobleme in ihren eigenen Staaten und Städten haben, wohl kaum zu praktischen Schritten bewegen …
     
     
    > Renie ging gleich beim ersten Blinken dran. Als der Bildschirm schwarz blieb, meinte sie zu wissen, wer es war.
    »Irene Sulaweyo?«
    »Du kennst also auch meine Nummer in der Arbeit.« Das Versteckspiel dieser Martine fuchste sie ein wenig. »Hast du nur auf gut Glück getippt, daß ich schon vor Unterrichtsbeginn hier sein würde?«
    »Bitte, Frau Sulaweyo, vergiß nicht, daß du diejenige warst, die zuerst nach mir gesucht hat.« Die Französin klang amüsiert. »Ich hoffe, du stellst dich jetzt nicht an, nur weil ich die Initiative übernommen habe.«
    »Das ist es nicht. Ich habe einfach nicht erwartet…«
    »Daß ich dich so leicht ausfindig machen würde? Information ist mein Geschäft, wenn du mir ein altes Klischee verzeihst. Und ich weiß inzwischen viel mehr über dich als bloß deine Nummer am Arbeitsplatz und deinen momentanen Aufenthaltsort, Frau Sulaweyo. Ich kenne deine berufliche Laufbahn, deine schulischen Leistungen, dein Gehalt. Ich weiß, daß deine Mutter Miriam, die bei dem Brand im Shopper’s Paradise umkam, ihrer Abstammung nach eine Xhosa war, daß dein Vater Joseph ein Halb-Zulu ist und zur Zeit als arbeitsunfähig geführt wird. Ich weiß über deinen Bruder Stephen im Krankenhaus von Durban Outskirt Bescheid. Ich weiß, welche Netzdienste du abonniert hast, welche Bücher du dir herunterlädst, sogar welche Biersorte dein Vater trinkt.«
    »Warum erzählst du mir das?« fragte Renie bissig.
    »Weil du wissen sollst, daß ich gründlich bin. Und weil ich diese Dinge für mich selbst herausfinden mußte, wissen mußte, wer du wirklich bist, bevor ich mit dir reden konnte.«
    Diesmal konnte sie die Wut in der Stimme nicht verhehlen. »Also habe ich den Test bestanden? Danke. Merci.«
    Eine lange Pause trat ein. Als die geheimnisvolle Frau wieder das Wort ergriff, war ihre Stimme sanfter. »Du hast mich gesucht, Frau Sulaweyo. Ich bin sicher, du legst Wert auf deine Privatsphäre. Ich auch.«
    »Und wie soll’s jetzt weitergehen?«
    »Ah.« Martine Desroubins wurde schlagartig geschäftlich. »Das ist eine ausgezeichnete Frage. Ich denke, ein kontrollierter Informationsaustausch wäre angebracht. Du sagtest, du hättest meinen Namen über Susan Van Bleeck erfahren. Ich hatte gehofft, mit ihr über ein Thema sprechen zu können, das mich interessiert. Vielleicht verbindet dieses Interesse uns, dich und mich.«
    »Welches Thema – welches Interesse wäre das?«
    »Immer der Reihe nach.« Die unsichtbare Frau hörte sich an, als machte sie es sich gemütlich. »Erzähl

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