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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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irgendwas über ihn wissen.«
    Fredericks runzelte die Stirn. »Klingt nicht gut. Woher wissen wir, daß er’s wirklich macht?«
    »Ach, was denn sonst? Wird er vielleicht eine kleine Simulation aus dem Zylinder zaubern, daß wir denken, wir wären im megachizzigsten Banditenknoten in der Geschichte des Netzes? Mach halblang, Frederico.«
    »Okay. Ich wünschte bloß, er würde sich damit beeilen.« Fredericks schwebte zum MBC-Display und starrte grimmig die wühlenden Marsroboter an.
    Orlando öffnete ein Datenfenster und vergewisserte sich, daß er alle Angaben über die verschiedenen Handles und Firmennamen im Zusammenhang mit dem Wachgreif richtig im Gedächtnis hatte, aber er schlug damit bloß die Zeit tot. Es war im Grunde nicht nötig, sich irgend etwas zu merken. Selbst wenn TreeHouse’ Sicherheitsgear ihn daran hinderte, eine direkte Verbindung zu seiner eigenen Datenbank herzustellen, gab es andere Methoden, mit denen er Informationen hin und her bewegen konnte. Er hatte den ganzen Abend über Pläne gemacht. Wenn ihn jetzt bloß seine Eltern in Ruhe ließen …
    Er war früh auf sein Zimmer gegangen, angeblich weil er sich nach dem Termin bei Doktor Vanh müde fühlte. Seine Eltern hatten nicht viel dagegen gehabt – es war ziemlich offensichtlich, daß Vivien mit Conrad unter vier Augen darüber sprechen wollte, was der Arzt gesagt hatte. Es war jetzt zehn. Es konnte sein, daß Vivien noch einmal nach ihm sah, bevor sie zu Bett ging, aber wahrscheinlich würde es ihm nicht sonderlich schwerfallen, sich schlafend zu stellen, und die neue T-Buchse müßte er eigentlich mit dem Kissen verstecken können. Damit blieben ihm wenigstens sieben Stunden, was reichlich Zeit sein müßte.
    Er sah zu Fredericks hoch, der immer noch sorgenvoll auf das MBC-Fenster stierte, als ob er eine Mutterhenne wäre und die kleinen Grabroboter ausreißende Küken. Orlando grinste.
    »He, Frederico. Das kann Stunden dauern. Kriegst du deshalb irgendwie Probleme? Zuhause, meine ich.«
    Fredericks schüttelte den Kopf. »Nee. Die kommen erst spät von ’ner Party am andern Ende vom Komplex zurück.« Fredericks’ Familie wohnte in den Hügeln von West Virginia. Beide Eltern waren beim Staat beschäftigt, irgendwas mit Stadtplanung. Fredericks erzählte nicht viel von ihnen.
    »Da fällt mir ein, ich hab dich nie gefragt, wo der Name ›Pithlit‹ herkommt.«
    Sein Freund warf ihm einen mürrischen Blick zu. »Nein, hast du nicht. Wo kommt ›Thargor‹ her?«
    »Aus einem Buch. Ein Junge, mit dem ich früher zur Schule ging, dem sein Vater hatte einen Haufen alter Bücher – richtig aus Papier. Bei einem war außen drauf ein Bild von so einem ho-ying Typen mit Schwert. Es hieß ›Thangor‹ oder so ähnlich. Ich hab es einfach ein bißchen verändert, als ich in Mittland anfing. So, und ›Pithlit‹?«
    »Weiß ich nicht mehr.« Es hörte sich nicht so an, als ob es die Wahrheit wäre.
    Orlando zuckte mit den Achseln. Mit Gewalt war aus Fredericks nichts rauszuholen, aber wenn man ihn in Ruhe ließ, rückte er irgendwann von selbst damit heraus. Das war eine der Sachen, die Orlando inzwischen über ihn wußte. Komisch, sich vorzustellen, wie lange er ihn schon kannte. Dafür, daß sie nur übers Netz verkehrten, hielt die Freundschaft schon verflucht lange.
    Der Eingang zu Orlandos elektronischem Schlupfwinkel blinkte. »Wer da?« fragte er.
    »Scottie.« Die verzerrte Stimme hörte sich jedenfalls gleich an, und es war nicht einfacher, ein Verzerrungsmuster nachzuahmen, als eine wirkliche Stimme.
    »Eintritt.«
    Der nackte Sim, der in der Mitte des Zimmers auftauchte, war so primitiv, daß er als Gesicht nur Punkte für die Augen und einen Schlitz für den Mund hatte. Der eierschalenweiße Körper war von Kopf bis Fuß mit tätowierungsähnlichen Kalibrierungszeichen bedeckt. Als typischer Techniker, der er allem Anschein nach war, hatte »Scottie« sich nicht die Mühe gemacht, etwas anderes als seine Arbeitsmontur anzuziehen, bevor er ausging. »Seid ihr soweit?« fragte er schleifend und kratzend wie eine alte Schallplatte. »Gebt mir eure Handles – Indexe braucht ihr keine, aber ihr braucht Benennungen.«
    Fredericks starrte den Testsim mit einer Mischung aus Mißtrauen und Faszination an. »Wirst du uns wirklich nach TreeHouse bringen?«
    »Keine Ahnung, wovon du redest.«
    »Aber…!«
    »Sei still, du Oberscänner.« Orlando schüttelte den Kopf. Fredericks konnte doch nicht im Ernst erwarten, daß dieser Typ sich

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