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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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keine Mitteilung von Frau Bundazi wegen Hintergehung der TH enthielt – und rief einige Dateien über Unternehmen im Inneren Distrikt auf. Sie fand Mister J’s, eingetragen als »Spiel- und Vergnügungsclub« und zugelassen ausschließlich für erwachsene Besucher. Der Club gehörte einer sogenannten »Happy Juggler Novelty Corporation« und hatte zuerst »Mister Jingo’s Smile« geheißen.
    Während sie in jener Nacht auf den Schlaf wartete, kamen ihr Bilder von der ekligen Fassade des Clubs, von Türmchen wie spitzen Idiotenköpfen und von Fenstern wie glotzenden Augen. Am schwersten abzuschalten war die Erinnerung an den riesigen beweglichen Mund und die Reihen schimmernder Zähne über der Tür – einem Eingang ohne Ausgang.

Kapitel
Der Flieger
    NETFEED/MUSIK:
    Drone »Bigger Than Ever«
    (Bild: ein Auge)
    Off-Stimme: Ganga Drone Musik wird dieses Jahr »stärker denn je« werden, meint einer ihrer führenden Vertreter.
    (Bild: eine Gesichtshälfte, glitzernde Zähne)
    Ayatollah Jones, der für die Dronegruppe Your First Heart Attack singt und Neurokithara spielt, erklärte uns:
    Jones: »Wir … die Sache … wird … stark. Mordo stark. Stärker …«
    (Bild: sich verschränkende Finger, viele Ringe, Schönheitshäutchen)
    Jones: »… denn je. Ungeduppt. Echt stark.«
     
     
    > Christabel Sorensen war keine gute Lügnerin, aber mit ein wenig Übung wurde sie besser.
    Sie war eigentlich kein böses Mädchen, obwohl einmal ihr Fisch gestorben war, weil sie ihn mehrere Tage lang zu füttern vergessen hatte. Sie hielt sich auch nicht für eine Lügnerin, obwohl es manchmal einfach … bequemer war, nichts zu sagen. Als darum ihre Mutter sie fragte, wo sie hinwolle, lächelte sie und sagte: »Portia hat Otterland. Es ist ganz neu, und es ist, als ob du richtig schwimmst, bloß daß du atmen kannst, und es gibt einen Otterkönig und eine Otterkönigin …«
    Ihre Mutter winkte ab, um dem Redefluß Einhalt zu gebieten. »Das klingt doch nett, Liebes. Bleib nicht zu lange bei Portia – Papi wird zum Essen da sein. Ausnahmsweise.«
    Christabel grinste. Papi arbeitete zu viel – das sagte Mami immer. Er hatte einen wichtigen Posten als Sicherheitschef des Militärstützpunkts.
    Christabel wußte nicht genau, was das hieß. Er war sowas wie ein Polizist, bloß bei der Armee. Aber er trug keine Uniform wie die Armeesoldaten in Filmen.
    »Kann’s Eis geben?«
    »Wenn du rechtzeitig heimkommst und mir beim Erbsenschälen hilfst, gibt’s Eis.«
    »Okay.« Christabel zockelte los. Als sich die Tür mit dem bekannten Saugton hinter ihr schloß, mußte sie lachen. Manche Geräusche waren einfach zu komisch.
    Sie wußte, daß der Militärstützpunkt anders war als die Städte, in denen die Leute in den Netshows wohnten oder sogar in anderen Gegenden von North Carolina, aber sie wußte nicht warum. Es gab dort Straßen und Bäume und einen Park und eine Schule – eigentlich zwei Schulen, denn es gab eine Schule für erwachsene Armeebedienstete und eine für Kinder wie Christabel, deren Eltern auf dem Stützpunkt lebten. Papis und Mamis gingen normal gekleidet zur Arbeit, fuhren Autos, mähten ihren Rasen, luden sich gegenseitig zum Essen und Feiern und Grillen ein. Der Stützpunkt hatte zwar ein paar Sachen, die die meisten Städte nicht hatten – einen doppelten elektrischen Zaun ringsherum zum Schutz gegen die übervölkerte Hängemattensiedlung jenseits des Grünstreifens und drei verschiedene Häuschen, Kontrollpunkte genannt, an denen alle Autos vorbeifahren mußten –, aber allein deswegen, fand sie, mußte er noch lange kein Stützpunkt sein und nicht einfach ein ganz normaler Ort, wo man wohnte. Die anderen Kinder in der Schule hatten genau wie sie ihr Leben lang auf Stützpunkten gelebt und verstanden es deshalb auch nicht.
    Sie bog links in die Windicott Lane ein. Wenn sie wirklich zu Portia gegangen wäre, hätte sie rechts gemußt, weshalb sie froh war, daß die Straßenecke von ihrem Haus aus nicht zu sehen war, nur für den Fall, daß ihre Mutter ihr hinterherblickte. Es war ein wenig seltsam, Mami zu sagen, sie ginge irgendwo hin, und dann ganz woanders hinzugehen. Es war etwas Schlimmes, das wußte sie, aber nichts richtig Schlimmes, und es war sehr aufregend. Jedesmal, wenn sie es tat, fühlte sie sich ganz zittrig und neu, wie ein schlotterbeiniges Jungfohlen, das sie mal im Netz gesehen hatte.
    Von der Windicott bog sie um die Ecke in die Stillwell Lane. Sie hüpfte eine Weile und paßte dabei auf,

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