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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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darauf wartete, bis sie etwas Schlimmes tat, um dann sofort auf sie loszustürmen, wie sie es neulich abends in einem Krimi gesehen hatte, aber sie konnte keine Menschenseele entdecken. Sie holte den komischen rohen Schlüssel hervor, den Herr Sellars in der Seife gemacht hatte, und steckte ihn in das Schloß. Zuerst wollte er nicht richtig passen, aber sie ruckelte ihn ein paarmal hin und her, bis er ganz reinging. Sie versuchte ihn zu drehen, aber konnte ihn nicht bewegen. Dann fiel ihr die kleine Tube ein, die Herr Sellars ihr gegeben hatte. Sie zog den Schlüssel wieder heraus und preßte etwas von dem Schmierzeug aus der Tube in das Loch im Schloß. Sie zählte langsam bis fünf und versuchte es noch einmal. Das Schloß schnappte auf. Das Knacken und das plötzliche Lebendigwerden in ihrer Hand ließen Christabel vor Schreck zusammenfahren.
    Als keine Polizisten mit Pistolen und Panzeranzügen hinter den Metallschuppen hervorgestürmt kamen, zog sie die Tür auf. Drinnen war ein Loch im Betonboden, und eine Leiter führte hinunter, genau wie Herr Sellars gesagt hatte. Die Leiter war rauh an ihren Fingern, und Christabel schnitt ein Gesicht, aber sie hatte es versprochen, also kletterte sie hinunter. Obwohl sie unten im Loch nichts gesehen hatte, stieg sie nur sehr ungern hinein – Herr Sellars hatte gesagt, es wären keine Schlangen da, aber er konnte sich irren. Zum Glück war die Leiter nur kurz, und bevor sie zu große Angst kriegen konnte, war sie schon unten angekommen. Sie schaute sich am Boden um, aber in dem kleinen Raum unter der Erde waren keine Schlangen und auch sonst nichts drin außer dem, was sie suchte, nämlich eine viereckige Metalltür in der Wand.
    Christabel hockte sich neben der Tür hin, die breiter war als sie und die halbe Wand ausfüllte. An einer Seite war die Metallstange, die Herr Sellars den »Riegel« genannt hatte. Sie versuchte ihn aufzuruckeln, aber er rührte sich nicht. Sie holte ihre Tube hervor und drückte noch einmal das Schmierzeug heraus. Sie konnte sich nicht mehr recht erinnern, wo sie sie hintun sollte, deshalb preßte sie die ganze Tube über dem Riegel aus. Sie zählte wieder bis fünf und ruckelte dann abermals daran. Zuerst sah es nicht so aus, als wollte sich etwas bewegen. Nach einer Weile meinte sie, ein ganz leichtes Spiel zu spüren, aber auf ging der Riegel immer noch nicht.
    Sie setzte sich hin und dachte etwas nach, dann stieg sie die Leiter wieder hoch. Sie spähte aus der Tür, um sicherzugehen, daß immer noch niemand schaute, bevor sie sich aus dem Betonkasten traute. Es dauerte nicht lange, bis sie einen Stein gefunden hatte, der groß genug war.
    Christabel mußte nur ein paarmal zuschlagen, dann ging der kleine vorstehende Nippel an dem Riegel plötzlich nach unten, und sie konnte das ganze Ding hin und her schieben. Sie schob es so weit, wie es ging, in seinen Schlitz zurück, wie Herr Sellars es ihr gesagt hatte, und kletterte dann wieder die Leiter hoch in den nachmittäglichen Sonnenschein.
    Zufrieden mit sich, weil sie tapfer gewesen war und weil ihr die erste Sache, um die der komische alte Mann sie gebeten hatte, so gut gelungen war, stand sie neben ihrem Fahrrad und sah den Betonkasten an. Er war wieder zugeschlossen, und der Schlüssel steckte in ihrer Tasche. Es war ein Geheimnis, das nur sie und Herr Sellars kannten. Es gab ihr ein kribbliges, aufgeregtes Gefühl. Jetzt waren nur noch zwei Aufgaben übrig.
    Sie setzte kurz ihre MärchenBrille auf, um noch einmal Herrn Sellars’ Liste zu lesen. Sie schaute auf ihre Otterwelt-Uhr – Pikapik, der Otterprinz, hielt die Zahlen 14:00 zwischen den Pfoten, was bedeutete, daß sie noch fünfzehn Minuten hatte, um zum nächsten Ort zu gelangen. Sie vergewisserte sich, daß die Bolzenschere noch im Einkaufsbeutel in ihrem Fahrradkorb war, dann stieg sie auf den Sitz und radelte davon.
     
     
    > Bis auf die Nasenspitze und die Ecken der Backenknochen war Yacoubians Gesicht blaß vor Wut geworden, einen ganzen Ton heller als seine normale olivdunkle Hautfarbe.
    »Sag das nochmal. Langsam. Damit ich deinen nächsten Anverwandten sagen kann, wie du aussahst, bevor ich dir den Kopf abriß und damit jede Hoffnung auf eine Aufbahrung vor der Beisetzung zunichte machte.«
    Der junge Tanabe bedachte ihn mit einem kühlen Lächeln. »Ich sage es dir gern noch einmal, General. Alle nicht zu Telemorphix gehörenden Personen, die das Labor betreten – alle –, werden vorher durchsucht. Punkt. Anordnung von

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