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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Verfügung, und das war ihr Ergebnis. Was bedeutete, daß Olga sich weitere eigene Nachforschungen sparen konnte. Warum fühlte sie sich da nicht besser?
    Am anderen Ende des Zimmers blickte die Onkel-Jingle-Figur sie mit schwarzen Knopfaugen und gebleckten Xylophonzähnen an. Sein breites Grinsen war im Grunde hämisch, oder? Wenn man genauer hinschaute.
    Es ist merkwürdig, dachte sie. Es soll Millionen Fälle von dieser Sache geben, und kein einziger davon hat sich je in die Sendung eingeschaltet. Dabei ist es bestimmt schwer, auf der Welt ein Kind zu finden, das nicht irgendwann mal bei Onkel Jingle eingestöpselt war.
    Das Zimmer fühlte sich kalt an. Olga wünschte plötzlich, die Sonne würde zurückkommen.
    Eigentlich ist das mehr als nur ein bißchen merkwürdig. Das ist … äußerst unwahrscheinlich.
    Aber was konnte es anderes sein als Zufall, daß viele Kinder Symptome hatten, die vom Netz herrührten, aber keines davon jemals bei ihrer Sendung mitgemacht hatte. Daß an den Anlagen der Firma etwas ganz besonders gut war? Ganz besonders gesund?
    Oder… Sie zog Mischa näher zu sich. Der Hund winselte und schlug kurz mit den Pfoten, als ob er in einem Traumfluß paddelte; dann beruhigte er sich wieder. Im Zimmer wurde es jetzt ziemlich dunkel.
    Oder genau das Gegenteil? So schlecht, daß jemand andere Leute davon abbringen wollte, eine Verbindung zwischen den beiden herzustellen?
    Das ist absurd, Olga. Albern. Das müßte jemand mit Absicht machen. Du bist von den Kopfschmerzen zur Paranoia fortgeschritten.
    Aber der ungeheuerliche Gedanke wollte nicht weggehen.

 
Kapitel
     
Küchenleben
     
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    Chargesüchtige müssen wählen
    (Bild: Wartezimmer im Great Ormond Street Hospital)
    Off-Stimme: Englands erste liberaldemokratische Regierung aller Zeiten hat die Chargesüchtigen des Landes vor die Wahl gestellt: Entweder sie lassen sich ihre Neurokanülen — »Cans«, wie die Süchtigen, »Heads« in ihrem Jargon, sie nennen — dauerhaft mit einem Polymerleim versiegeln, oder sie finden sich mit einem Softwareelement ab, einem sogenannten »Gearfilter«, der jede unzulässige Programmierung abblockt und auch so eingestellt werden kann, daß er hilfreiche unterschwellige Effekte erzeugt. Nach dem neuen Gesetz müssen alle registrierten Süchtigen einer dieser beiden Möglichkeiten zustimmen, wenn sie weiter von ihren Neurokanülen Gebrauch machen wollen. Bürgerrechtsgruppen reagierten empört …
     
     
    > Als das blaue Licht erlosch, war das Wasser plötzlich überall um sie herum. In einer unbegreiflichen Weise waren sie mittendrin, aber dennoch trocken und sausten durch feuchte Luft dahin, als ob der Fluß eine Röhre um sie gebildet hätte. Der Lärm war so laut, daß, wenn Orlando schrie, nicht nur Fredericks ihn nicht hören konnte, sondern er sich selbst auch nicht.
    Sie schossen mit hoher Geschwindigkeit durch eine Kurve, dann stieß das Vorderteil des Blattbootes unversehens steil nach unten. Orlando grapschte verzweifelt nach einem Halt, spürte aber, wie er vom Boot abhob und sich noch im Fall rückwärts bewegte.
    Das Licht veränderte sich. Unmittelbar darauf schlugen sie dermaßen hart irgendwo auf, daß Orlando erst, als er sich nach einem Augenblick der Benommenheit sinken fühlte, begriff, daß sie abermals im Wasser gelandet waren. Das Blattboot schien weg zu sein. Der Fluß oder der Wasserfall, oder was sonst daraus geworden war, stürzte fast direkt auf ihn drauf und wühlte die Wasseroberfläche dermaßen auf, daß er nicht mehr wußte, wo oben und unten war. Schließlich fiel sein Blick auf Fredericks, der ein kurzes Stück weiter mit dem Gesicht nach unten trieb, aber als er ihm etwas zurufen wollte, wurde sein Freund von dem Brausen und Strudeln erfaßt und unter Wasser gezogen.
    Orlando schöpfte tief Atem, tauchte hinter ihm her und sah sich um, bis er Fredericks’ regungslos sinkende Gestalt erblickte. Das Wasser war leuchtend klar, und der Seeboden, den er vor sich sah, war eine durchgehende weiße Fläche. Orlando arbeitete sich mit kräftigen Tritten auf seinen Freund zu. Es gelang ihm, eine Hand in die Kapuze von Fredericks’ Pithlitumhang zu wickeln, dann strampelte er in die Richtung, die er für oben hielt, einen dunkleren Fleck inmitten einer gewölbten weißen Umrandung.
    Es schien ewig zu dauern. Fredericks’ schlaffes Gewicht war das Schwerste, was er je geschleppt hatte. Zuletzt, als ihm der Atem schon wie Feuer in der Brust brannte,

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