Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
gezeigt, wo sie einen Swimmingpool hatten, aber Christabel war trotzdem sehr traurig gewesen. Und daß Herr Sellars sie weggeschickt hatte, damit er mit dem Jungen reden und ihm etwas zu essen geben konnte, machte sie genauso traurig, so als ob etwas anders geworden wäre.
    Sie fragte sich, ob sie die MärchenBrille hervorholen und »Rumpelstilzchen« sagen und dann Herrn Sellars fragen sollte, warum er das tat, doch obwohl sie das wirklich ganz schrecklich wollte, war ihr klar, daß es eine schlechte Idee wäre, sie hier im Büro ihres Papis zu benutzen, wo dieser Mann mit dem Gesicht wie ein Stein ständig zu ihr herübersah. Auch wenn sie noch so leise flüsterte, war es eine schlechte Idee. Aber sie hätte es zu gern gewußt und mußte fast weinen deswegen.
    Die Tür zum Bürozimmer ihres Papis ging plötzlich auf, wie wenn die laute Stimme sie aufgedrückt hätte, die gerade redete.
    »… ist mir völlig egal, Major Sorensen. Nichts Persönliches, du verstehst, aber ich will endlich Resultate sehen.« Der Mann, der das sagte, stand in der Tür, und der Mann hinter dem Schreibtisch sprang auf, als ob sein Stuhl Feuer gefangen hätte. Der Mann, der gesagt hatte, es sei ihm egal, war nicht so groß wie ihr Papi, aber er sah sehr stark aus, und seine Jacke saß am Rücken straff gespannt. Sein Hals war sehr braun und hatte Runzeln.
    »Ja, Sir«, sagte ihr Papi. Zwei weitere Männer traten aus dem Büro und stellten sich beiderseits der Tür auf, so als wollten sie den Mann mit dem braunen Hals auffangen, falls er plötzlich umfiel.
    »Na, dann mach endlich Dampf, verdammt nochmal!« sagte der Mann. »Ich will ihn haben. Und wenn ich einen Kordon von hundert Meilen um diesen Stützpunkt ziehen und jedes einzelne Haus darin durchsuchen lassen muß, dann werd ich’s tun – so wichtig ist mir, daß er gefunden wird. Du hättest alles Notwendige veranlassen können, bevor er Zeit hatte, sich ein Versteck zu suchen, und ich hätte dafür gesorgt, daß General Pelham dich hundertprozentig deckt. Aber du hast die Sache verbaselt, und jetzt hat es nicht mehr viel Sinn, ein Hornissennest aufzustören. Also zieh die Sache auf deine Weise durch … aber zieh sie durch! Hast du mich verstanden?«
    Ihr Papi, der in einem fort nickte, während der andere sprach, erblickte Christabel über die Schulter des Mannes, und eine Sekunde lang wurden seine Augen ganz weit. Der Mann drehte sich um. Sein Gesicht war so grimmig, daß Christabel sicher meinte, er würde gleich losbrüllen, die anderen sollten gefälligst dieses Kind hier rausschaffen. Er hatte einen grauen Schnurrbart, viel kleiner und adretter als der von Captain Parkins, und seine Augen waren sehr hell. Einen Augenblick lang starrte er sie an wie ein Vogel einen Wurm, den er gleich fressen wird, und sie bekam es schon wieder mit der Angst zu tun.
    »Aha!« sagte er mit einer knurrigen Stimme. »Eine Spionin.«
    Christabel machte sich auf dem Stuhl ganz klein. Die Zeitschrift, die sie in der Hand gehalten hatte, fiel aufgeschlagen zu Boden.
    »Lieber Himmel, ich hab sie erschreckt.« Plötzlich lächelte er. Er hatte sehr weiße Zähne, und um seine Augen bildeten sich dabei Fältchen. »Schon gut, schon gut, ich hab bloß Spaß gemacht. Wer bist du, Kleines?«
    »Meine Tochter, Sir«, sagte ihr Papi. »Christabel, sag General Yacoubian hallo.«
    Sie versuchte sich daran zu erinnern, was ihr Papi ihr beigebracht hatte. Es war schwer, sich zu besinnen, wenn der Mann sie so anlächelte. »Hallo, General, Sir.«
    »Hallo, General, Sir«, wiederholte er und lachte, dann wandte er sich zu dem Mann um, der an Corporal Keegans Tisch gesessen hatte. »Hast du das gehört, Murphy? Wenigstens eine Person, die mit der Armee dieses Mannes zu tun hat, zeigt ein wenig Respekt vor mir.« Der General trat um den Schreibtisch herum und kniete sich vor Christabel hin. Er roch wie etwas, das sie immer am Putztag roch, wie Möbelpolitur vielleicht. Aus der Nähe waren seine Augen immer noch wie die eines Vogels, sehr hell, mit blassen Tüpfchen im Braun. »Und wie heißt du, Kleines?«
    »Christabel, Sir.«
    »Ich wette, du bist der ganze Stolz deines Papas.« Einen kurzen Moment lang kniff er sie in die Backe, ganz sanft, dann stand er auf. »Sie ist ein Goldstück, Sorensen. Bist du gekommen, um deinem Papa bei der Arbeit zu helfen, Herzchen?«
    »Ich weiß selbst nicht so recht, warum sie hier ist, Sir.« Ihr Papi kam auf sie zu, fast als wollte er ganz nahe sein, damit er verhindern

Weitere Kostenlose Bücher