Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer
sie gesagt.
Natürlich war das nichts. Aber ein Nichts, das ein klein wenig besser war als alles bisher.
> »Gerade als Anwalt, Herr Ramsey, hast du sicher Verständnis dafür, daß wir die Privatanschlüsse unserer Darsteller oder sonstige privaten Informationen nicht weitergeben können. Völlig ausgeschlossen. Unmöglich.« Auch während sie ihm diese Abfuhr erteilte, veränderte sich das Lächeln der PR-Frau nicht. Überhaupt, mit dem schimmernden, animierten Onkel-Jingle-Poster über der ganzen Wand hinter ihr und dem dazugeschalteten kleinen Fenster, in dem die Live-Übertragung der Sendung lief, war ihr eingefrorenes, professionelles Grinsen so ziemlich das einzige, was sich auf Catur Ramseys Wandbildschirm nicht bewegte.
»Ich will ihren Privatcode gar nicht haben, Frau Dreibach. Aber ich muß sie in einer überaus wichtigen Angelegenheit sprechen, und sie hat auf keine meiner Mitteilungen über die sonstigen Kanäle reagiert.«
»Das ist ihr gutes Recht, nicht wahr, Herr Ramsey?« Das Lächeln verlor ein wenig von seiner Maskenhaftigkeit – vielleicht wehte sie der leise Hauch einer Sorge an. »Wenn es dabei um rechtliche Dinge geht, solltest du dich da nicht lieber direkt an unsere Rechtsabteilung wenden?«
Im Live-Fenster wurde Onkel Jingle gerade von einem Wal verschluckt, jedenfalls wäre es zweifellos ein Wal gewesen, wenn diese Tiere aus Plastahlplatten gefertigt würden. Ramsey hatte im Laufe der letzten Woche genug Onkel Jingle geguckt, um zu wissen, daß diese Kreatur der Walzen-Wal genannt wurde. Onkel Jingles melodramatisches Entsetzen war kein rein vergnüglicher Anblick. Was dachten sich Kinder eigentlich, wenn sie sowas sahen? »Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt«, sagte er und riß sich von dem miniformatigen Spektakel los. »Olga Pirofsky hat nichts Unrechtes getan. Meine Mandanten haben nicht das geringste an Onkel Jingles Dschungel oder der Obolos Entertainment Corporation auszusetzen. Wir möchten einfach mit Frau Pirofsky über eine Sache reden, die für meine Mandanten sehr wichtig ist, und ich bitte dich um deine Hilfe, weil sie meine Anfragen nicht beantwortet.«
Frau Dreibach betätschelte ihre helmartige Hochglanzfrisur. Sie wirkte erleichtert, aber noch nicht völlig überzeugt. »Das freut mich zu hören, Herr Ramsey. Obolos ist auf dem Kinderunterhaltungssektor weltweit führend, mußt du wissen, und wir möchten nicht, daß gegenstandslose Gerüchte über irgendwelche Rechtsprobleme überall in den Netzen kursieren. Aber ich wüßte nicht, wie ich dir helfen könnte. Ich kann schließlich keine unserer Beschäftigten zwingen, deinen Anruf entgegenzunehmen.«
»Überleg bitte mal, ob dir nicht doch irgendwas einfällt. Könnte ihr jemand eine Nachricht von mir persönlich überbringen? Frau Pirofsky versichern, daß sie meinen Mandanten in einer sehr wichtigen Angelegenheit helfen könnte, ohne daß sie das mehr kostet als die paar Minuten für meinen Anruf?«
»Na ja …« Die PR-Frau hatte ihre kurze Anwandlung von Skepsis überstanden und schien jetzt über Kompromißmöglichkeiten nachzudenken. »Wir würden dich ungern mit dem Gefühl gehenlassen, daß wir hier vom ›Lustigsten Kanal im Netz‹ nicht unser Bestes getan hätten. Ich könnte dir den Dienstanschluß der Programmdirektorin geben, denke ich. Vielleicht kann sie … ups, diese Woche ist es ja ein Er!« Sie zog ein »Wie-dumm-von-mir!«-Gesicht, das zehn Punkte von ihrem IQ abzog und ihrem Aussehen beinahe genauso viele Jahre dazuschlug. »Vielleicht könnte er deine Mitteilung an Olga weiterleiten. An Frau Pirofsky.«
»Vielen Dank. Das wäre großartig, Frau Dreibach. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr du mir geholfen hast.«
Sie verstummte wieder, während sie in ihrer Liste nachschaute. An der Wand hinter ihr schlug Onkel Jingle ein endloses Rad, immer wieder herum und herum und herum.
Der Anruf kam kurz vor zehn, als er gerade dachte, er wäre vielleicht tatsächlich so weit, nach Hause gehen zu können. Er seufzte und ließ sich wieder in seinen Sessel sinken. »Annehmen.«
Die Verbindung war ohne Bild. Die Stimme klang sehr, sehr zögernd und hatte einen ganz schwachen Akzent, der ihm bei der Onkel-Jingle-Sendung niemals aufgefallen war. »Hallo? Ist dort jemand namens … Ramsey?«
»Decatur Ramsey, Frau Pirofsky. Am Apparat. Vielen herzlichen Dank, daß du mich zurückrufst. Ich weiß es wirklich zu schätzen, daß du als vielbeschäftigte Frau dir die
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