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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Leute hier nennen sie ›Luftdreherbüsche‹, ein zutreffender, wenn auch nicht sehr poetischer Name – und flußabwärts davongeweht wurde. Er erlebte zahlreiche Abenteuer in Ländern, die selbst an diesem Phantasieort phantastisch zu sein schienen, etwa im Land der Dreiköpfigen und im Land der Vögel mit Augen auf den Flügeln. Der Buschesser kam sogar in das unheimliche Land der seitlichen Felsen – was die Umschreibung einer echten Ebene sein könnte, vielleicht ein Relikt aus dem kollektiven Gedächtnis oder schlicht und einfach die widernatürlichste Geographie, die die Familie sich ausdenken konnte. Am Ende fand er eine schöne Frau und viele ›Flugse‹, ein Wort, das ich immer noch nicht verstehe, aber das Wohlstand zu bezeichnen scheint, war jedoch im ganzen von dem Erlebnis so erschüttert, daß er einen großen Stein verschluckte, damit es ihn nie wieder wegwehen konnte. So verlebte er den Rest seiner Tage auf den Simsen der Felswand, ohne fliegen zu können.
    Ich konnte nicht erkennen, ob das als glückliches oder trauriges Ende gemeint war. Vielleicht von beidem etwas.
    Man setzte uns abermals zu essen vor, diesmal frisches Fleisch und Obst, und wir verzehrten alle eine Anstandsportion. Es ist schwer zu sagen, welchen Effekt das Essen in dieser virtuellen Umgebung auf uns hat. Selbstverständlich wirkt es sich nicht auf unsere physischen Körper aus, aber so viele unserer inneren Vorgänge scheinen durch die Kräfte beeinflußt zu werden, die uns hier festhalten, daß man sich fragen muß, wie umfassend die Verbindung von Geist und Körper ist. Bekommen wir Energie, wenn wir hier etwas essen, wie in manchen altmodischen Spielen, wo die eigenen Kräftereserven nicht unter einen bestimmten Stand fallen dürfen? Wer weiß. Sweet William hat sich gelegentlich beklagt, daß ihm der Genuß des Essens fehle, und T4b in seiner sprachlich unbeholfenen Art auch, aber keiner von uns hat nachteilige körperliche Auswirkungen gespürt.
    Nachdem die Geschichte aus war, wies uns Baut-ein-Feuer-auf-Luft seine Höhle an, wo seine Frauen – oder seine Schwestern, das könnte genausogut sein – uns Lagerstätten zurechtmachten.
    Meine Gefährten schliefen ziemlich rasch ein, aber ich konnte keinen Schlaf finden, weil mir die ganzen Dinge durch den Kopf gingen, die ich über mich und das Netzwerk erfahren hatte, und weil mich Fragen plagten, auf die ich noch keine Antworten hatte. Zum Beispiel ist klar, daß wir niemals gegen die Strömung des Luftflusses wieder zurück- und hinauskommen, und so sind wir mehr oder weniger dazu verurteilt, nach einem anderen Durchgang Ausschau zu halten. Ich fragte mich und frage mich immer noch, ob das zum Plan von Otherland gehört – ob die Strömung des Flusses Besucher Station für Station durch das ganze Netzwerk befördern soll.
    Dies führt mich natürlich gleich zu den nächsten Fragen, nämlich wie groß das Netzwerk ist, wie viele Simulationen es insgesamt umfaßt und wie groß unsere Chancen sind, Renie und die anderen wiederzufinden, wenn wir das Ding nach dem Zufallsprinzip durchforschen müssen.
    Später hatte ich einen Traum. Ich war wieder in den verdunkelten Korridoren des Pestalozzi Instituts und suchte nach meinen Eltern, während gleichzeitig irgend etwas nach mir suchte, etwas, von dem ich nicht wollte, daß es mich fand. Ich wachte schweißgebadet auf. Als ich nicht sofort wieder einschlafen konnte, kam es mir wie eine gute Gelegenheit vor, dieses Journal auf den neuesten Stand zu bringen …
    Draußen ist plötzlich lautes Lärmen zu hören. Die anderen in der Höhle werden gerade wach. Ich nehme an, ich sollte nachschauen gehen, was passiert ist. Ich höre Wut in einigen der Stimmen. Ich werde dieses Diktat später fortführen müssen.
    Code Delphi. Hier aufhören.«
     
     
    > Der Rhythmus hatte in seinem Unterbewußtsein angefangen, einer von diesen verrutschten Rhythmen, die nach und nach immer aggressiver werden und die Musik völlig übernehmen, eine Gangstervibe, die zuletzt das ganze Stück kidnappt. Wenn er in Sidney gewesen wäre, hätte er auf seine normale Art jagen können, und die Befriedigung hätte ziemlich lange vorgehalten. Doch statt dessen mußte er noch mindestens eine Woche in Cartagena bleiben und die letzten Spuren des Luftgottprojekts beseitigen, und er wagte nicht, etwas zu tun, womit er noch mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte.
    Er hatte bereits Anlaß gehabt, die Sache mit der Flugbegleiterin zu bereuen, deren Namen er

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