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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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war.
    Aber soweit Sellars in den kurzen Augenblicken, die ihm zwischen seinen Geplänkeln mit dem Andern zu Nachforschungen blieben, erkennen konnte, schienen die meisten aus seiner kleinen Schar immer noch innerhalb des Netzwerks am Leben zu sein. Noch überraschender – aber sein einziger echter Hoffnungsschimmer – war, daß er ihre Position und Situation zwar so gut wie gar nicht direkt ermitteln, sie aber dafür fast immer aus der Häufung von Aktivitäten des Andern erschließen konnte, so stark wurde dieser sonderbare und proteische Feind von ihnen angezogen.
    Mit anderen Worten, er hatte entdeckt, daß dort, wo der Andere im Netzwerk am aktivsten war, gute Aussichten bestanden, daß Sellars’ Verbündete in der Nähe waren.
    Zwar entfaltete der Andere seine eifrigste Betriebsamkeit nicht ausschließlich um Renie Sulaweyo, Orlando Gardiner und die anderen, aber zu einem großen Teil. Das war sehr gut für Sellars, doch er konnte nur hoffen, daß Jongleur und die übrigen Gralsmitglieder die Anomalie nicht bemerkten.
     
    Als die Nebel seiner Müdigkeit sich ein wenig lichteten, sah Sellars, daß seit seiner letzten Einschaltung mehrere Veränderungen im Garten geschehen waren. Etliche Pilztriebe des Andern hatten die Oberfläche durchstoßen, und an einer Stelle waren einige ursprünglich separate Untermengen über Nacht zusammengekommen und bevölkerten jetzt einen abgelegenen und bis dahin unberührten Abschnitt seiner verkehrten grünen Welt. Er überlegte kurz, ob diese neue Ballung bedeuten konnte, daß die versprengten Grüppchen, die vor kurzem unerklärlicherweise getrennt worden waren, wieder zusammengefunden hatten. Wenn ja, dann konnte auch das Anlaß zu Hoffnung sein. Er fragte sich überdies, ob es an der Zeit war, noch einen Versuch mit dem jungen Cho-Cho zu machen. Er hatte den Jungen das letzte Mal nicht ordentlich vorbereitet, soviel war jetzt klar – der erste Eintritt in das Netzwerk hatte ihm einen derartigen Schock versetzt, daß es keinen Zweck gehabt hätte, das Experiment fortzuführen –, aber es war dennoch Sellars’ größter Erfolg seit dem Fiasko in Temilún gewesen, da die Leute, die der Junge seiner Beschreibung nach gesehen hatte, sich sehr nach Irene Sulaweyo und ihrem Begleiter, dem Buschmann-Pavian, anhörten.
    Sellars wollte sich später mit der Möglichkeit befassen. Das Sicherheitssystem abzulenken und dann eine Anschlußleitung lange genug unbemerkt offenzuhalten, um den Jungen hindurchzubekommen, war grauenhaft schwere Arbeit. Er war sich nicht sicher, ob er dem schon wieder gewachsen war.
    Er stellte seinen Blick auf den Garten mal näher, mal ferner und suchte nach Mustern. Die jüngsten Fruchtkörper des Andern waren ebenfalls interessant. Er konnte noch nicht ausmachen, was sie symbolisierten, aber es schienen Momente großer Energieaufwendung von Seiten des Netzwerks zu sein. Er nahm sich vor, sie später durch die Analyse laufen zu lassen, wenn er mit der Gesamtbestandsaufnahme fertig war.
    Sellars wechselte erleichtert von den absonderlichen Vorgängen innerhalb des Otherlandsystems zu dem Bereich seines Gartens über, der Ereignisse außerhalb des Gralsnetzwerks darstellte, im RL, wo Informationen zuverlässiger und leichter zu deuten waren. Genau wie es in den letzten Tagen eine Eskalation von Todesfällen und anderen Vorkommnissen gegeben hatte, die alle irgendwie mit Otherland zusammenhingen, so war auch an diesen Teilen des Modells viel neues Wachstum zu verzeichnen.
    Ein einigermaßen berühmter, aber schon lange nicht mehr beruflich aktiver Erfinder von Rollenspielgear, von dem es hieß, er habe für bestimmte Gefälligkeiten eine eigene Simulation im Otherlandnetzwerk erhalten, war unter rätselhaften Umständen an Herzversagen gestorben; eine Gruppe von Kindern aus der Technokommune TreeHouse war am Tandagoresyndrom erkrankt; aber am auffälligsten – und für die Gralsleute vielleicht am unangenehmsten – war, daß zwölf wissenschaftliche Forscher in fast ebensovielen verschiedenen Ländern im Laufe von acht Stunden alle ums Leben gekommen waren.
    Die Wissenschaftler waren von den verschiedensten Ursachen dahingerafft worden, von Herzinfarkt bis Hirnaneurysma, aber Sellars wußte (auch wenn die Behörden es noch nicht zugaben), daß sie alle in ein entomologisches Projekt eingeloggt gewesen waren, das von Hideki Kunohara finanziert wurde, einem Mann mit so vielen Verbindungen zu Otherland, daß er zu einer eigenen Flechtenart in Sellars’

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