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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Ähnlichkeit mit einem schmutzigen Hafenvogel. »Welch glücklicher Wind?« wiederholte er und spähte dabei Paul und den Jungen an. »Fremde!« sagte er laut, so daß Paul ihm am liebsten den Mund zugehalten hätte. »Bringt ihr Wein? Es sind harte Zeiten im Oratorium. Die Kreuzherren haben uns vergessen, ihre Schützlinge – und ausgerechnet in der Karnevalsnacht!«
    Paul nickte, wie er hoffte wohlwollend, und versuchte sich an dem Mann vorbeizudrücken, aber dieser packte seinen Umhang mit einem überraschend festen Griff. Gally tanzte fast vor Ungeduld weiterzukommen.
    »Was denn?« sagte der Alte und blies seinen widerlich sauren Atem in die nebelige Luft. »Bloß weil wir alt sind, braucht man uns noch lange nicht zu vergessen. Fasten wir denn nicht genau wie andere Christen auch? Sollten wir dann nicht auch mitfeiern dürfen?«
    »Ich habe keinen Wein.« Paul fühlte, wie sich der Schatten ihrer Verfolger über sie legte, immer dunkler, immer größer. Er hatte eine Idee. »Wenn du uns ins Hospiz führst und uns finden hilfst, was wir suchen, gebe ich dir Geld, und du kannst dir selber Wein kaufen.«
    Der alte Mann schwankte wie überwältigt von soviel Glück. »Ins Hospiz? Sonst nichts? Ihr wollt zu den Kreuzherren?«
    »Wir möchten jemanden besuchen.«
    »Niemand kommt uns besuchen«, sagte ihr neuer Führer, während er auf das Gebäude mit den vier Schloten zutaumelte. Das war nicht als Widerspruch gemeint, sondern als schlichte Feststellung einer traurigen Tatsache. »Wir sind alt. Unsere Kinder sind fort oder tot. Niemand schert sich drum, was mit uns ist, nicht mal an Karneval.« Er breitete seine Arme aus wie ein sich in den Wind legender Albatros und führte sie um das Gebäude herum und durch eine Tür an der Seite, die Paul im Nebel niemals gesehen hätte, in das dunkle, hallende Innere. »Vorne ist heute nacht zugesperrt, damit wir keine Dummheiten machen«, erklärte ihr Führer und tippte sich dabei mit einem Finger an den Nasenflügel. »Aber den alten Nicolò sperrt keiner ein. Und jetzt werde ich Wein kriegen und trinken, bis mein Kopf voller Lieder ist.«
    Pauls erster Eindruck war, daß es in dem Kreuzträgerhospiz reichlich spukte. Etliche in Decken und Laken gehüllte stumme Gestalten schlurften über Treppenabsätze und Stufen hinauf und hinunter; andere standen in Eingängen und blickten starr wie die Statuen draußen an den Kirchen ins Nichts, murmelten vor sich hin oder sangen wortlos. Das Oratorium sei ein Asyl für die Alten, flüsterte Gally zur Erklärung von Nicolòs Klagen, vor allem für solche ohne Angehörige, die sie aufnehmen könnten. Durchaus nicht alle waren senil; viele musterten die Neuankömmlinge mit scharfen Augen oder befragten Nicolò über sie, doch ihr Führer schwenkte nur großmächtig die Arme und führte Paul und den Jungen weiter, bis sie schließlich vor der von Kerzen erleuchteten Kapelle standen. Ein Relief der Madonna mit dem Kind über dem Eingang sah auf sie hernieder.
    Paul starrte das Kindergesicht des Heilands an und wußte nicht mehr weiter. Sie hatten keine Ahnung, wo im Hospiz das Gateway sein mochte, und daß Nicolò oder einer der anderen Insassen es wußte, war ziemlich unwahrscheinlich – woher sollten die Sims sich mit der Infrastruktur des Netzwerks auskennen? Damit lag die Entscheidung, welcher Ort am ehesten in Frage kam, bei ihm. Er überlegte verzweifelt, doch ihm fielen nur die Flußübergänge ein, die er hinter sich hatte. Wie war es nochmal, wenn es keinen Fluß gab? War ein Ausgang noch an irgend etwas anderem zu erkennen, oder waren die Anzeichen nur den Leuten sichtbar, die diese Welten gebaut hatten?
    Er wandte sich Gally zu, doch bevor er etwas sagen konnte, erstarrte der Junge und bekam vor Angst ein kalkweißes Gesicht. Da spürte Paul es auch: Der Schrecken streckte die Hand nach ihm aus, und sein Herz hämmerte, und seine Haut wurde kalt und feucht. Die beiden Verfolger waren nahe – ganz nahe.
    Um sein Grauen noch zu steigern, sprach in dem Moment eine körperlose Stimme in sein Ohr. Vor lauter Verwirrung und Furcht erkannte er sie zunächst nicht. »Die Katakomben«, vernahm er. »Ihr müßt nach unten gehen.«
    Gally blickte noch entsetzter drein. »Die gute Frau!« rief er.
    Paul nickte leicht benommen. Sie hatte unsichtbar aus dem Nichts zu ihnen gesprochen, aber es war Eleanora gewesen.
    Dem alten Nicolò stand bei diesem Wortwechsel das Mißtrauen deutlich in seinem zerfurchten Gesicht geschrieben. Er beugte

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