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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Dulcy Anwin finden konnte?
    Als Charlie laufstegreif zum Fahrstuhl zurückgewackelt war wie ein zu groß geratenes und zu fein gekleidetes Pfadfindermädel, wandte sich Dulcy wieder dem Wandbildschirm zu.
    »Sie ist weg.«
    Dreads Gesicht erschien sofort, wie sie es erwartet hatte. Natürlich hatte er zugehört. Wahrscheinlich hatte er auch zugeschaut und perverse Sachen über die Blondine im Minirock gedacht. Aber wie dem auch sein mochte, er äußerte sich nicht dazu und verriet es auch sonst durch nichts.
    »Gut. Also, als erstes müssen wir beschließen, wie sehr wir es uns leisten können, diese kleine Schar von innen heraus zu führen.« Dread runzelte mit abwesendem Blick die Stirn. »Wenn ich der Meinung wäre, sie wüßten, was sie tun, würde ich liebend gern in aller Ruhe zuschauen und sie machen lassen. Aber sie haben die einmalige Chance, Sachen herauszufinden, und statt dessen scheinen sie bloß… herumzudriften.«
    »Die einmalige Chance, Sachen für dich herauszufinden«, ergänzte Dulcy.
    Er grinste. »Na klar.« Sein Lächeln verflog. »Du weißt, für wen ich arbeite, nicht wahr?«
    Dulcy war sich nicht sicher, was sie sagen sollte. »Du hast mir nie erzählt…«
    »Bitte. Gefährde nicht die gute Meinung, die ich von dir habe. Was du machst, machst du gut, du verdienst ausgezeichnet, du fährst deinen fetzigen kleinen roten Sportwagen viel zu schnell, aber du hast noch nie einen Strafzettel gekriegt – du bist auf Draht, Dulcy. Du müßtest eigentlich ganz gut Bescheid wissen, wer mein Boß ist.«
    »Na ja, schon, ich glaube, ich weiß es.« Klar, nachdem sie das Otherlandnetzwerk von innen gesehen hatte, hatte sie gewußt, daß die Gerüchte, Dread arbeite für den fast schon mythischen Felix Jongleur, stimmten mußten. Nur Jongleur und noch ganz wenige andere konnten sich eine derartige technische Perfektion leisten.
    »Dann kannst du dir denken, wie heikel das ist, was wir machen. Wir enthalten einem der skrupellosesten, gerissensten, mächtigsten Männer der Welt wesentliche Informationen vor. Wir treiben unser Spiel quasi vor der Haustür des Alten Mannes. Wenn er davon Wind kriegt, bin ich ein toter Mann. Sofort.« Er fixierte sie mit einem Blick, der noch durchdringender war als der vorher. »Versteh das nicht falsch. Wenn du mich verpfeifst, wird dich das nicht retten, auch wenn ich dich nicht mehr persönlich erwische, bevor der Alte Mann mich ext. Eine, die soviel über sein Netzwerk rausgekriegt hat wie du, wird er nicht am Leben lassen. Es wird nicht mal eine Meldung geben. In vierundzwanzig Stunden wird nichts mehr darauf hindeuten, daß es dich je gegeben hat.«
    Dulcy machte den Mund auf und wieder zu. Sie hatte genau diese Möglichkeiten bedacht, alle, aber sie jetzt so nüchtern und bestimmt aus Dreads Mund zu hören, verlieh ihnen einen ganz anderen Nachdruck als vorher ihre privaten Überlegungen. Sie begriff auf einmal, daß sie sich in einer sehr exponierten und prekären Lage befand.
    »Willst du aussteigen?«
    Sie schüttelte nur den Kopf, denn ihrer Stimme traute sie im Moment nicht.
    »Hast du sonst irgendwelche Fragen, bevor wir weitermachen?«
    Dulcy zögerte, schluckte. »Nur eine. Wo kommt dein Name her?«
    Er zog eine Augenbraue hoch, dann lachte er schallend. »Du meinst ›Dread‹? Bist du sicher, daß das alles ist, was du mich fragen willst?«
    Sie nickte. Wenn er so lachte, zog er seine Mundwinkel zurück wie ein Tier – ein Tier, das grinste, bevor es zubiß.
    »Den Namen hab ich mir selbst gegeben, als ich noch ein Kind war. Ein Junge, den ich kennenlernte, als ich … ach, das tut nichts zur Sache. Jedenfalls brachte der mich auf diese alte Musik vom Anfang des Jahrhunderts, jamaikanisches Zeug, das sich ›Ragga‹ nannte. ›Dread‹ ist ein Wort, das darin ständig vorkommt.«
    »Mehr ist da nicht dran? Der Name kam mir irgendwie … ich weiß nicht, albern vor. Gar nicht wie du.«
    Einen Moment fragte sie sich, ob sie zu weit gegangen war, aber sein dunkles Gesicht legte sich wieder in amüsierte Falten. »Er hat noch eine andere Bedeutung – eine Spitze gegen den Alten Mann mit seinem ganzen König-Artus-Quatsch, seinem Gral und alledem. Schon mal was von Mordred gehört? Der volle Name lautet nicht bloß ›Dread‹, sondern ›More Dread‹. Kapiert?«
    Dulcy zuckte mit den Achseln. Dieser ganze Mittelalterkram hatte sie schon in der Schule immer tödlich gelangweilt, wie Geschichte überhaupt. »Nicht ganz.«
    »Na, zerbrich dir nicht dein

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