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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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kommen rennen, Soldaten. Ich schnell auf einen Baum, aber fast sie mich sehen.«
    »Du kannst nicht mehr raus.« Im Aussprechen wurde es ihr klar. »Du kannst nicht über den Zaun zurück, weil…« Sie hielt erschrocken inne. Beinahe hätte sie Herrn Sellars’ Namen ausgesprochen. »Weil er an ist. Weil er lecktrisch ist.«
    »Genau, mu’chita, so ist. Was zu essen ’ab ich auch gefunden, die schmeißen viel Zeug weg ’ier, Mann, die locos – scännig mejor, eh? Aber nicht immer schmeißen Essen weg. Und ich ’ab ’unger.« Er kam einen weiteren Schritt näher, und auf einmal hatte Christabel Angst, er könnte sie umbringen und fressen wie in den Monstergeschichten, die Ophelia erzählte, wenn sie zusammen übernachteten, sie packen und sie dann mit seinem schmutzigen Mund und der Lücke, wo der Schneidezahn fehlte, beißen. Sie drehte sich um und lief weg.
    »He, Tussi, komm zurück!«
    Sie blickte im Laufen auf den unter ihr dahinfliehenden Boden, auf ihre auf und ab gehenden Beine. Es fühlte sich an, als ob etwas in ihrer Brust hüpfte, von innen dagegen hämmerte, hinauszukommen versuchte. Sie hörte die Stimme des Jungen näher kommen, dann bekam sie einen Stoß in den Rücken und war auf einmal zu schnell für ihre Beine. Sie stolperte und fiel ins Gras. Der Junge stand über ihr. Ihr Bein tat von dem Sturz in der Schule weh und jetzt das andere Bein auch. Als sie wieder Atem schöpfen konnte, fing Christabel an zu weinen, und vor lauter Angst bekam sie auch noch einen Schluckauf.
    »Verrücktes kleines Aas.« Es hörte sich an, als wäre er fast so unglücklich wie sie. »Wieso mach das, du?«
    »Wenn du mir w-w-weh tust, sag … sag ich’s meinem Papi!«
    Er lachte, aber er blickte böse. »Ah ja? Chizz, Tussi, sag doch. Und dann sag ich von dein Versteck ’ier draußen.«
    Christabel hickste weiter, aber sie hörte auf zu weinen, weil sie jetzt zu sehr davon abgelenkt war, noch mehr Angst zu haben. »V-Versteck?«
    »Ich sag ja, ich immer gucken. Was ist? Was versteckse ’ier draußen? Ein ’und oder was?« Er hielt die Hand hin. »Fen, mir egal, ob ist ’undefutter. Rück die Tüte raus.« Als sie sich nicht rührte, bückte er sich und nahm sie ihr aus den verkrallten Fingern. Er zog gar nicht fest, und Christabel war mehr denn je zumute wie in einem bösen Traum. Sie ließ los.
    »Qué…?« Er starrte die Verpackung an. »Seife! Was mach, willse mich verarschen, du?« Mit seinen flinken, schmutzigen Fingern wickelte er eines der Seifenstücke aus, hielt es an die Nase und schnupperte. »Fen! Seife! Mu’chita loca!« Er warf es hin. Das Seifenstück sprang davon. Christabel sah es im Gras, wo es hingekullert war, wie ein Osterei liegen. Sie wollte den Jungen nicht anschauen, der sehr wütend war.
    »Gut«, sagte er nach einer kurzen Pause, »dann musse mir zu essen bringen, du Aas, ’ier’er, jeden Tag, m’entiendes? Sonst erfährt dein Papa, daß du komms. Keine Ahnung, wase mach mit Seife, aber bestimmt irgendwas waschen, was du nicht ’aben darfs. Kapiert, kleine vata loca? Ich weiß, wo du wohns, in dein Mamapapahaus. Ich ’ab dich durch Fenster gesehen. Ich komm in der Nacht durch Fenster, wenn du mir nix zu essen brings.«
    Alles war besser, als wenn er sie so anschrie. Sie nickte mit dem Kopf.
    »Chizz.« Er schlenkerte mit den Armen hin und her, daß er wieder wie ein Affe aussah. »Und besser nicht vergeß, sonst wird Cho-Cho un mal hombre. ’örs du? Kein Scheiß mit Cho-Cho, oder wachse auf tot.«
    Er sagte eine ganze Weile noch mehr solche Sachen. Zuletzt begriff Christabel, daß er selber Cho-Cho war. Es war kein Name, den sie je gehört hatte. Sie fragte sich, ob er außendraußen etwas bedeuten mochte.
    Er ließ sie die übrige Seife behalten, doch auch nachdem er auf den nächsten der dicken Bäume geklettert war und sich in ein geheimes Versteck verzogen hatte, traute sie sich nicht, die Tüte für Herrn Sellars stehenzulassen. Sie tat sie in ihren Fahrradkorb zurück und fuhr nach Hause. Auf halbem Weg fing sie wieder an zu weinen. Als sie schließlich in ihrer Straße ankam, konnte sie kaum mehr den Bürgersteig erkennen.
    Und jetzt waren ihre beiden Knie aufgeschrammt.
     
     
    > Dread beendete das Gespräch, lehnte sich zurück und streckte seine langen Beine aus. Er rief den Anderlandsim auf und ließ ihn kurz die Augen öffnen. Alle anderen schliefen noch, und als er sie so betrachtete, übertrug sich auf seine Augenlider eine ähnliche Schwere. Er schüttelte

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