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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Cullen. Er richtete sich mühsam gegen den Zug der Schwerkraft auf. »Mist! Die Hälfte der Instrumentenlichter ist aus!« Er versuchte krampfhaft, das Handrad herumzuziehen. Der Libellenflieger wackelte beängstigend und ging einen Moment lang aus, bevor er wieder ansprang. Er fing sich, aber irgend etwas war deutlich nicht in Ordnung. »Was war das?« fragte Cullen fassungslos.
    »Ein Vogel, denke ich.« Lenore beugte sich vor und tippte Lichter auf dem Bedienungsfeld an, von denen jetzt mehr dunkel waren als brannten. »Zwei der Flügel sind beschädigt, und ein oder zwei Beine fehlen auch.«
    »Ich kann das Ding nicht mehr in der Luft halten«, stieß Cullen durch zusammengebissene Zähne hervor. »Scheiße! Wenn die Kiste zu Bruch geht, ist damit ungefähr ein ganzes Jahresgehalt von mir zum Teufel.«
    »Du wirst es nicht bezahlen müssen.« Lenore hörte sich an, als redete sie mit einem verzweifelten Kind, aber hatte dabei selber einen Unterton nur mühsam unterdrückter Panik in der Stimme. »Kommen wir noch heil zurück?«
    Cullen dachte kurz nach. »Nein. Dem nächsten Vogel können wir nicht mehr ausweichen, und wenn noch ein Flügel ausfällt, hab ich nicht den Hauch einer Chance, das Ding zu landen.«
    Ihm machte der Gedanke zu schaffen, womöglich einen großen Batzen Programmierarbeit in einem absurden Realitätskuhhandel mit Kunohara zu verlieren, begriff Renie, aber sie konnte die Gefahren von Otherland nicht mehr so distanziert betrachten. Sie mußten befürchten, jeden Moment am Boden zu zerschellen und alles zu erleiden, was die Simulation daraus machen konnte, einschließlich vielleicht des ganz realen Endes.
    »Lande«, sagte sie. »Mach keine Spielchen. Wir gehen zu Fuß zurück.«
    Cullen schoß einen Blick auf sie ab, kurzfristig wieder ruhig und grimmig amüsiert zugleich. »Herrje, wir sind wirklich wieder in der Steinzeit. Zu Fuß im Land der Kribbler und Krabbler.« Er drückte das Handrad nach vorne und bearbeitete die Pedale. Die Libelle machte einen Ruck vorwärts, so daß sie beinahe über die Schnauze abgekippt wäre, fing sich wieder und kreiste in einer langsamen, schlackrigen Spirale auf den Waldboden zu.
    Etwas Großes verdunkelte urplötzlich das Fenster.
    »Cullen, der Autopilot ist weg«, erinnerte ihn Lenore.
    Cullen riß das Flugzeug zur Seite. Der Vogel verfehlte sie und sauste vorbei wie eine Boden-Luft-Rakete, und der Luftzug riß sie aus der Bahn. Cullen versuchte verzweifelt, den Flieger wieder hochzuziehen, aber jetzt funktionierte gar nichts mehr, und die Abwärtsspirale wurde zusehends schneller und steiler.
    »Haltet euch fest!« schrie er. »Ich denke, die Taktoreneinstellungen werden verhindern, daß es allzu schmerzhaft wird, aber -«
    Er kam nicht zu Ende. Die Libelle verfing sich mit einem Flügel an einem tiefhängenden Ast. Nach einem lauten Knirschen überschlug sich das Flugzeug und stürzte pfeilgerade zu Boden. Renie blieb kaum noch Zeit, sich zu wappnen, zwei oder drei Herzschläge, dann wurde sie gegen die Kabinenwand geschleudert, und in ihrem Kopf gab es eine Lichtexplosion, die im nächsten Moment in die Dunkelheit zerstob.

 
Kapitel
     
Ein Mann aus dem Totenreich
     
    NETFEED/PRIVATANZEIGEN:
    Ich warte immer noch …
    (Bild: Inserentin M.J. [weibliche Version])
    M.J.: »Ooh, langsam werde ich richtig böse. Ich warte die ganze Zeit, aber einige von euch, die ich für starke Männer gehalten habe, benehmen sich wie kleine Jungen. Warum wollt ihr nicht in meinen Knoten kommen? Habt ihr etwa Angst? Denn wenn, dann hättet ihr sowieso nichts davon. Ich warte auf richtige Männer, und wenn ich sie finde, dann werde ich sie mit allen Sinnen und Empfindungen auf einen Trip mitnehmen, den sie NIEMALS vergessen werden …«
     
     
    > Der Mann, der Vogelfänger hieß, hatte seine steinerne Speerspitze so fest in Paul Jonas’ Bauch gepreßt, daß sie die Haut durchstach. Paul holte flach Atem und spürte den Schmerz von der Stichstelle ausstrahlen wie einen kleinen Stern. Er lag wehrlos auf dem Rücken, während der andere Mann über ihm stand.
    »Was willst du?« fragte er so ruhig und gefaßt, wie es ihm möglich war.
    Vogelfänger hatte den wilden Blick eines Bankräubers beim ersten Überfall. »Wenn ich dich töte, kehrst du ins Land der Toten zurück und läßt uns in Ruhe.«
    »Ich komme nicht aus dem Land der Toten.«
    Vogelfänger zog verwirrt die Brauen hoch. »Das hast du aber gesagt.«
    »Nein, habe ich nicht. Du hast das gesagt, als ihr mich

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