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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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vorbeigekommen war, aber der Anblick der beiden hinter ihm im Zickzack den Berg herunterschleichenden Gestalten erstickte den Gedanken sofort im Keim. Sie waren zu dritt, alle irgendwie falsch geformt oder falsch groß, ein Jagdrudel.
    Im Vorwärtsgehen nach hinten zu schauen, war ein Fehler. Paul stolperte und glitt aus. Einen furchtbaren Moment lang dachte er, er würde der Länge nach hinstürzen, aber ein hastiges Abstützen mit dem stumpfen Ende von Vogelfängers Speer verhinderte das; dennoch knallte er mit einem Knie auf den überraschend harten Boden. Es hätte bestimmt sehr weh getan, wenn er nicht nahezu völlig durchgefroren gewesen wäre; so spürte er nichts weiter als eine neue Schwäche im Kniegelenk. Die drei Gestalten, jetzt wieder dicht beieinander, blieben stehen und beobachteten, wie er sich abmühte; wie blaß schimmernde Juwelen hingen ihre Augen in der Dunkelheit, wenn der Schleier ihres dampfenden Atems sich verzog.
    Selbst mit der Hand rutschte er auf dem glatten Boden unter der dünnen Schneeschicht aus. Während er sich schwerfällig hochstemmte, erkannte er, daß es tatsächlich Eis war, eine ganze Eisdecke, worauf er gefallen war. Der anfängliche Ärger über diese zusätzliche Behinderung wich mit einem Mal einer unerwartet aufsprießenden Hoffnung.
    Der Fluß…?
    Als ob sie das winzige Wiedererstarken seiner Lebensgeister spürte und es rasch im Keim ersticken wollte, lief die am nächsten stehende der drei Gestalten urplötzlich mit langen, mühelosen Sätzen auf ihn zu. Sie bewegte sich so viel schneller, als er es für möglich gehalten hätte, daß sie bis auf ein Dutzend Meter herangekommen war, ehe Paul klar wurde, was geschah, und den Speer hob.
    »He! Hau ab!« Er fuchtelte wild mit seinem freien Arm und stieß mit dem Speer nach der dunklen Gestalt, wobei er darum betete, sie möge das nackte Grauen in seinen schrillen Tönen nicht bemerken.
    Die Bestie blieb stehen, aber wich nicht zurück. Sie betrachtete ihn mit gesenktem Kopf, und ein tiefes, vibrierendes Knurren ließ die Luft zwischen ihnen erzittern. Wie ein körperlicher Schlag traf Paul auf einmal die Erkenntnis, was ihm an diesen Wesen so falsch vorgekommen war. Das Tier war eine Art Hyäne, nur viel, viel zu groß – es hatte eine Schulterhöhe wie ein kleines Pferd und einen breiten, starkknochigen Körper. Der weite, hechelnde Rachen hätte seinen ganzen Rumpf umschließen können.
    Wieder knurrte die Bestie mit einem Donnergrollen, das ihn bis ins Mark erschütterte. Vor Schreck wurden ihm die Beine weich, und er mußte sich zusammennehmen, um nicht in die Knie zu gehen. Der Wind trug ihm wieder den Gestank von Aas und tierischer Ausdünstung zu. Sein ohnehin schon zu schnell schlagendes Herz schien bergab zu rasen und drohte dabei jeden Moment zu versagen und tödlich zu stürzen.
    Höhlenhyänen. Abrupt fiel ihm der Name wieder ein – er mußte ihn aus einem Dokumentarfilm oder einer naturkundlichen Ausstellung haben –, als ob es eine Rolle spielte, wie diese gräßlichen Untiere hießen. Höhlenhyänen, die Räuber der eiszeitlichen Ebenen, wandelnde Todesmaschinen, die seit fünfzigtausend Jahren keines Menschen Auge mehr erblickt hatte.
    Schwankend trat Paul einen Schritt zurück. Die Hyäne tat ihrerseits einen Schritt auf ihn zu, den Kopf weiter gesenkt, die Augen gespenstisch grün glühend. Ihre beiden Genossen stapften den Hügel herab durch den knirschenden Schnee und schwärmten mit der geübten Lässigkeit professioneller Mörder zu beiden Seiten aus. Paul hob den Speer hoch und schwenkte ihn abermals. Er wollte schreien, doch außer einem erstickten Japsen brachte er keinen Ton heraus.
    Der Fluß! schoß es ihm durch den Kopf. Ich bin auf dem Fluß! Aber was nützte ihm das jetzt noch? Er hatte keine Ahnung, was er anstellen mußte, um von einem Ort zum anderen zu gelangen, und er wußte, daß er diesen Monstern so wenig entkommen konnte, wie er eines davon satteln und in Ascot reiten konnte.
    Die am nächsten herangekommene Hyäne knurrte erneut und ging zum Angriff über. Als das Tier in langsamem Trab auf ihn zulief, ließ Paul sich auf die Knie fallen und versuchte, auf der glatten Fläche einen Gegenhalt für den Speer zu finden. Die immer schneller herantrottende Bestie war zwar langsamer als unter normalen Umständen, aber dennoch auf Schnee viel schneller, als er je hätte sein können.
    Vielleicht sah sie den Speer vor Pauls zottiger Fellkleidung nicht, oder vielleicht wußte sie

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