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Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer

Titel: Otherland 2: Fluß aus blauem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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der Kopilotensitz war zusammen mit einem großen Stück des Bodens nach vorn gedrückt worden und quetschte sie gegen die Konsole. Sie hörte sich außerdem viel ängstlicher als ihr Kollege an; der überschnappende Ton in ihrer Stimme verschlimmerte Renies Kopfschmerzen noch. »Holt mich hier raus. Sofort!«
    »Komm, faß mal mit an«, rief Renie !Xabbu zu. Als sie sich umdrehte, stellte sie fest, daß er aus der demolierten Kabine des Flugzeugs verschwunden war. » !Xabbu ?«
    »Holt mich hier raus!« verlangte Lenore.
    Renie zögerte. Die beiden Insektenforscher brauchten Hilfe, aber sie bekam es auf einmal mit der Angst zu tun, sie könnte den kleinen Mann, ihren Freund, verlieren. Dann wäre sie wahrhaft allein in diesem ganzen Irrsinn.
    »Nun mach schon, du blöde Kuh! Hilf mir endlich!« kreischte Lenore.
    Renie fuhr empört herum, aber der Ausdruck im gut simulierten Gesicht der Frau blies ihren Unmut aus wie eine Kerze: Lenore Kwok war im Begriff, vor lauter Panik den Kopf zu verlieren.
    »Wir holen dich schon raus«, sagte Cullen, obwohl er selber noch festsaß. »Beruhige dich, Lenore.«
    »Halt’s Maul!« Sie machte sich hektisch an den Trümmern zu schaffen, die sie einklemmten.
    Renie begann hastig, die Bruchstücke der Kabine wegzuräumen, die sich um Cullen angehäuft hatten, wobei sie abermals über die Komplexität und Realitätstreue der Simulation staunte. Sogar die kaputten Dinge waren auf höchst überzeugende Weise kaputt.
    »Was machst du da?« schrie Lenore.
    »Auf dir liegen mehr Sachen drauf als auf ihm«, erklärte Renie so sanft, wie sie konnte. »Wenn ich ihn freikriege, kann er mir helfen. Ich glaube nicht, daß ich es allein schaffe.«
    »Wo ist dieser verdammte Affe?« Die Augen der Frau irrten in der Kabine umher, als ob !Xabbu sich vor ihr versteckt haben könnte.
    »Ich weiß es nicht. Versuch einfach ruhig zu bleiben, wie Cullen sagte.«
    »Du begreifst nicht!« Lenores Blick war wild, sie atmete in harten Stößen. »Ich fühle meine Beine nicht mehr! Sie lassen sich nicht bewegen!«
    »Ach, Menschenskind«, sagte Cullen. »Das ist nichts als Panik, Lenore, Suggestivkraft. Das ist eine Simulation, und im Moment hält sie dich in einer bestimmten Position fest. Deinen Beinen ist nichts passiert. Stell dich nicht so an.«
    Renie warf ihm einen scharfen Blick zu. »Cullen, bitte sei still.«
    »Hier, seht mal!« !Xabbu war in der Luke erschienen, ursprünglich eine ordentliche Öffnung im Bauch eines simulierten Flugzeugs, jetzt wie ein Turmfenster mehrere Meter hoch über ihnen. »Das ist ein Stachel von einer Pflanze.« Er ließ etwas zu Renie hinunterfallen, der schon aus Selbstschutz nichts anderes übrigblieb, als es aufzufangen. Es sah ein wenig aus wie ein glattes Antilopenhorn, war so lang wie ihr ausgestreckter Arm und beinahe so breit und lief an einem Ende spitz zu. Sie versuchte es zu biegen, doch es ging nicht. »Das könnte hinhauen«, sagte sie zu !Xabbu , während dieser zu ihr hinunterkletterte.
    Mit dem Stachel als Hebel konnte sie einen großen Teil des Instrumentenbretts zurückbiegen, so daß Cullen darunter hervorschlüpfen konnte. Als er sich streckte und seine schmerzenden Gelenke rieb, fing seine Partnerin wieder an, schrill nach Hilfe zu verlangen.
    »Schon gut, schon gut«, sagte er. »Du bist echt durchgescännt, Kwok, weißt du das?«
    »Probieren wir einfach, sie rauszuholen.« Renie fand einen guten Ansatzpunkt für den Hebel und legte sich ins Zeug, um den Kopilotensitz zurückzuziehen.
    »Vergeude nicht deine Kraft. Es geht auch einfacher.« Cullen kraxelte ein Stück nach oben, bis er eine Bodenklappe ausfindig gemacht hatte. Er nahm Renie den Stachel ab, stemmte damit die Klappe auf und zog eine Metallkiste mit einem Griff heraus. »Siehst du? Wegen Kunoharas dämlicher Vorschriften müssen wir in unsern scheiß virtuellen Flugzeugen auch noch scheiß virtuelles Reparaturwerkzeug mitschleppen. Wenn das nicht bekloppt ist, weiß ich es nicht.« Er stieg den steil aufragenden Flugzeugboden wieder herunter, entnahm dem Werkzeugkasten einen Schraubenschlüssel und schraubte damit die Bolzen ab, mit denen der Kopilotensitz befestigt war. Durch die Bruchlandung war das Gerüst der Libelle zusammengestaucht worden; es bedurfte mehrerer Tritte, ehe der Sitz aus den Schienen sprang.
    Nach weiteren paar Minuten überraschend anstrengender Arbeit konnten sie Lenore herausziehen.
    »Ich … ich kann meine Beine immer noch nicht bewegen«, sagte sie mit einem

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