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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Studienzeit kannte, erzählte mir einmal nach der Geburt ihres ersten Kindes, daß sie sich damit dem Schicksal verpfändet hätten und nie wieder unbesorgt sein könnten. Das verstehe ich jetzt. Es tut weh zu lieben. Es tut weh, sich zu sorgen.
    O je, jetzt kann ich kaum mehr weiterreden. Absurd ist das. Ich bin froh, daß die anderen schlafen und mich nicht sehen können.
    Wir erreichten die Festsäle und den Raum, in dem der Durchgang war. Die Überreste unseres ersten Feuers waren noch da, ein runder Brandfleck und ein Häuflein Asche. Seltsam, sich vorzustellen, daß wir erst vor wenigen Tagen dort waren, höchstens eine Woche. Es kam mir vor wie ein Jahr.
    !Xabbu , Renie und ich nahmen nach der Rückkehr zu unserem Eintrittspunkt die Bemühungen wieder auf, bis wir nach einigen Stunden das Gefühl hatten, alle wesentlichen Probleme gelöst zu haben. Wir waren zwar nicht in der Lage, das Environment so zu bearbeiten, wie es einer aus der Gralsbruderschaft vermocht hätte, aber wir konnten einige der Zugangskanäle öffnen. Es war ein zähes Ringen, ein unablässiges Probieren …
    Mein Gott, bin ich müde, so müde! Ich kann jetzt nicht alles berichten. So viel ist geschehen, und im Moment möchte ich nichts als schlafen. Wir schafften es, das Feuerzeug zu betätigen. Wir traten in das von uns aufgerufene Gateway, in das goldene Licht, ließen die düstere Pracht des Hauses hinter uns und gingen hinüber an einen anderen Ort, wie wir es erhofft hatten.
    Aber zum erstenmal seit unserem Eintritt in das Netzwerk sind wir … verändert.
    Nein. Das muß warten. Wenn ich dies hier aufschreiben würde, wie die Alten es taten, mit Tinte auf Papier, dann wäre mir der Federhalter schon längst aus der Hand gefallen. Wir sind verändert. Wir befinden uns in einem neuen Land, haben die Decken und trüben Lampen des Hauses getauscht gegen einen schier unendlichen Nachthimmel und Sterne, die feurig leuchten, nicht matt funkeln.
    Mir ist nicht bang um mich, nicht mehr, aber ich fürchte mehr, als ich sagen kann, für diese lieben, tapferen Menschen, die meine Freunde sind. Wir sind wenige und werden, scheint es, mit jedem Tag weniger.
    Ich bin so müde … und die anderen rufen mich.
    Code Delphi. Hier aufhören.«
     
     
    > Sie umringten ihn in der Dunkelheit, obwohl sie kaum wesenhafter waren als die Dunkelheit selbst – die Schattengesichter, die Tiermänner, die hungrigen Bestien, die ganzen Traumzeitungeheuer, die sich laufend verwandelten und ihm dabei immer näher rückten.
    Am allernächsten aber war ihr Gesicht, ihr Gesicht, grinsend, kalt, sich weidend an seiner Not. Er war gefangen in der Dunkelheit bei all den ewig lauernden Greueln, und das war ihr Werk.
    Der Tod konnte ihr nichts anhaben. Er konnte sie eine Million Mal töten, und sie war immer noch da, pumpte ihn weiter mit Schatten voll, um sein Herz zu zermalmen.
    Das Gesicht verwandelte sich, doch es blieb dasselbe. Er bemühte sich, ihm unter den ganzen verwehenden Schatten einen Namen zu geben, doch Namen hatten nichts zu besagen. Es war sie. Sie hatte ihm das angetan.
    Seine verhurte Mutter.
    Die kleine Polly damals – noch so eine traumbesoffene Nutte.
    Die Gesichter strömten vorbei, Tausende, schrien und bettelten, obwohl sie letzten Endes allem zum Trotz immer triumphierten. Alle waren sie ein und dieselbe. Sie konnten nicht sterben – sie konnte nicht sterben.
    Als er sich den Klauen des Albtraums entwand, stand noch das letzte Gesicht vor ihm, blutig und höhnisch.
    Renie Sulaweyo. Die Drecksau, die mich getötet hat.
     
    Dread setzte sich auf. Der Traum, wenn es denn einer gewesen war, saß ihm immer noch in den Gliedern. Mit einem Würgen im Hals wälzte er sich aus dem Stuhl auf die Knie und übergab sich.
    So fühlt es sich also an, wenn man stirbt, dachte er und legte den Kopf auf den Betonboden. Das ist mindestens so schlimm wie alles, was der Alte Mann je mit mir gemacht hat.
    Nachdem er den Boden aufgewischt hatte und ins Bad gestolpert war, um sich den Mund auszuspülen, hockte er sich auf die Kante des Stuhls und starrte die weißen Wände an. Der Raum, seine neue Sydneyer Operationsbasis, war so gut wie kahl. Der Teppichboden sollte später am Tag gelegt werden. Die Komacouch stand lieferbereit im Lager. Dulcy Anwin würde in gut vierundzwanzig Stunden eintreffen. Es gab noch einiges zu erledigen.
    Er konnte sich nicht aufraffen. Etwas blinkte am Rande seines Gesichtsfeldes, das Zeichen für eine auf Abruf wartende Mitteilung, aber

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