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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Mädchen. »Egal, wo ihr mich hinbringt, überall tut es weh.«
    »Was denn?«
    »Ich will hier nicht sein. Ich gehöre hier nicht her!«
    Renie stand achselzuckend auf und überließ es T4b, ihr Trost zu spenden. Die letzte Gestalt, die am Rand des wasserlosen Teiches saß, trug ebenfalls ein helles Kleid. »Martine?«
    Sie antwortete mit einer leichten Verzögerung, wie in Gedanken versunken. »Ja, ich bin es, Renie.«
    »Was ist los? Warum bin ich ein Mann?«
    Die blinde Frau machte eine winzige Schulterbewegung. Es war schwer, im Sternenlicht ihr Gesicht zu erkennen, aber sie schien erschöpft zu sein. »Ich mußte Entscheidungen treffen«, war ihre ganze Auskunft.
    »Ist das hier wirklich Troja?«
    »Soweit ich das sagen kann. Du kannst erkennen, was ihr hier anhabt, ich nicht. Kommt dir die Tracht richtig vor?«
    Renie beäugte T4bs buschigen Helm mit einem Seitenblick. »Doch, ich denke schon.«
    »Es war anders als beim vorigen Mal, das Durchkommen«, sagte Martine langsam. »Wir mußten diesmal eine ganz bestimmte Simwelt finden, nicht bloß ein Gateway öffnen – du weißt doch noch, wie wir versuchten, einen Zugang zum zentralen Index des Netzwerks zu bekommen, nicht wahr? Wir mußten die Einträge finden, die Einträge für die … die …«
    »Die Knoten?« half Renie nach.
    »Die einzelnen Weltknoten, ja. Und als ich den richtigen Knoten schließlich hatte und der Eingang sich öffnete, stand ich vor einer ganzen Palette von Wahlmöglichkeiten. Ich vermute, die Gralsbrüder oder ihre Gäste bekommen jedesmal, wenn sie die Simwelt wechseln, eine solche Liste angeboten, aber dies ist das erste Mal, das wir … tja, man könnte wohl sagen, durch die Vordertür in eine reingekommen sind. Jedenfalls mußte ich rasch entscheiden. Ich wollte nicht länger als unbedingt nötig mit dem zentralen System verbunden bleiben – schließlich wurde unser Gerät, das Feuerzeug, einem aus der Bruderschaft gestohlen. Es könnte durchaus sein, daß sie danach suchen – ich bin nicht sicher, ob es klug ist, das Feuerzeug zu behalten.«
    »Aber wegwerfen dürfen wir es auch nicht«, sagte Florimel matt. »Es ist der einzige Sieg, den wir bis jetzt errungen haben. Sollen wir es einfach in einem Loch verbuddeln und darauf vertrauen, daß wir es uns irgendwann wiederholen können?«
    »Darüber können wir später reden«, meinte Renie. »Du mußtest Entscheidungen treffen, hast du gesagt. Sind wir in Troja drin? In der Stadt selbst?«
    Martine nickte. »Die Erscheinung, die ihr gesehen habt, die Madonna der Fenster, sagte: ›Ihr müßt die andern finden. Ihr müßt zu Ilions Mauern kommen.‹ Solange uns niemand eines Besseren belehrt, müssen wir das wörtlich nehmen. Wir mußten nach Troja hinein, wenn wir sicher sein wollten, die Mauern zu erreichen.«
    Renie zog eine Grimasse. »Schau, Martine, ich will nicht behaupten, daß ich mich mit diesem Trojakram besonders gut auskenne, aber eines weiß ich noch, nämlich daß es ein großes hölzernes Pferdemonstrum gab und daß eine Horde Griechen die ganze Stadt in Brand steckte. Die werden uns abschlachten, wenn wir hierbleiben!«
    »Der Krieg hat zehn Jahre gedauert, Renie«, erwiderte Martine. »Wir haben keine Ahnung, welche Phase wir gerade erwischt haben – oder ob er überhaupt nach demselbem Schema abläuft.«
    »Martine mußte ihre Entscheidungen sehr schnell treffen«, bemerkte Florimel. Es war als Zurechtweisung gemeint, begriff Renie – und Florimel hatte recht.
    »Okay, tut mir leid. Das alles ist einfach ein ziemlicher Schock. Mit einemmal ein Mann zu sein – herrje, das ist ganz schön heftig. Ich hab … einen … einen Penis!«
    »Viele Menschen sind mit dem gleichen Schicksal geschlagen und führen dennoch ein nützliches Leben«, gab Florimel zu bedenken.
    Renie mußte wider Willen lachen. »War das auch etwas, das du entscheiden mußtest, Martine?«
    »Ja, aber mir blieb nicht viel Zeit dazu.« Die Blinde klang, als würde sie gleich im Sitzen einschlafen. »Ich habe versucht, in jedem Fall die beste Wahl zu treffen, aber wer weiß, ob das geglückt ist? Ich werde euch meine Überlegungen sagen. Wir wissen nicht, was wir hier tun sollen oder wer uns hierhaben will. Wenn wir Glück haben, ist es vielleicht Sellars, der einen Weg gefunden hat, in das System einzudringen und uns zu treffen. Doch selbst dann gibt es keine Garantie, daß er tatsächlich die Mauern als Treffpunkt im Sinn hatte – er könnte jeden beliebigen Platz in dieser trojanischen

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