Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas
Simwelt gemeint haben, selbst da draußen auf der Ebene oder im griechischen Lager.«
»So weit kann ich dir folgen«, sagte Renie.
»Dies ist eine Stadt im Kriegszustand. Niemand darf zu den Toren hinaus außer Männern, kämpfenden Männern. Ich dachte, vielleicht möchtest du !Xabbu und T4b lieber begleiten können, wenn sie ausziehen müssen.«
Renie war sich nicht ganz sicher, ob Martine damit den Verdacht aussprach, Renie werde niemand anderem als sich selbst die Führung so einer wichtigen Operation zutrauen, oder ob sie meinte, Renie werde nicht von !Xabbu getrennt werden wollen, wobei sie wahrscheinlich mit beidem recht hätte. Renies Verärgerung zerschmolz zu Scham. Martine hatte unter den gegebenen Umständen sehr rasch und scharf nachgedacht. »Red weiter.«
»Florimel ist schlimm verletzt, und ich werde, denke ich, hier in der Stadt nützlicher sein, wo ich vielleicht Näheres herausfinden kann, als draußen im Schlachtgetümmel. Emily ist ein Kind oder verhält sich wie eines, außerdem scheint sie schwanger zu sein. Sie sollte auf jeden Fall so lange wie möglich in sicherer Obhut bleiben. Aus dem Grund habe ich aus uns dreien Frauen gemacht.«
»Sollen wir jemand Bestimmtes darstellen?« fragte Renie. »Achilles oder … Paris oder einen von denen?«
»Du, !Xabbu und T4b, ihr seid, glaube ich, keiner der richtig berühmten Helden«, antwortete Martine. »Ich wollte euch nicht ins Zentrum des Geschehens rücken. Nach dem, woran ich mich aus der Ilias erinnere, ging es im Trojanischen Krieg so zu, daß ständig Helden mit Lanzen gegeneinander kämpften und fast jedesmal einer von ihnen umkam. Wenn diese Simulation sich nach Homers Epos richtet, ist das ein zu großes Risiko. Als einfache Krieger habt ihr bessere Chancen, euch aus dem Gemetzel herauszuhalten.«
»Du hast klug überlegt, Martine«, sagte !Xabbu . »Wir können von Glück sagen, daß wir dich haben.«
Zu müde, das Gewicht eines Kompliments zu tragen, winkte sie ab.
»Wir übrigen sind Frauen der königlichen Familie. Dadurch werden wir so gut auf dem laufenden sein, wie es möglich ist, und wenigstens eine gewisse Bewegungsfreiheit haben – Frauen genossen in der archaischen Welt keine große Unabhängigkeit.«
»Ich schnall’s noch nicht«, sagte T4b plötzlich. »Sind wir in so ’ner Sandalenarmee? Wie in so Herkulesschinken? Gegen wen geht’s?«
»Du bist ein Trojaner«, erklärte Florimel ihm. »Dies hier ist deine Stadt, Troja. Die Griechen sind draußen und versuchen sie zu erobern.«
»Crash«, sagte T4b nickend. »Dann werd ich mir’n paar Griechen exen.«
»Liebe Güte«, stöhnte Renie. »Es muß einen leichteren Weg geben, die Welt zu retten.«
Trotz ihrer Müdigkeit hatten Renie und ihre Gefährten viel zu besprechen; eine Stunde verstrich schnell.
»Wir wissen immer noch nicht, warum wir hier sind«, bemerkte Florimel. Von ihnen allen hatte sie Ruhe am dringendsten nötig – ihre Wunden bereiteten ihr offensichtlich immer noch Schmerzen –, doch ungeachtet dessen hatte sie darauf bestanden, an dem Gespräch teilzunehmen, eine Form der Selbstverleugnung, die Renie nicht unbekannt war. »Was machen wir, wenn die Person, die mit uns in Kontakt treten will, gar nicht Sellars ist? Was ist, wenn es irgendeine Laune des Systems oder sogar ein Täuschungsmanöver unserer Feinde ist? Erinnert ihr euch an das Nemesisding, von dem Martine erzählt hat? Wir haben schlicht keine Ahnung, wer nach uns sucht und was sie von uns wollen könnten.«
»Ich glaube, wir stellen für unsere Feinde keine derart große Bedrohung dar, daß sie solche mühseligen Umwege nötig hätten«, warf !Xabbu ein. »Bis jetzt sind wir wie Fliegen auf einem Elefanten – man vertreibt sie mit einem kurzen Zucken, mehr Aufwand sind sie nicht wert.«
»Wir sind unseren wirklichen Feinden noch nicht einmal begegnet«, sagte Martine. »Wir haben Bekanntschaft mit ihren Handlangern gemacht, den Zwillingen – falls es sich bei euerm Gespann Blechmann und Löwe tatsächlich um sie gehandelt hat, wie dieser Azador meinte. Und Dread haben wir weiß Gott mehr als genug kennengelernt. Aber Dreads Herr und Meister und die anderen sind immer noch weit über uns, unerreichbar fern. Wie Kunohara sagte, sie sind wie Götter.«
»Heißt das, wir sollen einfach warten und hoffen?« ereiferte sich Florimel. »Damit wäre unser Scheitern besiegelt, denke ich.«
»Hast du einen besseren Plan?« fragte Renie. »Das ist nicht sarkastisch gemeint. Was
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