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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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falschen Seite zu stehen. Ganz und gar nicht.«
    »Ich … verstehe nicht recht.«
    »Reiche Männer sind von Entführung und Erpressung besonders gefährdet, Herr Jonas, und je reicher sie sind, desto größer der Reiz, den sie auf kriminelle Gehirne ausüben. Selbstverständlich haben wir gründlich Vorsorge gegen solche Dinge getroffen – wie du zweifellos bemerkt haben wirst, scheut Herr Jongleur weder Mühe noch Kosten, wenn es um die Sicherheit seiner Privatsphäre und seines Unternehmens geht … und um die deines Zöglings. Aber genau wie er sich wirtschaftlich gegen jederlei Aggression entschlossen zur Wehr setzt, so betrachtet er auch unerwünschtes Medieninteresse als eine Art Angriff. Dein Arbeitsvertrag enthält sehr deutliche Bestimmungen betreffend die Geheimhaltung aller Dinge, die mit der Familie Jongleur zu tun haben, und zwar sowohl während als auch nach deiner Anstellung. Ich hoffe, du hast ihn aufmerksam gelesen. Die Strafen bei Verstößen sind … streng.«
    Er wußte, was erwartet wurde, und sagte es. »Ich nehme meine Verpflichtungen sehr ernst, Herr Finney.«
    »Gut, gut. Natürlich.« Obwohl Finney weder eine Hand bewegt noch sonst ein erkennbares Zeichen gegeben hatte, ging weiter hinten eine Tür auf, und eine kolossale Gestalt kam herein. »Herr Mudd wird dich hinaufbringen und dich bekannt machen.«
    »Mit … mit Herrn Jongleur?« Paul konnte den Blick nicht von Finney abwenden, überaus den Augenwinkeln kam ihm die eintretende Person groß und breit wie ein Bus vor.
    Finneys Lachen hatte einen beklemmenden Ton. »O nein! Nein, Herr Jongleur ist ein außerordentlich vielbeschäftigter Mann. Ich glaube kaum, daß du ihn je zu Gesicht bekommen wirst. Nein, mein Kollege wird dich zu deinem Zögling bringen.« Er schüttelte stillvergnügt den Kopf.
    Im Fahrstuhl war für Paul kaum Platz neben Mudd, einem unglaublich dicken, rosigen Mann, dessen kahlrasierter Schädel übergangslos auf seinen massigen Schultern saß.
    »Jonas …« Mudd grinste und entblößte dabei zwei Reihen makelloser, großer weißer Zähne. Seine Stimme war überraschend hoch. »Ist das griechisch?«
    »Nein, ich glaube kaum. Könnte irgendwann mal französisch gewesen sein.«
    »Französisch.« Mudd grinste wieder. Erschien das alles sehr lustig zu finden.
    Der Aufzug hielt so sanft, daß Paul erst, als die Tür aufglitt, merkte, daß sie angekommen waren. Vordem Aufzug befand sich ein nischenartiger kleiner Raum mit einer Tür am anderen Ende, die zur Stahlkammer einer Bank gepaßt hätte. Mudd legte seine dicken Finger auf das Lesefeld und blies dann in ein Sprechgitter. Die Tür öffnete sich mit einem Zischen.
    »Was … was ist das?« fragte Paul verdutzt. Sie schienen eine Art Zimmergarten zu betreten, nur daß er so groß wie ein Fußballfeld war, wenn Paul danach gehen konnte, was er von der hohen Decke und den fernen Wänden sah. Ein von der Tür ausgehender Pfad schlängelte sich zwischen hohen Bäumen hindurch, die in richtiger Erde wurzelten.
    »Der Park.« Mudd nahm ihn am Arm und machte dabei den Eindruck, daß er Pauls Ellbogen mit einem leichten Zudrücken zertrümmern könnte. »Da ist sie immerdrin.«
    Halb von einem Baum verdeckt kniete sie neben dem Pfad – er sah den Saum ihres Rocks, bevor er den Rest von ihr sah, einen Streifen hellblaue Baumwolle mit einem darunter hervorlugenden weißen Spitzenunterrock. »Er ist da, Prinzessin.« Mudd sprach mit der jovialen Vertrautheit eines Seemanns, der seine Lieblingshure begrüßt. »Dein neuer Hauslehrer.«
    Als sie aufstand und hinter dem Stamm hervorkam wie eine die Rinde abstreifende Dryade, flatterte ein bunter Vogel von der Stelle auf, wo sie gehockt hatte, und schwang sich mit leuchtenden Flügeln in die höheren Äste empor. Die Augen des Mädchens waren riesig, ihre Haut sahnig wie Seide. Sie musterte Paul von Kopf bis Fuß, schenkte ihm ein seltsames, ernstes Lächeln und schaute sich dann nach dem verschwundenen Vogel um.
    In einer Persiflage guten Benehmens streckte Mudd seine Hand aus. »Herr Paul Jonas, dies ist Fräulein Avialle Jongleur.«
    »Ava«, sagte sie träumerisch, wobei sie weiter in die andere Richtung blickte. »Sag ihm, er soll mich Ava nennen.«
     
    »… Und … und das ist alles«, sagte Paul, nachdem eine Weile verstrichen war. »Ich spüre, daß das übrige … zum Greifen nah ist. Aber ich krieg’s nicht zu fassen.« Er schüttelte den Kopf. Es war alles so rasch gekommen, so umfassend, wie wenn von einer alten

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