Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
Vom Netzwerk:
unter ihrem vereinten Aufprall, als wäre sie aus Streichhölzern, und sie purzelten in das Dunkel auf der anderen Seite.
    »Chizz.« T4b rappelte sich wieder auf. »Chizzy Miss Lizzy. Habt ihr das geopt?«
    »Ich wünschte, ihr hättet was übriggelassen, was wir hinter uns zumachen könnten«, sagte Renie.
    !Xabbu kam mit der Fackel herbei, und ihr Schein fiel auf Wände, die viel älter waren als die des Tempels darüber, so abgescheuert und glitschig, daß sie organisch wirkten, wie Darmkanäle geradezu. Überreste von Ritzzeichnungen ließen menschliche und tierische Gestalten nur noch in vagen Andeutungen erkennen.
    »Folgt mir jetzt«, sagte Martine und trat an !Xabbu vorbei. »Wenn dies ein Labyrinth ist, dann bin ich am ehesten geeignet, den Weg zu finden.«
    »Was hat sie vor?« fragte Paul Renie. »Will sie nicht die Fackel nehmen …?«
    »Die braucht sie nicht. Sie ist blind, das vergesse ich selber manchmal.«
    Paul starrte sie an, dann Martines Rücken, aber so sehr er sich auch bemühte, er wußte mit der Auskunft nichts anzufangen. Es war auch egal. Es gab zu viele Fragen; dies war nur eine mehr.
    Die angeblich blinde Frau war bereits um die erste Biegung verschwunden. !Xabbu blieb wartend mit der Fackel stehen, bis die anderen aufgerückt waren, und führte sie dann hinter ihr her. Paul, der nur noch Renie hinter sich hatte und fast völlig im Dunkeln ging, folgte mehr dem Schattenriß Florimels vor sich als dem trüben Fackelschein weiter vorn an den Wänden. Durch Pfützen spritzend, die er nicht sah, machte er eine Biegung nach links mit, dann wieder eine Biegung nach links, so daß er einen Spiralpfad vermutete. Nach einigen weiteren Linksbiegungen wurden die Gänge noch enger, und Paul konnte beim Gehen auf nichts anderes mehr achten als darauf, nicht an die Wände zu stoßen.
    Menschenstimmen schwebten heran, Murmelgeräusche, in denen er zuerst Bemerkungen vermutete, die seine vor ihm gehenden Gefährten wechselten, doch dann kamen ihm die Stimmen unbekannt vor, und was er verstand, war wirr und unzusammenhängend. Es war keine Sinnestäuschung, oder jedenfalls nicht nur seine, denn die anderen hörten es auch.
    »Martine, ist das so wie die Stimmen in der Stätte der Verlorenen?« fragte Florimel gedämpft. Sie hörte sich ängstlich an, aber versuchte sich zu beherrschen.
    Martines zurückhallende Worte klangen fast so dünn wie die Geisterstimmen. »Es fühlt sich nicht so an.«
    »Ich glaube, hinter uns sind Leute«, bemerkte Renie bissig. »Nichts Ernstes, bloß Männer mit Schwertern und Lanzen. Geht weiter.«
    Paul war sich da nicht so sicher – warum sollten Männer, die eine ganze Stadt zum Plündern hatten, sich in ein Labyrinth in einem kleinen Tempel verirren? –, aber er behielt seine Zweifel für sich.
    Sie beschleunigten ihr Tempo, so gut es ging, aber in den dunklen, engen Gängen rempelten sie immer wieder aneinander, und außerdem mußte Emily umständlich getragen werden und humpelte Orlando noch wie nach einem Schlaganfall. Sie kamen an Stellen vorbei, wo der Raum weiter wurde und das Fackellicht auf Statuen und eigenartige, rohe Objekte fiel, Steintische, auf denen leere Schalen standen, aber Martine duldete keine nähere Betrachtung, und keiner widersprach ihr – zu stark war das Gefühl, verfolgt, vielleicht sogar in eine Falle getrieben zu werden. Paul erblickte etwas wie das Schimmern von Flammen hoch oben an den Wänden und dachte zunächst, sie kämen in einen Bereich, wo das Labyrinth erleuchtet war, doch nach einer Weile wurde deutlich, daß das Licht entweder eine Mehrfachspiegelung ihrer eigenen Fackeln in dem komplexen unterirdischen Tunnelgewirr war oder daß sich tatsächlich noch andere in dem Labyrinth befanden, die ebenfalls Fackeln dabeihatten. Was es auch sein mochte, die Geräusche begleiteten sie weiter, manchmal geflüsterte Unterhaltungsfetzen, hin und wieder einfach akustisch verstärkte Schritte.
    Kurz darauf sah Paul mit Staunen hoch über ihren Köpfen Sterne auftauchen, ein einzelnes klares mitternachtsblaues Fenster mit feurigen weißen Punkten; als sie um die nächste Ecke bogen, verschwand es. Der flüchtige Anblick ließ Paul erst die bis dahin kaum wahrgenommene Abschüssigkeit ihres Weges begreifen: Die Wände des Labyrinths erstreckten sich mittlerweile vielleicht zwanzig Meter und mehr in die Höhe.
    Zwei weitere kurze Ausblicke auf den sternenübersäten Himmel waren vorbeigezogen, als Paul hinter Florimels nahezu unsichtbarer

Weitere Kostenlose Bücher