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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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drückte, um ja nichts verkommen zu lassen, dann warf er sie lässig in eine Ecke, als ob sie eine der Brandbomben wäre, die Del Ray Chiume aus seinem Haus vertrieben hatten. Del Ray zuckte bei dem Gepolter zusammen.
    »Dolly hat mich verlassen. Sie ist zu ihrer Familie in Manguse zurückgezogen. Seitdem verkrieche ich mich bei Freunden, hier in dieser Werkstatt von meinem Cousin, da und dort. Sie scheinen derzeit nicht sehr intensiv nach mir zu suchen, aber ich bin nicht so dumm, daß ich einfach wieder in mein altes Leben zurückspaziere und rufe: ›Hier bin ich! Kommt, bringt mich doch um!‹«
    Long Joseph wog innerlich ab, ob er sitzen bleiben und die schwere, wohlige Wärme der ersten Flasche Mountain Rose genießen oder ob er probieren sollte, Del Rays unbestreitbare Schuld als Druckmittel zu benutzen und ihn eine zweite Flasche holen zu lassen. »Und was willste von mir?« fragte er. »Wieso biste mit deiner Knarre auf mich los wie einer vonner Mafia? Wieso hab ich meinen Jungen nich besuchen dürfen?«
    Del Ray schnaubte. »Du mußt verrückt sein, Alter. Du wärst niemals zu deinem Sohn gekommen, ohne daß es jemand gemerkt hätte. Du kannst dich glücklich preisen, daß ich dich als erster gesehen habe. Du solltest mir dankbar sein. Wenn diese Gangster dich geschnappt hätten, würdest du jetzt mit Benzin übergossen in einem Graben liegen, und sie würden ein angezündetes Streichholz über dich halten und dich fragen, ob du ihnen vielleicht sonst noch was mitteilen wolltest.«
    Joseph schauderte bei der Vorstellung, die sich nicht sehr von dem unterschied, was er sich vor einer kurzen Stunde noch selber ausgemalt hatte, aber er dachte nicht daran, das vor diesem feinen Pinkel zuzugeben. »Und was jetzt?«
    Die Augen des jüngeren Mannes leuchteten auf, als wäre er aufgefordert worden, die Handlung einer Geschichte zu erzählen, die er schon lange schreiben wollte. »Renie muß diesen Leuten unbedingt sagen, was sie wissen wollen. Wenn sie mit dieser Martine geredet hat, muß sie ihnen versprechen, das nie wieder zu tun. Sie muß von dieser Frau wegbleiben! Das ist es, weshalb sie so wütend sind. Dann wird alles wieder gut. Dann kann ich wieder ins normale Leben zurückkehren.«
    Selbst Long Joseph, der nur einen höchst nebulösen Begriff vom Ausmaß der Schwierigkeiten hatte, in denen Renie steckte, konnte sich des Gefühls nicht erwehren, daß Del Ray das etwas sehr optimistisch sah. Nicht daß es eine Rolle gespielt hätte. »Es is nich so einfach«, sagte er. »Überhaupt nich so einfach. Renie is nich in der Gegend. Es is viel komplizierter, was sie und ich machen, und wir können nich alles umschmeißen, bloß weil ein paar Afrikaandergangster dir ans Leder wollen.« Er blickte in Del Rays kummervolles Gesicht und schüttelte den Kopf mit dem ernsten Bedauern eines Propheten, der den sündhaften Wandel der Menschheit betrachtet. »Wenn ich meinen Jungen besucht hab, denken wir drüber nach, wie dir zu helfen is.«
    »Wenn du was …? Was zum Teufel denkst du dir, Mann?« Del Ray setzte sich gerade hin und stieß sich den Kopf an einem Regalbrett. »Das Krankenhaus steht unter Quarantäne! Und selbst wenn nicht, werden dir diese Dreckskerle das Herz rausreißen, sobald du nochmal dort vor dem Eingang erscheinst!«
    Joseph war die Ruhe selbst. »Dann mußt du dir was einfallen lassen, wie wir da reinkommen, Junior.«
    »Wir? Wir?«
    »So isses. Ich bin hier, um meinen Sohn zu besuchen, und wenn ich ihn nich zu sehen kriege, dann bring ich dich auch nich zu Renie oder zu dieser Martine. Dann darfst du dich den Rest deines Lebens in so ’nem Loch verkriechen. Also fang lieber an, drüber nachzudenken.« Er lehnte sich mit dem überlegenen Lächeln eines mit allen Wassern gewaschenen Abenteurers zurück. »Und während du dir was ausdenkst, kannst du mir gleich noch ’ne Flasche Wein holen gehn.«

Kapitel
Der Sitz des Teufels
    NETFEED/MODE:
    Straßenmode ade, sagt die Haute Couture
    (Bild: Goggleboys an einer Straßenecke)
    Off-Stimme: Nachdem sie es so eilig hatten, den Straßenlook zu übernehmen, sind die großen Modehäuser damit gründlich hereingefallen – und zwar genau bei den Käufern von der Straße. Ladenketten wie Packrat und Cloz melden, daß die ’Chutes’ in den Regalen Staub ansetzen, weil die Kids derzeit das hautenge Spraylatex bevorzugen.
    (Bild: Betchy Barcher von Cloz vor der aktuellen Auslage)
    Barcher: »Wir haben ein paar Wochen gebraucht, um das Ruder rumzureißen,

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