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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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aber jetzt haben wir überall Latex. Die Kids wollen ’Sprays’, und die sollen sie haben.«
     
     
    > Der Abend war mild, die Wüste leer und ruhig, und dennoch wurde Orlando Gardiner von einer Kraft vorwärtsgezwungen, die so mächtig war wie ein Orkan. Sein Freund Fredericks hatte erstaunliche Stärke und Findigkeit bewiesen, aber das Zertrümmern der großen Urne hatte diese Stärke restlos erschöpft, und jetzt wurde auch er unwiderstehlich zu dem drohend aufragenden Tempel und dem darin schlafenden schrecklichen Ding hingezogen.
    Ob sie nun den gleichen Zwang fühlten oder nicht, die kleinen gelben Affenkinder der Bösen Bande fühlten auf jeden Fall etwas, denn sie kreischten entsetzt und klammerten sich an Orlando wie winzige Fledermäuse. Als Thargor hatte er so wenig an, daß die meisten sich mit ihren winzigen Fingern in sein nacktes Fleisch krallten und so einen unsanft zwickenden Mantel lebendiger Leiber bildeten, der sehr schmerzhaft gewesen wäre, wenn Orlando nicht viel größere Sorgen gehabt hätte.
    Irgendwas Gräßliches ist in diesem Tempel, und es zieht uns rein. Ich hab diese Göttin um Hilfe gebeten, aber sie hat uns bloß diese dämlichen Affen geschickt. Das gibt keinen Sinn! Aber was gab in Otherland schon Sinn?
    Spielt das überhaupt noch eine Rolle? Ich sterbe sowieso, ob dieses … Ding uns nun kriegt oder nicht.
    Er tat widerwillig einen Schritt vorwärts, dann noch einen. Die Affen kraxelten hurtig als vielarmige und vielbeinige kneifende Masse nach hinten auf seinen Rücken, so daß sein breiter Körper sie vor dem Tempel abschirmte. Ihnen graute vor diesem Ort, was nur natürlich war, aber wieso um alles in der Welt hatte die Göttin gemeint, diese Kinder könnten ihnen helfen?
    »Lauf weg, Landogarner!« quiekte ihm eines ins Ohr. »’s Große Fiese Nix wohnt da drin. ’s ganze Gear spinnt. Lauf weg!«
    Es kostete Orlando schon alle Kraft, nicht vornüber zu fallen, und so verschwendete er keine Zeit mit Erklärungen, daß er in diesem Moment sowenig weglaufen konnte wie eine Oper auf türkisch komponieren. Als ihm eben aufging, daß das gelbe Mikroäffchen das Wort »Gear« benutzt hatte und daß in der Tat hinter diesem Wahnsinn ganz profane Apparate standen, stolperte er über etwas, das halb vergraben im Sand lag. Es war eine Scherbe der zerbrochenen Urne, in der die Bande gefangen gewesen war, ein Stück, auf dem eine Feder in einem abgerundeten Rechteck eingeritzt war.
    »Geh in die Dunkelheit«, hatte die Göttin Ma’at ihm gesagt. »Du wirst mein Zeichen sehen.« Aber ihr Zeichen hatte ihm bis jetzt nur winzige Affen beschert, ein sehr zweifelhafter Segen. Er zwang sich trotzdem stehenzubleiben, wobei er sich gegen einen Zug stemmen mußte, der sich anfühlte, als ob in einem hoch in der Atmosphäre fliegenden Jet ein Fenster herausgedrückt worden wäre, dann hob er mühsam mit seinen tauben Fingern das Tonstück auf, bevor er abermals vor dem Tempel kapitulierte.
    »Was willse mit machen?« erkundigte sich ein an seinem Kopf hängendes Äffchen. »Das is von der Frau.«
    »Ihr … kennt sie?« Orlando verlangsamte mit äußerster Kraftanstrengung seine Schritte, aber dadurch vergrößerte sich der Abstand zu dem vor ihm gehenden Fredericks noch mehr.
    »Hat mit uns im Dunkeln gesprochen. Uns Geschichten erzählt!« Der Affe hangelte sich nach oben in die schwarzen Haare des Thargorsims. »Umdrehn is echt besser, Landogarner.«
    »Malocchio abbondanza!« kreischte ein anderer Affe ängstlich. »Wegbleiben von, hat die Frau gesagt!«
    »Ich würde … liebend gern … wegbleiben«, stieß Orlando zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Sein Kopf hämmerte so heftig, daß er meinte, gleich werde ihm eine Arterie platzen wie ein verstopftes Rohr. »Es … geht nicht. Der Zug … ist zu stark.« Er atmete tief und zitternd ein. Von seinem machtlos vorwärtsstapfenden Freund sah er jetzt nur noch den gebeugten Rücken. »Hast du … ›Gear‹ gesagt …?«
    »’s Gear spinnt total da«, sagte die Klette in seinem Haar. Er hatte den Verdacht, daß es Zunni war, aber bei dem Geschnatter an seinem Kopf war es schwer, sich zu konzentrieren. »Wie ’ne große Dingsibumsi - Singilatät oder so.«
    »Singularität?« Wenn er nicht beinahe vor Qual vergangen wäre, hätte er laut gelacht. »Meinst du sowas wie ein schwarzes Loch? Aber das hier ist virtuell, verblockt nochmal!« Seine Stimme klang so rauh und schroff, daß einige der Äffchen von ihm fortflatterten. Es war

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