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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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schwer, euch überhaupt zu halten.«
    »Emily! Bist du das da hinten?« Renie mußte ihre panische Wut auf T4b unterdrücken – das war nicht der Zeitpunkt dafür. Sie bemühte sich, ihre Stimme nicht überschnappen zu lassen, aber sie merkte, wie ihre Selbstbeherrschung gewissermaßen an den Rändern ausfaserte. »T4b, verdammt nochmal, wenn du nicht mitziehst, werden Martine und !Xabbu abstürzen! Komm und hilf uns!«
    Eine Weile kam keine Reaktion. Renie konnte beinahe fühlen, wie ihre Arme sich karamelartig streckten, immer länger und dünner wurden. Sie wußte, daß sie nicht mehr lange festhalten konnte, daß gleich etwas passieren würde. Da packte eine große, schmerzhaft dornige Hand sie hinten an ihrem Jumpsuit und fing an zu ziehen. Doch aus Renies erleichtertem Aufatmen wurde augenblicklich ein gepeinigtes Zischen, als Martine den Halt verlor und nun mit ihrem vollen Gewicht im Leeren baumelte.
    Ihre Schultern und Ellbogen schienen mit glühendem Gummi gefüllt zu sein, und sie war sich sicher, gleich loslassen zu müssen. Wie in ihrem Traum war es, als wollte sie die ganze Welt aus der Tiefe ans Licht zerren. Im nächsten Moment schleifte die Hand an ihrem Rücken sie ein Stück weit vom Abgrund weg, so daß sie die Knie krumm machen und die Ellbogen auf den Boden stemmen konnte. Jetzt konnte sie auch ihr Rückgrat beugen und selber Zug ausüben.
    Martine hangelte sich über den Rand, und in ihrer verzweifelten Anstrengung, der Grube zu entkommen, robbte sie buchstäblich über Florimel hinweg. !Xabbu , der sich beiseite gedrückt hatte, um sie hochzulassen, folgte wenige Sekunden später. Alle vier sackten keuchend zusammen.
    »Danke, danke. O mein Gott, ich danke euch.« Martines Stimme, vom Boden noch zusätzlich gedämpft, war kaum mehr als ein ersticktes Murmeln. Renie hatte noch nie eine solche Gefühlswallung bei der blinden Frau erlebt.
    »Wir müssen ein Stück weg«, sagte !Xabbu und erhob sich auf alle viere. »Wir wissen nicht, ob es hier nicht noch mehr Einbrüche gibt.«
    Als sie durch die ungewohnte Finsternis zur Glut des Lagerfeuers zurückgestolpert und -gekrochen waren, richtete Renie sich abrupt auf. »T4b? Was zum Teufel ist mit dir los? Warum hast du uns nicht geholfen, als ich dich gerufen hab?«
    »Er ist noch drüben beim Loch«, sagte Emily eher interessiert als mißbilligend. »Ich glaub, er weint.«
    »Was?« Renie stellte sich wacklig auf die Beine. »T4b – Javier? Was ist los?«
    »Er wollte mir helfen …«, begann Martine, aber Renie schritt bereits auf die zusammengekauerte Gestalt des Kampfroboters zu, so wenig geheuer ihr die dicht daneben klaffende Grube auch war.
    »Javier?« Er schaute nicht auf, aber im trüben Feuerschein sah sie, wie seine Schultern sich versteiften. »T4b, was ist mit dir?«
    Er wandte ihr die finster blickende Kriegermaske zu, aber sein Ton war der eines erschrockenen, verängstigten Jungen. »M-meine Hand … meine verblockte Hand!« Er hielt ihr seinen linken Arm hin. Zuerst dachte sie, er habe sich so fürchterlich den Arm gebrochen, daß dieser spitzwinklig abgeknickt sei; es dauerte eine Weile, bis sie erkannte, daß seine Hand schlicht und einfach weg war, direkt am Handgelenk säuberlich abgetrennt. Die Stulpe des Kampfhandschuhs endete in einer stumpfgrauen Fläche, die an Blei erinnerte, aber einen ganz schwachen Schimmer hatte.
    »Was ist passiert?«
    »Er wollte mich von der Wache ablösen.« Martine trat vorsichtig näher, wobei sie einen weiten Bogen um die Stelle machte, wo der Boden aufgerissen war. »Als ich gerade wegging, merkte ich urplötzlich, daß die Erde vor mir einfach … verschwand. Nein, das ist zu simpel, es war eher so, daß ein ganzer Bereich aus Luft und Land … sich veränderte. Als ob ein unsichtbares Feld eine großflächige Bodenprobe entnehmen würde.« Ihre schwere Atmung deutete darauf hin, daß sie sich von dem Schock ihres Erlebnisses immer noch nicht ganz erholt hatte. T4b hielt den betroffenen Arm dicht an seinen Körper und wiegte ihn wie ein verletztes Kind hin und her. »Wenn ich nicht blind gewesen wäre«, fuhr Martine fort, »wäre ich, glaube ich, im Dunkeln einfach hineingetreten, aber weil ich spürte, daß etwas nicht stimmte, bin ich hart am Rand stehengeblieben. Als ich ins Wanken geriet, hat T4b mich zurückgezogen, aber ich denke, seine andere Hand muß die Ebene durchstoßen haben, wo Boden und Luft noch im Übergang waren, denn er stieß einen Schrei aus …«
    »Ja! Den hab ich

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