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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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für eine Gegend, Beezle?« flüsterte er. »Wo sind wir?«
    »In der Henkerstadt. Orlando hat sich hier nicht viel aufgehalten.«
    »Es ist ein Ghetto!«
    »Das kommt dabei raus, wenn man alles nach dem Laissez-faire-Prinzip laufen läßt, und sei’s nur imaginär.«
    Ramsey fragte sich verwundert, ob er einen sozialistischen Einschlag in Beezles Programmierung entdeckt hatte. »Ist es gefährlich?«
    »In dieser Spielwelt«, erwiderte der Käfer, »was wär da nicht gefährlich? Aber klar, es ist nicht grade lauschig hier. Zombies, finstere Kobolde, jede Menge abgewrackte Diebe und Strolche. Ich glaub, draußen bei der Müllhalde treiben sich auch noch Werwölfe rum.«
    Ramsey schnitt eine Grimasse und zog heimlich Blutsturz, oder wie das Ding hieß, aus der Scheide.
    Belmak blieb lange genug stehen, um die Worte loszuwerden: »Hab keine Angst, wir sind fast da.«
    »Wahrlich«, setzte sein Begleiter hinzu, »so ist es.« Sie hörten sich beide ziemlich atemlos an.
    Ramsey mußte an Beezles Bemerkung über Werwölfe denken, als immer deutlicher wurde, daß es sich bei dem Ort, zu dem er gebracht wurde, nur um die erwähnte Müllhalde handeln konnte, einen Berg aus Abfällen mit mehreren vorgelagerten Hügeln, der mitten in der Henkerstadt eine Fläche von einigen Straßenkarrees einnahm. Überall schwelten Feuer, von denen sich die meisten wohl in dem Unrat selbst entzündet hatten. Der mittelalterliche Müll, bestehend vor allem aus Kot, Knochen und zerbrochenen Töpfen, war selbst für ein virtuelles Environment hochgradig deprimierend. Bis auf wenige in den Haufen herumfleddernde Gestalten, die in dem roten Schein der niedrigen Flammen kaum zu erkennen waren, war die Umgebung menschenleer; Ramsey sah nicht, was er an so einem Ort zu suchen haben sollte.
    Er hob das Schwert, dessen Namen er sich einfach nicht merken konnte. »Soll das ein Hinterhalt werden oder was? Wenn ja, wäre es mir lieber gewesen, ihr hättet ihn ein paar Meilen früher veranstaltet und uns den weiten Weg erspart.«
    »Kein … Hinterhalt«, keuchte der Rote Filou, der deutlich noch mehr außer Atem war als Ramsey. »Unser Ziel ist … da drüben.« Der rothaarige Mann deutete auf einen dunklen Klumpen am Fuße eines der Abfallhügel; auf den ersten Blick schien es sich um einen weiteren Müllhaufen zu handeln, doch als Ramsey angestrengt spähte, erkannte er im Feuerschein die vagen Umrisse eines sich bewegenden Schattens davor. Er hielt das Schwert vor sich und marschierte über den matschigen Grund darauf zu. Belmak und sein kleiner Gefährte konnten nicht Schritt halten und fielen schnell zurück.
    Der Klumpen stellte sich als eine Hütte heraus, falls man dieses Wort auf ein Gebäu anwenden konnte, das nur ein notdürftiger Verschlag aus alten Brettern und Bruchsteinen war. In die Ritzen gestopfte Lumpen, die wohl den Wind oder vielleicht den allgegenwärtigen schmutzigen Rauch abhalten sollten, gaben ihr das Aussehen einer Puppe, die dabei war, ihre Füllung zu verlieren. In der Öffnung (dem Türrahmen, wenn es denn eine Tür gegeben hätte) stand eine hochgewachsene Gestalt, die wie so viele in dieser Stadt in einen langen schwarzen Umhang mit einer Kapuze gehüllt war.
    Ramsey schritt entschlossen auf diese Erscheinung zu. Er war schon gut zwei Stunden länger online, als er geplant hatte, die Füße taten ihm weh, und wenn er noch lange wartete, war es sogar zu spät, um sich aus dem Schnellrestaurant an der Ecke einen Happs zu essen kommen zu lassen. Er wollte jetzt entweder etwas Greifbares geliefert bekommen oder augenblicklich aus der Simwelt verschwinden, falls diese neue Unternehmung sich als so fruchtlos erwies, wie er vermutete.
    »So, hier bin ich«, herrschte er die schweigende Gestalt an. »Zwiddeldum und Zwiddeldei hängen ein bißchen zurück, aber sie werden sicher bald kommen. Ich habe einen verdammt langen Fußmarsch hinter mir, also wer bist du, und was für Informationen hast du zu verkaufen?«
    Eine ganze Weile verharrte die dunkle Gestalt unbewegt wie eine Statue. »Du vergißt dich«, sagte sie schließlich mit tiefer, eindrucksvoller Stimme. »Niemand spricht so mit dem großen Hexenmeister … Dreyra Jarh!« Der Fremde stieß die Arme in die Luft, so daß die weiten Ärmel um lange, blasse Hände flatterten, und augenblicklich verwandelte ein jäher Blitz die ganze Müllhalde der Henkerstadt in ein fotografisches Negativ. Ein Donnerschlag in der Höhe ließ Catur Ramseys Ohren knacken.
    In dem

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