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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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fertig.« Sie wandte sich wieder an Florimel. »Du hast nach dem Hund gefragt. Orlando war nicht der einzige von unserer Gruppe, der mit seinem Anderlandsim eine Überraschung erlebte. Erinnerst du dich noch, was !Xabbu uns erzählte?«
    »Daß … daß er an Paviane gedacht hatte …«, begann Florimel, dann verschlug es ihr die Sprache. »Er hatte an Paviane gedacht, wegen irgendeiner Stammesgeschichte oder sowas … aber er hatte nicht vorgehabt, einer zu sein.«
    »Genau. Aber jemand … etwas … wählte diese Erscheinung für ihn aus. Wißt ihr, wie die Paviane anfangs auch genannt wurden?«
    Paul nickte aufgeregt. »Die frühen europäischen Entdecker gaben ihnen den Namen ›Hundskopfaffen‹, nicht wahr?«
    »Richtig. Und jetzt stellt euch vor, wie der Andere, im Dunkeln eingesperrt, in dem kleinen Winkel seines Intellekts, wo er sich vor seinen grausamen Herren verbergen kann, betet und singt. Deutlicher als an vieles andere erinnert er sich an ein Märchen, das ihn seit der Zeit begleitet, die für ihn wohl so etwas wie einer Kindheit am nächsten kommt. Ein Märchen über einen gepeinigten und verängstigten Jungen in der Dunkelheit. Er durchforscht die Gedanken einer Gruppe von Eindringlingen, und während sein Sicherheitsprogrammteil sich noch mit der nackten äußeren Tatsache dieses Eindringens beschäftigt, merkt er, daß einer aus der Gruppe ein Vorstellungsbild von einem vierbeinigen Wesen mit einem hundeähnlichen Kopf in sich trägt, eine Art Selbstbild, könnte man sagen. Und falls sein Zugang zum Unterbewußtsein ihm auch etwas über den wahren Charakter der betreffenden Person verrät, spürt er möglicherweise sogar !Xabbus Freundlichkeit und Treue.
    Vielleicht hatte er vorher schon einen Plan, vielleicht wurde der Gedanke erst von !Xabbu oder von etwas anderem an uns ausgelöst. Aber von dem Augenblick an wollte der Andere uns nicht mehr vernichten, wenigstens das ›Kind‹ in ihm, der denkende, fühlende Teil, wollte es nicht. Er wollte uns finden. Er wollte uns zu sich holen. Er betete darum, gerettet zu werden.«
    »Wahnsinn.« Paul hatte das Gefühl, das schon einmal gesagt zu haben, aber mußte es trotzdem wiederholen. »Wahnsinn. Das heißt, der Berg war…?«
    »… vielleicht ein neutrales Territorium?« ergänzte Florimel.
    »Vielleicht. Vielleicht ein Punkt, der dem geheimen Versteck des Andern nahe war – sofern wir räumliche Vorstellungen wie Nähe auf das Netzwerk anwenden können –, dem Zentrum seines ›Selbst‹. Wenn wir dort hätten bleiben können, wenn Dread nicht dazwischengekommen wäre, hätte er möglicherweise mit uns gesprochen.«
    Paul erstarrte. »Heißt das, Renie hatte recht? Sie und die andern sind wirklich im Herzen des Systems?«
    Martine ließ sich zurücksinken. »Ich weiß es nicht. Aber wenn wir dort hinwollen, müssen wir einen anderen Weg finden, denn Troja ist uns anscheinend versperrt.«
    »Wir werden uns was ausdenken«, meinte Florimel. »Lieber Himmel, ich kann es kaum fassen, daß ich dieses Wesen, das mir meine Eirene genommen hat, auf einmal mit ganz andern Augen sehen muß. Aber wenn deine Vermutungen stimmen, Martine … O nein, was für ein schrecklicher Gedanke!«
    Martine seufzte. »Vor jedem weiteren Schritt jedoch müssen wir schlafen. Ich habe mich völlig verausgabt, und dabei hatte ich schon vorher keine Kräftereserven mehr.«
    »Warte.« Paul legte ihr die Hand auf den Arm. Er spürte, daß sie vor Müdigkeit bebte. »Entschuldige, aber noch eine letzte Sache. Du hast vorhin Nandi erwähnt.«
    »Ja, Orlando ist ihm begegnet.«
    »Ich weiß. Ich bin ihm auch begegnet, das habe ich dir bestimmt erzählt. Ich denke, du hast recht: Wenn jemand uns helfen kann, den richtigen Durchgang zu finden, dann er.«
    »Aber wir wissen nicht, wo er ist«, wandte Florimel ein. »Orlando und Fredericks haben ihn zuletzt in Ägypten gesehen.«
    »Dann müssen wir dorthin. Zumindest haben wir damit ein gewisses Ziel vor Augen.« Er drückte sanft Martines Unterarm. »Ist dir aufgefallen, ob das ein … eine der zugänglichen Welten war? Als du nach Troja geschaut hast?«
    Sie schüttelte traurig den Kopf. »Zu wenig Zeit. Deshalb ließ ich mir diesen Ort hier geben, als ich Troja nicht finden konnte – es war die Standardvorgabe.« Sie tätschelte seine Hand, dann drehte sie sich um und tastete nach einer freien Stelle, wo sie sich hinlegen und schlafen konnte. »Aber beim nächsten Gateway werden wir danach suchen.« Sie gähnte. »Und es stimmt,

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