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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Thematik genervt war, aber dieser hatte einfach den Kopf abgewandt und betrachtete das Feuer. Paul beneidete ihn fast um seine Fähigkeit, einfach abzuschalten. »Aber das ist doch im Grunde bloß die normale Definition derartiger VR-Environments, oder?« bemerkte er. »Man bekommt Eingaben direkt an die Sinne, Informationen aus der realen Welt werden ausgeschaltet.«
    »Ah.« Martine setzte sich gerader hin. »Aber ›derartige Environments‹ gibt es nicht, davon haben wir uns zur Genüge überzeugen können. Es ist einzigartig! Einzigartig insofern, als wir nicht offline gehen können, einzigartig insofern, als wir unsere eigenen Neurokanülen nicht finden können, ja nicht einmal die primitiveren Input-Output-Geräte, die Renie und !Xabbu benutzen, obwohl wir wissen, daß sie da sind. Und als Fredericks offline zu gehen versuchte, da hatte er … nein, sie, das hätte ich fast vergessen … schreckliche Schmerzen.«
    Florimel machte einen skeptischen Ton. »Das erklärt immer noch nicht …«
    »Vielleicht kann das Netzwerk – genauer gesagt, das Betriebssystem, der Andere – sich nicht nur an unsere bewußten Gedanken anschließen, sondern auch an unser Unterbewußtsein.«
    »Was, du meinst, es liest unsere Gedanken?«
    »Ich weiß nicht, wie das gehen könnte oder wo die Grenzen wären, aber denkt doch mal nach! Wenn es Zugang zu unserem Unterbewußtsein hätte, wäre es imstande, uns zu suggerieren, wir könnten nicht offline gehen. Wie Hypnose. Unterhalb der Schwelle des Wachbewußtseins könnte es uns einreden, daß ein Herausgehen aus dem Netzwerk uns furchtbare Schmerzen bereiten würde.«
    »Wahnsinn.« Paul fiel es wie Schuppen von den Augen. »Aber das würde bedeuten … daß es euch alle im Netzwerk halten wollte. Was ist mit euerm Freund Singh? Den hat es umgebracht.«
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht unterstand das Sicherheitssystem, der Teil des Andern, der den Zugang zum Netzwerk überwacht, der direkteren Kontrolle der Gralsbruderschaft. Vielleicht konnte der Andere uns erst von da an, wo wir drinnen waren, richtig wahrnehmen, mit uns in Kontakt treten.« Sie wurde ganz aufgeregt. »Falls es ihm darum ging, irgendwie eine Geschichte auszuagieren, das Märchen von dem Jungen im Brunnen, dann könnte es sein, daß er in uns die gesuchten Helfer erblickte!«
    »Klingt halbwegs logisch«, sagte Florimel nachdenklich. »Aber es gibt noch einiges zu klären, bevor ich bereit bin, das zu glauben. Du hast auch das mit dem Hund noch nicht erklärt. Ich sagte irgendwas über den Hund in der Geschichte, und darauf hast du angefangen, über Sims zu reden, über das Erscheinungsbild deiner Sims …?«
    »Ja. Weißt du, wie dein Gesicht aussieht?«
    Florimel blickte unwillig. »Spielst du auf meine Verletzungen an?«
    »Nein, im normalen Leben. Weißt du, wie dein Gesicht aussieht? Natürlich weißt du das. Du hast Spiegel, du hast Fotos von dir. Jeder normale Mensch weiß, wie er aussieht. Paul, hast du deine Sims gesehen? Sehen sie dir ähnlich?«
    »Die meisten. Nur nicht, wenn ich jemand Bestimmtes war, wie du schon sagtest. Odysseus etwa.« Er sah sie befremdet an, da ging ihm plötzlich ein Licht auf. »Du weißt nicht, wie du aussiehst, ist es das?«
    Martine nickte. »Genau. Ich bin seit meiner Kindheit blind. Ich weiß, daß ich nicht mehr wie damals aussehe, aber was die Jahre mit mir gemacht haben, kann ich nicht wissen, höchstens tastend erahnen.«
    Florimel starrte sie an. »Willst du damit sagen, daß der Andere … deine Gedanken gelesen hat?«
    »In gewisser Weise, vermute ich. Er könnte sich von jedem von uns einen Eindruck verschafft haben, wer wir sind, wie wir aussehen – oder gern aussehen würden. Hat Orlando nicht gesagt, er sehe aus wie eine frühere Version seiner Figur? Wo hätte die herkommen sollen, wenn nicht aus Orlandos eigenem Unterbewußtsein?«
    Obwohl Paul immer noch sehr müde war, konnte er sich der Faszination dieser neuen Perspektive nicht entziehen. »Das war mir damals recht merkwürdig, als er es mir erzählte. Vieles davon war mir merkwürdig, aber an ungelösten Fragen war ja kein Mangel.«
    »Natürlich nicht«, gab Martine ihm recht. »Wir mußten Tag für Tag um unser Leben kämpfen, und das unter Bedingungen, denen vorher noch nie ein Mensch ausgesetzt war. Da braucht es lange, bis bei einem der Groschen fällt, wie ihr Deutschen sagt, Florimel.«
    »Und was fangen wir nun mit diesem Wissen an, wenn es denn zutrifft?« fragte Paul.
    »Ich bin noch nicht

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