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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Harun al-Raschid, in eine Eiswüste verwandelt. Dread ist kein Monster wider Willen. Er hat dieses ganze imaginäre Universum allein zu seinem Vergnügen verwüstet.«
    »Ja, und jetzt, wo die Mitglieder der Bruderschaft tot oder versprengt sind, ist er unser wahrer Feind.« Martine lehnte sich an die Wand zurück. »Ich fürchte, du hast recht, Florimel, meine Überlegung hat kaum praktische Konsequenzen. Wenn wir schon den Andern mit nichts beeinflussen konnten, dann kann ich mir nicht vorstellen, womit wir Dread von seinem Treiben abbringen sollen.«
    Paul setzte sich gerade hin. »Vergißt du nicht etwas? Zum Beispiel die Tatsache, daß wir Freunde haben, die noch irgendwo dort draußen umherirren? Mag sein, daß wir gegen das System nicht ankommen, mag sein, daß wir diesem vielbeschrienen Mörder und jetzigen virtuellen Gott nichts anhaben können, aber wir können verdammt nochmal versuchen, Renie und die andern zu finden.«
    Einen Moment lang meinte Paul, Martine würde die Beherrschung verlieren, so jäh verfärbten sich die Wangen ihres Simgesichts. »Das habe ich nicht vergessen, Paul«, sagte sie schließlich steif. »Es ist mein Fluch, daß ich so gut wie nichts vergesse.«
    »So hab ich das nicht gemeint. Aber wenn wir schon Dread nicht aufhalten können, dann können wir wenigstens probieren, aus diesem Netzwerk rauszukommen. Die Gralsbruderschaft ist weg vom Fenster, also gegen wen kämpfen wir eigentlich? Mag ja sein, daß ihr freiwillig hier seid, halbwegs, aber ich ganz bestimmt nicht.« Paul spürte, wie eine sinnlose Wut in ihm aufkochte, und bemühte sich um Beherrschung. »Na schön. Also, was ist unser nächster Schritt? Wenn die Trojasimulation abgeschaltet ist, wie kommen wir dann an Renie und die andern ran?«
    »Wir wissen sowieso nicht, ob der Trick ein zweites Mal geklappt hätte«, gab Florimel zu bedenken. »Ich hatte den Eindruck, daß der Andere uns irgendwie zu sich holen wollte – daß er für uns sowas wie ein spezielles Gateway gemacht hat. Wenn die künstliche Intelligenz jetzt versklavt ist, oder auch nur unterworfen, dann bezweifle ich …«
    Sie verstummte, weil Martine die gespreizte Hand hochhielt wie ein Wachposten, der draußen vor dem Lager heimliche Schritte hört.
    »Ich glaube, es stimmt, was du sagst.« Martine sprach ganz langsam und bedächtig. »Ich glaube, daß der Andere uns mit Hilfe von Pauls Engel zu sich rufen wollte. Er wollte irgend etwas von uns.«
    »Aber wir haben keine Ahnung, was das sein könnte«, warf Paul ein.
    »Etwas Geduld, wenn ich bitten darf!« Wieder stieg der Blinden die Zornesröte ins Gesicht. »Herrje, laßt mich doch mal in Ruhe nachdenken! Es … der Andere … wollte uns aus irgendeinem Grund bei sich haben. Damit wir ihn befreien? Wie in dem Märchen?«
    Paul legte die Stirn in Falten und versuchte zu begreifen, wohin ihre Überlegungen gingen. »Er … er nimmt die Geschichte wörtlich? Er will, daß wir ihn aus seinem Loch herausholen?«
    »Aus seiner Gefangenschaft, ja, das könnte sein.«
    »Wer von uns ist der Hund?« fragte Florimel in sarkastischem Ton. »Ich hoffe, es wird nicht erwartet, daß wir uns freiwillig für die Rolle melden.«
    »Der Hund. Natürlich!« Martine nickte heftig mit dem Kopf. »Oh, könnte das wirklich sein? Vielleicht doch. Laßt mich das aussprechen, auch wenn es sich lächerlich anhört.« Sie legte die Hände an den Kopf, die Augen fest zugekniffen. »Renie sagte mir einmal, daß alle meine Sims in diesem Netzwerk sehr … gewöhnlich aussehen. Stimmt das? Beinahe wie Blankosims?«
    »Ja, schon«, antwortete Florimel. »Und?«
    »Sie sagte mir, nur in Troja hätte ich wie ein bestimmtes Individuum ausgesehen. Aber das lag daran, daß ich eine für die Simulation gemachte Figur zugeteilt bekam, Kassandra, eine Tochter des Königs. Ansonsten erscheine ich die ganze Zeit in der einen oder anderen Version des ursprünglichen Bäuerinnensims aus Temilún, und der ist deutlich unspezifischer als deiner, Florimel, oder als der der falschen Quan Li.«
    »Zugegeben. Was folgt daraus?«
    »Wir alle werden praktisch nur als Information in dieses System eingespeist, ja? Unsere wirklichen Körper mögen aussehen, wie sie wollen, in diesem System existieren wir nur als Bewußtseinsströme, als Erinnerungen und Gedanken, stimmt’s? Und das System schickt uns seinerseits Informationen über dieselben neuronalen Bahnen.«
    Paul sah kurz zu T4b hinüber, weil er erwartete, daß der Teenager von der schwierigen

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