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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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anschließen? Auf die Art hätte ich eine genauere Vorstellung davon, was vor sich geht.«
    »Meinst du die Kameras und so?« Josephs Kompetenz war auf einmal unter schwerem Beschuß. »Dich anschließen? An die?«
    »Das müßten wir eigentlich schaffen, selbst mit den alten Geräten, die ihr dort habt.« Ein eigenartiges keuchendes Lachen ertönte. »Ich bin selber ein ziemlich altes Gerät. Ja, ich denke, ich kann dich dirigieren.«
    Joseph war verunsichert. Jede Zelle in seinem Körper forderte ihn auf, Verantwortung zu übernehmen, von Nutzen zu sein, aber er wußte, daß Jeremiah viel mehr Zeit an den Apparaten zugebracht hatte als er. Wenn er ehrlich sein wollte, mußte er zugeben, daß er sich bisher nicht im geringsten mit den Monitoren beschäftigt hatte. Mit echtem Bedauern sagte er: »Ich geb dich an Jeremiah weiter.« Doch bevor er das Handtuch warf, mußte er wenigstens noch einmal den Zuständigen markieren. »Es is dieser Sellars«, flüsterte er, während er den Hörer weiterreichte. »Wir sollen ihn an die Bilddinger anschließen.«
    Jeremiah blickte ihn befremdet an, dann beugte er sich vor und drückte einen Knopf auf der Bedienerkonsole. »Ich habe dich auf Lautsprecher gestellt, Herr Sellars«, sagte er laut und hängte den Hörer auf. »Auf die Art können wir dich beide hören.«
    Joseph war verdutzt. Spielte Jeremiah den Freundlichen, als ob er es mit einem kleinen Jungen zu tun hätte? Oder behandelte er ihn als seinesgleichen? Joseph wollte grummeln, aber verspürte wider Willen eine gewisse Befriedigung.
    »Gut.« Sellars’ kratzige Stimme klang jetzt über den kleinen Lautsprecher noch unheimlicher. »Ich versuche, mir etwas einfallen zu lassen, aber könntet ihr mich zuerst einmal mit euren Monitoren verschalten?« Er gab Jeremiah eine Reihe von Instruktionen, denen Joseph nicht ganz folgen konnte, was ihm abermals die Petersilie verhagelte. Wer war denn hier eigentlich der Mechaniker in der Gruppe? Bestimmt nicht Jeremiah, eine Art besseres Dienstmädchen für eine reiche alte weiße Pute. Bestimmt nicht Del Ray, ein zu groß gewordener Schulbub, der feine Anzüge trug und hinter einem Schreibtisch hockte.
    Bis Joseph schließlich die souveräne Gelassenheit aufbrachte, die unabsichtliche Beleidigung abzuschütteln, hatte Jeremiah anscheinend getan, was Sellars wollte.
    »Ich sehe drei arbeiten und einen mit Gewehr, der aufpaßt«, sagte die blecherne Stimme. »Sind das alle?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, antwortete Jeremiah.
    Joseph zog nachdenklich die Stirn kraus. Als er und Del Ray hier eingestiegen waren, hatten sie … wie viele gesehen? »Fünf«, sagte er plötzlich. »Die sind zu fünft.«
    »Also ist einer irgendwo anders«, grübelte Sellars. »Den dürfen wir nicht vergessen. Aber erst müssen wir uns um die andern kümmern, die graben. Wie dick sind die Decken, wißt ihr das? Wartet, ich müßte Zugriff auf die Pläne haben.«
    Etliche Sekunden lang war der Lautsprecher stumm. Josephs Gedanken wanderten gerade traurig zu dem kleinen Rest Wein zurück, den er übriggelassen hatte, als die Stimme sich wieder meldete. »Ungefähr zwei Meter dick dort, wo sie arbeiten, neben dem Aufzugschacht. Was bedeutet, daß sie schätzungsweise ein Viertel geschafft haben.« Er gab ein eigenartiges Geräusch von sich, vielleicht ein Zischen der Anspannung. »Es ist schwerer Beton, aber in höchstens einem Tag sind sie durch.«
    »Wir haben nur einen Revolver, Herr Sellars«, sagte Jeremiah. »Zwei Kugeln. Wir werden nicht gegen sie kämpfen können, wenn sie durch sind.«
    »Dann müssen wir zusehen, daß wir sie daran hindern«, erwiderte Sellars. »Ich wünschte, diese Basis wäre noch ein bißchen älter, dann könnte ich vielleicht etwas an den Heizungen verstellen und Kohlenmonoxid in die oberen Räume leiten.«
    Joseph konnte sich immerhin noch soweit an seine Zeit als Bauelektriker erinnern, daß ihm dieses Kohlenzeugs nicht ganz unbekannt war. »Genau, umbringen die Schweine! Vergiften! Das wäre prima.«
    Jeremiah verzog das Gesicht. »Sie kaltblütig ermorden?«
    »Es geht ohnehin nicht«, beruhigte Sellars ihn. »Wenigstens wüßte ich im Moment nicht wie, wir müssen also keine Moraldebatte führen. Aber du mußt dir darüber im klaren sein, daß das keine kleinen Gauner sind, Herr Dako. Das sind Mörder, vielleicht dieselben Männer, die deine frühere Arbeitgeberin auf dem Gewissen haben.«
    »Woher weißt du davon?« fragte Jeremiah verwundert. »Hat Renie dir das

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