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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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erzählt?«
    »Und außerdem haben sie noch jemanden umgebracht, den Joseph kennt«, sagte Sellars, ohne auf Jeremiahs Frage einzugehen. »Den jungen Informatiker, bei dem ihr in Durban wart.«
    Joseph mußte einen Moment überlegen. »Den Dicken? Den Elefanten?«
    »O Gott, das ist nicht wahr!« rief Del Ray, der mittlerweile von seinem Krankenlager aufgestanden und dazugekommen war.
    »Leider doch. Sie haben ihn in den Kopf geschossen und sein Wohngebäude in Brand gesteckt.« Sellars sprach jetzt sehr hastig, als ob eine Uhr in seinem Kopf laut tickte. »Und sie werden auch euch bedenkenlos umbringen, wenn ihnen danach ist … und ich vermute sehr, ihnen wird danach sein.«
    Vor seinem inneren Auge sah Joseph die mit Geräten vollgestopfte Fabriketage brennen. Sein anfänglicher faszinierter Grusel gerann zu einem ganz anderen Gefühl, als ihm die Keckheit des Elefanten wieder ins Gedächtnis kam, sein Stolz auf seine erstklassige technische Ausstattung.
    Ungerecht. Das is ungerecht. Er hat uns doch bloß geholfen, weil Del Ray ihn drum gebeten hat.
    »Was sollen wir dann tun?« fragte Jeremiah. »Darauf warten, daß sie durchbrechen und uns ermorden?«
    »Die Polizei!« Joseph fühlte, wie der Zorn in ihm anschwoll. »Warum rufen wir nich einfach wen zur Hilfe – die Armee? Melden ihnen, daß ein paar Männer uns hier in ihrem Stützpunkt umbringen wollen?«
    »Weil ihr selber von der Polizei gesucht werdet«, erwiderte Sellars mit seiner elektronisch verzerrten Stimme. »Dafür hat die Bruderschaft gesorgt. Wißt ihr nicht mehr, was passierte, als Herr Dako eine seiner Karten benutzen wollte?«
    »Woher weißt du das alles?« fragte Jeremiah abermals. »Bei unserem ersten Gespräch habe ich dir nichts davon erzählt.«
    »Laß gut sein.« Ihr unsichtbarer Helfer klang erschöpft. »Wie gesagt, ich habe wenig Zeit und noch anderswo viel zu tun. Wenn ihr die Polizei verständigt, wird es Stunden dauern, bis ein ausreichend großes und ausgerüstetes Kommando dort oben bei euch in den Bergen eintrifft. Und gesetzt den Fall, sie schaffen es und können Klekker und seine Killer vertreiben oder festnehmen, was passiert dann mit euch? Vor allen Dingen, was passiert mit Renie und !Xabbu ? Wenn ihr drei verhaftet seid, werden sie entweder allein und unbeaufsichtigt in dem leeren Stützpunkt zurückbleiben, dem dann vielleicht noch der Strom abgedreht wird, oder falls ihr sie meldet, werden sie abgeschaltet und weggebracht. Und meine Vermutung wäre, daß sie dann in dem bekannten Koma liegen. Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt herauszuholen, könnte sogar tödlich sein.«
    Die Vorstellung, daß der Strom plötzlich weg sein könnte und daß Renie dann in der Finsternis des Tanks aufwachte und verzweifelt aus diesem komischen Gelee herauszukommen versuchte, war noch grauenhafter als der Gedanke, daß sie in einem Krankenhaus lag, genauso starr und reaktionslos wie ihr Bruder. Joseph knallte die flache Hand auf den Tisch. »Kommt nich in Frage. Ich laß mein Mädel nich hier hängen.«
    »Dann müssen wir uns eine andere Lösung ausdenken«, meinte Sellars. »Und zwar rasch. Ich habe derzeit alle Hände voll zu tun, überall Brände zu bekämpfen, und sobald ich einen gelöscht habe, brechen dafür zwei neue aus.« In der eintretenden Stille hörte man nur das Sprachverzerrungsgear des geheimnisvollen Mannes summen. »Moment mal. Das könnte es sein.«
    »Was? Was könnte was sein?« fragte Jeremiah.
    »Laß mich nochmal einen Blick auf die Pläne werfen«, erwiderte Sellars. »Wenn ich recht habe, müssen wir schnell machen – dann habt ihr alle viel zu tun. Und es ist riskant.«
     
    »Am Anfang nur ein kleiner Haufen«, mahnte Sellars. »Beschränkt euch auf die Sachen, von denen ihr wißt, daß sie brennen: Papier, Kleidungsstücke.«
    Joseph blickte auf den riesigen Haufen Zeug, den sie in den vergangenen anderthalb Stunden unter Sellars’ Leitung zusammengetragen hatten. Papier, Trockentücher und Lappen konnte er verstehen, auch die staubigen Militärbettlaken, die sie sich in ihren ersten Tagen aus dem Materiallager geholt hatten, aber was in aller Welt sollten sie mit den Rädern der ganzen Bürostühle anfangen? Mit Gummimatten? Teppichböden?
    »Ich will es noch einmal überprüfen, bevor wir zur Tat schreiten und dann nicht mehr zurück können«, sagte Sellars. »Anders als eure Feinde habt ihr keinen Zugang zu frischer Luft.« Als ob ein Geist einen Schalter betätigt hätte, erhob sich im Luftkanal in der

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