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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Telematikbuchse, die soviel kostete wie ein Kleinwagen, zum Gesprächsthema wurde.
    Jetzt, wo ihre anfängliche Furcht langsam nachließ, fand sie, daß das Ganze nicht schlimmer war, als es aussah. Sie hatte in einer Stadt, die mehr oder weniger dem Konzern gehörte, neugierige Fragen gestellt, und dieser Konzern war berühmt für seine Geheimhaltungspolitik. Und wenn die beiden ihren Namen an der Motelrezeption bekommen hatten, konnte sie nicht gut behaupten, jemand anders zu sein, nicht wahr? Irgendwo auf dieser Insel, vielleicht im schwarzen Turm selbst, befanden sich die Unterlagen der Angestellten Pirofsky, O.
    »Ihr müßt wissen«, erzählte sie ihnen, »daß ich jahrelang für ein Tochterunternehmen der J Corporation gearbeitet habe – ihr kennt doch bestimmt Onkel Jingle, nicht? An der Sendung habe ich mitgewirkt.« Upshaw nickte und lächelte höflich. Casaro verzog keine Miene. »Und da ich gerade in der Gegend war – ich mache eine Autotour durch die Staaten, zur Feier meines Ruhestands sozusagen –, dachte ich, ich schaue einfach mal vorbei. Schließlich habe ich viele Jahre lang von hier mein Gehalt bezogen!«
    Sie beantwortete noch ein paar Fragen, alle von Wachfrau Upshaw gestellt, und tat ihr Bestes, um den Eindruck zu erwecken, sie freue sich über die Abwechslung und sonne sich in der Wichtigkeit eines Besuchs von Sicherheitskräften. Sie bemühte sich um die Ungezwungenheit der unschuldigen Steuerzahlerin, die ihr bei Polizeikontrollen in Juniper Bay niemals schwergefallen war.
    Du bist doch eine Schauspielerin, oder? Dann spiele!
    Es schien zu klappen. Die Fragen wurden flüchtiger, und selbst Casaros durchbohrender Blick auf Olga und ihr Zimmer stumpfte zu gelangweilter Routine ab. Sie verspürte keinen Drang, sein Interesse neu zu entfachen. Sie fing an, ihnen eine wahre, aber weitschweifige und belanglose Geschichte über ihren Hund Mischa zu erzählen, und damit hatte sie es schließlich geschafft.
    »Tut uns sehr leid, aber wir müssen jetzt weiter, Frau Pirofsky«, sagte Upshaw und erhob sich. »Und entschuldige bitte nochmals die Störung.«
    Von leiser Selbstzufriedenheit erfüllt erlaubte sie sich eine winzig kleine Provokation. »Ach, vielleicht kannst du mir das sagen, weil ich es nicht ganz sicher herausfinden konnte. Gibt es nicht irgendeine Art von Führung über … den Campus, wie du es nanntest? Nachdem ich mir diesen weiten Weg gemacht habe, würde ich ihn nur ungern bloß aus der Ferne sehen.«
    Casaro schnaubte und trat aus der Tür, um draußen auf dem Motelparkplatz unter dem heißen grauen Himmel auf seine Kollegin zu warten.
    Upshaw schüttelte den Kopf. Zum erstenmal war ihr Lächeln ehrlich, ein amüsiertes Grinsen. »Nein, Ma’am. Nein, ich fürchte, so etwas gibt es nicht. Die Art von Unternehmen sind wir leider nicht.«
     
     
    > Jeremiah war oben im Schlafbereich damit beschäftigt, den Verband an Del Rays Kopfwunde zu wechseln, deshalb vertrat Joseph ihn als offizieller Beobachter der Überwachungsmonitore. Die Männer über ihnen waren alle im Bild einer Kamera; sie befanden sich immer noch an derselben Stelle neben der Fahrstuhltür. Im Augenblick ruhten sie sich aus und rauchten, aber staubige Betonbrocken lagen rings verstreut, und der Mann, der sich im Loch auf seine Spitzhacke stützte, stand einen guten halben Meter tiefer als seine Kameraden.
    Vermutlich, dachte sich Joseph, sollten er und seine Gefährten wenigstens dafür dankbar sein, daß sie hier mitten im entlegenen Gebirge waren, sonst hätten sich die Männer dort oben wahrscheinlich schon längst Preßlufthämmer und einen Kompressor besorgt.
    »Feige Schweine«, murmelte er vor sich hin. Was an ihrem Tun eigentlich so feige war, konnte er nicht genau festmachen, aber zu warten fiel schwer, zumal wenn man aller Wahrscheinlichkeit nach darauf wartete, umgebracht zu werden.
    Er blickte nach unten, wo die stummen V-Tanks standen. Seltsame Vorstellung, daß Renie so nahe war. Und ihr Freund auch, beide im Dunkeln eingeschlossen wie so Ölsardinen in Dosen. Sie fehlte ihm.
    Der Gedanke war so überraschend, daß er einen Moment dabei verweilen und noch einmal nachfühlen mußte. Ja, es stimmte, sie fehlte ihm. Er hatte nicht nur Angst um sie, wollte sie nicht nur vor den gefährlichen Männern beschützen, wie es seine väterliche Pflicht war – nein, er wollte, sie wäre da, und er könnte mit ihr reden.
    Das war etwas, worüber er noch nie viel nachgedacht hatte, und er hatte Mühe, sich darauf

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