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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Zivilisation auf dem Kamm einer ungeheuren Welle kippelten, daß jeden Augenblick das Ganze mit furchtbarer Gewalt herunterdonnern konnte.
    Sie stellte den Bildschirm ab. Zeit zum Aufbruch. Die Wachleute, Firmenpolizisten oder was sie sonst waren, hatten ihr einen tüchtigen Schreck eingejagt, aber offensichtlich gingen sie bloß allen ungewöhnlichen Meldungen nach. Einigen Leuten war aufgefallen, daß sie Fragen stellte.
    Schließlich könnte ich ja eine Terroristin sein, dachte sie. Das belustigte sie, doch dann erschien ihr diese Lustigkeit noch als zusätzliche Ironie. Aber ich bin eine Terroristin!
    Der Drang, in der Einsamkeit ihres still gewordenen Zimmers laut loszulachen, kam ihr bedenklich vor. Der Gedanke an das, was vor ihr lag, machte ihr angst, das war die ganze Wahrheit. Olga war keine, die andere gern anlog, am allerwenigsten sich selbst.
    Sicher, die Wachleute hatte sie angelogen, wenn auch nur durch Verschweigen. Und in gewisser Weise hatte sie sich auch Herrn Ramsey gegenüber unwahrhaftig verhalten, indem sie ihm eine schriftliche Mitteilung geschickt hatte, um sich seine Reaktion nicht anhören, sich nicht verteidigen zu müssen. Und genau wie sie befürchtet hatte, waren prompt seine Antworten eingetroffen, ein ganzer Chor von Protesten, die zu lesen sie nicht ertragen konnte.
    Es war Zeit. Sie hatte vor, an dem abgelegenen Platz, den sie tief im Bayou gefunden hatte, ein paar Stunden in ihrem Mietwagen zu schlafen und dann, wenn der Wecker sie um Mitternacht aus dem Schlaf riß, in ihrem neugekauften Schlauchboot durch den Sumpf zu paddeln, um irgendwo bei dem Park anzulegen, der sich an einer Seite der künstlichen Insel entlangzog. Sie konnte nicht damit rechnen, daß es dort keine Wächter gab, aber bestimmt waren es an den Rändern des schwer zu durchdringenden Sumpfes weniger – hoffte sie.
    Es war kein großartiger Plan, das war ihr klar, aber der beste, auf den sie hatte kommen können.
    Das Pad blieb natürlich im Zimmer versteckt; sie hatte zwei Wochen im voraus bezahlt, so daß es dort wahrscheinlich länger unbemerkt bleiben würde als im Auto, das nach ein paar Tagen schon gefunden sein konnte. So konnte sie dem Gerät Berichte schicken und diese weiterleiten lassen, bis … bis irgend etwas geschah. Wenigstens wußte Herr Ramsey dann, was mit ihr passiert war. Vielleicht nützte ihm das etwas bei den anderen Sachen, die er unternahm, um den armen Kindern zu helfen.
    Sie wußte, daß sie noch einmal alles kontrollieren sollte, aber der Gedanke an Catur Ramsey ließ sie nicht los. Sie klappte das Pad auf und blickte seine letzten drei Mitteilungen an, die mit ihrem Blinken und ihrer Kennzeichnung als »Dringend!« geradezu nach Beachtung schrien. Sie wußte, daß sie sich nur schlechter fühlen würde, wenn sie sie las, daß alle seine Argumente vernünftig waren, aber nichts ändern konnten. Beim Streiten zog sie immer den kürzeren. Aleksander hatte sie früher damit aufgezogen, indem er ihr die Zustimmung zu völlig absurden Sachen abgepreßt und sie dann ausgelacht und keinen Vorteil daraus gezogen hatte. »Du bist wie Wasser, Olja«, pflegte er dann zu sagen. »Immer gibst du nach.«
    Was aber, wenn Ramsey ihr noch etwas anderes sagen wollte? Was, wenn er eine andere Art Vollmacht von ihr brauchte, um ihr Haus zu verkaufen? Was, wenn die Leute, die Mischa zu sich genommen hatten, den Namen des Tierarztes vergessen hatten und ihm nicht seine Medizin beschaffen konnten?
    Sie wußte, daß das Ausflüchte waren, daß sie schlicht Angst vor der ihr bevorstehenden Fahrt hatte, aber jetzt konnte sie die Sorgen nicht mehr vertreiben. War das die Bedeutung des Traumes gewesen, in dem ihr lieber Aleksander so ungeduldig vor der Tür stand, wegfahren wollte, aber nicht konnte?
    Sie machte einen letzten Gang durchs Zimmer, dann griff sie zum Pad. Sie hatte beschlossen, es ganz unten im Wandschrank zu verstecken, unter dem Bettzeug zum Wechseln. Es würde niemand im Zimmer sein, daher gab es keinen Grund, das Bett neu zu beziehen. Die unterbezahlten Reinigungskräfte des Motels würden sich schwerlich überflüssige Mehrarbeit machen.
    Olga schob das Pad ganz nach hinten, dann trat sie an den Schreibtisch und schrieb eine Mitteilung auf den liebenswert altmodischen Notizblock – das einzige an dieser Absteige, das sie von dem guten Dutzend anderer unterschied, in denen sie auf ihrer Fahrt übernachtet hatte. Unter der Kopfzeile »Bayou Suites« notierte sie: »Ich werde dieses Pad abholen

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