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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Kopfes, ein Zerrbild eines menschlichen Gesichtes, das aussah, als ob zu anderen Zwecken gemachte Teile zu einer Maske zusammengepreßt worden wären – ein Brauengrat über einer dunklen, augenlosen Fläche beiderseits einer nur angedeuteten Nase, ein klaffendes fransiges Maul mit winzigen verkümmerten Mandibeln an den Seiten.
    Als das Ding auf ihn zutorkelte und seine grotesken Arme nach ihm ausstreckte wie ein verkrüppelter Bettler, wich Paul stolpernd zurück. Das klägliche, mißgebildete Gesicht und der stockende Gang machten auf ihn einen flehenden Eindruck, und als es dann mit einer deutlich nicht für menschliche Rede gedachten Stimme »Frääääässsen!« stöhnte, setzte er dazu an, die Hände mit derselben abwimmelnden Geste zu heben, mit der er sich daheim in London schlechten Gewissens die Obdachlosen in der Upper Street vom Leib gehalten hatte. Als sich aber daraufhin etliche Artgenossen raschelnd aus dem Mulch an die Oberfläche wühlten, sich dem ersten Wesen begierig anschlossen und alle ebenfalls »Fressen! Frääääässsen!« schrien, begriff Paul Jonas, daß der erste Mutant gar nicht gebettelt, sondern die Familie zu Tisch gerufen hatte.

Eins
Unterwegs im Herzen
    Eines Nachts fuhren Zwinkel, Blinkel und Nuß
    In einem Holzschuh einher.
    Fuhren auf einem kristallhellen Fluß
    In ein Tautropfenmeer.
     
    Eugene Field

Kapitel
Seltsame Bundesgenossen
    NETFEED/NACHRICHTEN:
    Geiseldrama in der Kinderliga beendet – wütender Vater erschossen
    (Bild: Leiche von Wilkes neben Wohnmobil)
    Off-Stimme: Wie viele Eltern von Jungen, die in der Baseball-Kinderliga spielen, war Gerald Ray Wilkes der Meinung, daß die Mannschaft seines Sohnes durch eine falsche Schiedsrichterentscheidung um den Sieg gebracht worden war. Anders als die meisten jedoch ergriff Wilkes drastische Gegenmaßnahmen. Nachdem er den unbezahlten Schiedsrichter bewußtlos geschlagen hatte, zwang er die elf- und zwölfjährigen Jungen des gegnerischen Teams mit vorgehaltener Waffe in sein Wohnmobil und lieferte danach der Polizei eine wilde Verfolgungsjagd durch zwei Bundesstaaten. Er wurde schließlich von einer Straßensperre bei Tompkinsvi1le in Kentucky zum Halten gezwungen und erschossen, als er sich weigerte, sich zu ergeben …
     
     
    > Renie wich Sams erstem Schlag aus und duckte auch noch den zweiten ohne größere Schwierigkeit ab, aber der dritte knallte ihr hart an den Kopf. Sie fluchte und beugte den Oberkörper zurück. Sam weinte und drosch blindlings um sich, aber Renie wollte es nicht darauf ankommen lassen – falls der Simkörper den wirklichen Menschen einigermaßen getreu wiedergab, war Sam Fredericks ein kräftiges, sportliches Mädchen. Renie faßte sie um die Taille und warf sie auf den merkwürdig seifigen Boden, wo sie versuchte, die Arme des Mädchens mit einem Klammergriff festzuhalten. Das mißlang, und sie erhielt abermals einen Schwinger an den Kopf. Renie mußte sich beherrschen, um nicht ihrerseits auszurasten.
    »Verdammt, Sam, hör auf! Es reicht!«
    Sie bekam schließlich einen der Arme des Mädchens zu packen und nahm ihn als Hebel, um Sams Kopf auf den Boden zu drücken, dann schwang sie sich auf sie und zog ihr den anderen Arm auf den Rücken. Das Mädchen bäumte sich auf und versuchte sie abzuwerfen, doch bald schon erschlafften ihre Glieder, und mehr noch als vorher klang ihr Weinen, als käme es aus den tiefsten Tiefen des Jammers.
    Renie blieb fast eine Minute mit vollem Gewicht auf Sam sitzen, bis sie fühlte, wie das konvulsivische Schluchzen des Mädchens nachließ. In der Hoffnung, daß das Schlimmste vorbei war, riskierte sie es, einen der Arme loszulassen, damit sie die Stelle reiben konnte, wo Sam sie getroffen hatte. Ihr Unterkiefer knackte, als sie ihn bewegte. »Menschenskind, Sam, ich glaube, du hast mir was gebrochen.«
    Sam drehte den Kopf nach hinten und sah Renie betroffen an. »Ach du Schreck, entschuldige!« Sie brach erneut in Tränen aus.
    Renie erhob sich. Die armseligen Fetzen, die sie am Leib trug, waren ihr in dem Kampf fast heruntergerissen worden, und an vielen Stellen war sie mit falscher Erde beschmutzt. Sam sah genauso aus. Manche Leute würden viel Geld bezahlen, um sowas zu sehen zu kriegen, dachte Renie mißmutig. In diesem Mister J’s haben sie einen Haufen harte Programmierarbeit in diesen Effekt gesteckt – halbnackte Frauen, die sich im Dreck balgen. »Steh auf, Mädchen«, sagte sie. »Wir wollten eigentlich Steine suchen, weißt du noch?«
    Sam

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